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Stadt Zürich setzt bei Sozialhilfe auf Freiwilligkeit statt Zwang

Stadt Zürich setzt bei Sozialhilfe auf Freiwilligkeit statt Zwang

20.09.2021, 11:38
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THEMENBILD ZU KENNZAHLEN SOZIALHILFE IN SCHWEIZER STAEDTEN --- Blick ueber die Daecher der Stadt Zuerich, aufgenommen vom Hochhaus Werd am Dienstag, 23. September 2014. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Sozialhilfe in Zürich bekommt auch, wer nicht wieder arbeiten will.Bild: KEYSTONE

Seit drei Jahren hat das Stadtzürcher Sozialdepartement eine neue Strategie im Umgang mit Sozialhilfebeziehenden: Es übt keinen Druck mehr aus, sondern setzt auf Freiwilligkeit. Dabei akzeptieren die Behörden, dass es manche nicht zurück in den Arbeitsmarkt schaffen.

Zwang und Sanktionen gibt es in der Stadt Zürich seit drei Jahren nur noch für jene Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger, die trotz guter Arbeitsmarktchancen zu wenig Engagement an den Tag legen. In den vergangenen drei Jahren gehörten aber nur rund 50 Personen dieser Gruppe an, wie die Stadt am Montag mitteilte.

«Realität des Arbeitsmarktes akzeptieren»

Ansonsten setzt die Stadt auf Freiwilligkeit. Berufliche und soziale Integration funktioniere auch ohne Zwang, wird Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) zitiert. Dabei akzeptiert die Stadt, dass es nicht alle Sozialfälle zurück in den Arbeitsmarkt schaffen. Die Stadt «akzeptiert die Realität des Arbeitsmarktes».

Jene, die wegen fehlender Qualifikationen oder gesundheitlicher Probleme kaum Aussicht auf eine existenzsichernde Beschäftigung haben, können die Integrationsprogramme freiwillig besuchen - dies aber ohne Druck, ein unrealistisches Ziel erreichen zu müssen.

Anforderungen «schlicht zu hoch»

Denn der überwiegende Teil der arbeitsfähigen Sozialhilfebezüger finde nicht wegen fehlender Motivation keine Stelle, sondern weil die Anforderungen des Arbeitsmarkts schlicht zu hoch seien, schreibt die Stadt weiter.

Auch wenn die Integrationsprogramme für jene mit schlechten Chancen seit drei Jahren freiwillig sind: Zu einem Einbruch der Teilnehmerzahlen sei es nicht gekommen, schreibt die Stadt weiter. Die Stadt zieht unter dem Strich somit ein positives Fazit zur neuen Strategie - und bleibt somit bei Freiwilligkeit statt Zwang. (aeg/sda)

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Madison Pierce
20.09.2021 14:05registriert September 2015
Leute ohne jede Chance auf eine Stelle zu drangsalieren bringt wirklich nichts. Aber man sollte nach Möglichkeit Beschäftigungen ausserhalb des Arbeitsmarktes schaffen. Bei uns in der Gemeinde lebt jemand, der aufgrund langjähriger Alkoholsucht keine anspruchsvollen Tätigkeiten mehr ausüben kann. Aber er kann für die Grünflächen sorgen, die Blumentröge giessen etc. So hat er das Gefühl, gebraucht zu werden und die Gesellschaft bekommt etwas fürs Geld.

Gesagt zu bekommen, dass man für den Rest seines Lebens für nichts zunutze sein wird, ist hart.
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RandomNicknameGenerator
20.09.2021 12:20registriert Oktober 2018
Ich drufte im Zivildienst bei so einem Arbeitsintegrationsprojekt mithelfen und kann bestätigen: Bei manchen braucht es einfach einen Ruck, dass sie wieder zurückfinden. Bei anderen gibt es eine realistische Möglichkeit, sie in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Da schmerzt der Zwang diesen Menschen extrem und schädigt sie massiv - was oft dann hohe Gesundheitskosten zur Folge hat. Also: Danke, Stadt Zürich!
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Bambusbjörn ❤ lilie
20.09.2021 11:55registriert Juni 2018
Das Problem ist, dass sogenannte "Besserstellungen" nicht ermöglicht werden, was an der Realität des Arbeitsmarkts komplett vorbei geht.

Manchmal bräuchte es einfach eine zusätzliche Ausbildung, damit die Menschen wieder zurück in den Arbeitsmarkt finden könnten.

Ich würde nichts lieber, als endlich wieder arbeiten gehen können.
Aber aufgrund meiner gesundheitlichen Situation bin ich nur noch zu 50% arbeitsfähig. 😔
Eine Umschulung oder eine zusätzliche Ausbildung würde mein Problem lösen, da ich der Industrie keine Stellen für Mechaniker vorhanden sind, die nicht mehr 100% arbeiten.
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