Der Bundesrat hat mit seinen Vorschlägen für ein neues Tabakgesetz niemanden glücklich gemacht.
Bild: Sue Ogrocki/AP/KEYSTONE
12.11.2015, 05:5712.11.2015, 06:05
Der Verkauf von Zigaretten an Minderjährige soll schweizweit verboten werden, Tabakwerbung auf Plakaten, in Print- und Onlinemedien sowie im Kino ebenso. Das sieht der Entwurf des Bundesrates zum neuen Tabakproduktegesetz vor.
Die Krux dieses Gesetzes ist bekannt: Die Senkung des Konsums, besonders bei unter 18-Jährigen, ist ein gesundheitspolitisches Ziel. Wird aber weniger Tabak verkauft, fliesst weniger Geld in die AHV. Gemäss «Aargauer Zeitung» gehen 60,2 Prozent jeder verkauften Zigarette an den Bund.
Die Tabaklobby im Bundeshaus
– Jacques Buergeois, FDP-Nationalrat, direktes Gästemandat für Swiss Tabac.
– Hannes Germann, SVP-Nationalrat, direktes Gästemandat für British American Tobacco International Limited.
– Ruedi Noser, FDP-Nationalrat, direktes Gästemandat für Cut'n'smoke Cicar-Club Bern.
– Toni Brunner, SVP-Nationalrat, direktes Gästemandat für die Dachorganisation Swiss Tobacco.
quelle: lobbywatch.ch
Und so hagelte es Kritik von links bis rechts. Die Argumente im Überblick:
Kritik von rechts
- Nein zur Verbotskultur! sagen Bürgerliche und der Schweizerische Gewerbeverband. Das Bundesamt für Gesundheit wolle Bürger bevormunden und die Bürokratie noch mehr ausbauen.
- CVP, BDP, FDP und SVP sprachen sich in den Vernehmlassungen allesamt gegen eine Verschärfung des Tabakverbots aus, weil sie diesen als allzu starken Eingriff in die Werbe- und Wirtschaftsfreiheit betrachten.
- Als unsinnigen Überaktivismus bezeichnet Gregor A. Rutz, Präsident der IG Freiheit, Vorsteher des Branchenverbandes Swiss Tobacco und SVP-Nationalrat die Verschärfungen.
- Auch die Werbebranche wehrt sich dagegen, obwohl das Verbot den Markt nicht gross beeinflussen dürfte. Gemäss «Aargauer Zeitung» schalteten die Tabakkonzerne im Jahr 2014 15,5 Millionen Franken Inserate und Kinospots. Gemessen an den gesamten Werbeausgaben mache die Tabakwerbung nur gerade 0,3 Prozent aus.
Der Widerspruch: Bürgerliche fahren bei weitem nicht eine konsequent liberale Suchtpolitik. Wenn es um Cannabis und illegale Drogen geht, lehnt es das rechte Lager nach wie vor ab, dem Bürger Eigenverantwortung zuzumuten und neue Regulierungen in Erwägung zu ziehen.
Was tun gegen das Rauchen?
Bild: KEYSTONE
Kritik von links
- Der Bundesrat verpasse eine einmalige Chance, sagt die Allianz für ein starkes Tabakproduktegesetz, der unter anderem Sucht Schweiz, die Krebsliga und die Lungenliga angehören.
- Die Gründe: Gerade an Openairs wäre Sponsoring weiterhin erlaubt, selbst wenn internationale Acts auftreten – ein ideales Feld, um neue Konsumenten zu rekrutieren.
- Auch aus Bersets eigener Partei hagelt es Kritik: Der Gesundheitsminister sei vor der Tabaklobby in die Knie gegangen. Diese bremse Präventionsmassnahmen. «Die öffentliche Gesundheit und insbesondere die Prävention für Jugendliche und Kinder sollten Vorrang vor der reinen Profitmaximierung der Tabakindustrie haben», sagt SP-Nationalrätin Bea Heim gegenüber «20 Minuten».
- So sagt beispielsweise SP-Nationalrätin Bea Heim: «Die öffentliche Gesundheit und insbesondere die Prävention für Jugendliche und Kinder sollten Vorrang vor der reinen Profitmaximierung der Tabakindustrie haben.»
Der Widerspruch: Linke liebäugeln mit einer Cannabis-Legalisierung, wettern aber nun gegen das Tabakproduktegesetz.
Die Regierung habe schlicht keine Rücksicht genommen – resümiert die Aargauer Zeitung – «weder auf die Kritik der Tabaklobbyisten noch auf jene der Präventionsturbos.» Nun wird sich zeigen, ob Berset im Parlament eine Mehrheit findet.
53 Prozent befürworten ein allgemeines Tabakwerbeverbot, wie Befragungen im Rahmen des Suchtmonitorings des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ergaben. Ein Verbot mit einer Ausnahme für die Verkaufsstellen heissen gar 64 Prozent gut. Auch die Mehrheit der Raucherinnen und Raucher unterstützt diese Massnahme.
(dwi)
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