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Wirtschaft

Häufung von Restaurant-Schliessungen in der Schweiz – die Gründe

Der Eingang des Bahnhof Buffet Olten, fotografiert am Montag, 2. September 2024 in Olten. Die Firma Autogrill Schweiz AG mit Sitz in Olten schliesst das Buffet per 20. Dezember 2024. (KEYSTONE/Christi ...
Das Bahnhof Buffet Olten, betrieben von der Firma Autogrill, wurde im Dezember 2024 geschlossen.Bild: KEYSTONE

Häufung von Restaurant-Schliessungen in der Schweiz – das steckt dahinter

Die Gastronomie verzeichnet mehr Konkurse, weniger Umsatz und immer noch einen grossen Fachkräftemangel. Es kommt deshalb zu vielen Schliessungen in der Schweiz.
22.10.2025, 05:4722.10.2025, 08:15
Niklaus Vontobel / ch media

Es macht den Anschein, als würde die gesamte Schweizer Gastronomie gerade in eine Krise abgleiten. Diesen Eindruck erwecken einige aufsehenerregende Schliessungen in der letzten Zeit – und einige triste Statistiken. TV-Koch Torsten Götz schreibt in der Fachpresse Gourmetmedia, es sei «schon fast ein Tsunami».

Was passiert da gerade in der Schweizer Gastronomie?

Zu den tristen Statistiken zählen Umfragen, welche das KOF Institut und der Verband Gastrosuisse zusammen durchführen. Demnach haben 40 Prozent der befragten Betriebe von April bis Juni 2025 weniger verkauft als im Vorjahr. Der Umsatz ging im Durchschnitt um 2,6 Prozent zurück. Und das nun schon seit vier Quartalen. Es wirkt, als würde die Gastronomie in einer Rezession stecken.

Es wird noch trister. Nur 20 Prozent finden, ihre Geschäftslage sei «gut». Etwas mehr – 23 Prozent – bewerten sie hingegen als «schlecht». Die grosse Mehrheit von 57 Prozent erachtet die eigene Lage nur als «befriedigend».

Und noch trister. Von Januar bis September 2025 sind 872 Gastrobetriebe in den Konkurs gegangen, wie der Wirtschaftsauskunftsdienst Crif bekannt gegeben hat. Das sind 26 Prozent mehr als im Vorjahr und klingt tatsächlich «fast nach einem Tsunami».

Passend zu den Statistiken mussten in letzter Zeit einige Traditionslokale aufgeben. In der Stadt Zürich macht das «Z am Park» nach 16 Jahren die Türen zu, in Winterthur das Nobelrestaurant Strauss. Bei Hägglingen AG schliesst das als Ausflugsziel beliebte Restaurant Maiengrün nach zehn Jahren. In Unterägeri ZG nach 44 Jahren mit dem «Schiff» eines der bekanntesten Restaurants der Gemeinde. In Baden AG das «Paradies» und damit sogar das mit 15 Gault-Millau-Punkten am besten bewertete Restaurant der Stadt.

«Nicht alles unterjubeln lassen»

Sucht man in den Medienberichten nach einem gemeinsamen Grund für die Schliessungen, wird man nicht fündig. Man stösst auf eine Vielfalt von Erklärungen.

Mal ist es der Mangel an Fachkräften, wie im Falle des «Paradieses». Der Geschäftsführer sagte:

«Wir finden vor allem im Service nicht genügend Leute, die auf diesem hohen Niveau arbeiten können.»

In Zürich waren es für die Gastgeberin des «Z am Park» die ständigen Grossbaustellen (in 13 von 16 Sommern), neue Konkurrenz in der Umgebung, steigende Kosten, weniger Konsum von Alkohol und weniger Zeit für ein Mittagessen.

In Hägglingen AG wollte der Wirt über das Pensionsalter hinaus arbeiten, stritt jedoch mit der Gemeinde um einen Parkplatz und gab verärgert bekannt: «Geschlossen! Weil wir uns nicht alles unterjubeln lassen.» In Unterägeri ZG läuft es dem «Schiff» gut – es ist aber in einem Haus untergebracht, das drei Mehrfamilienhäusern weichen muss. In Winterthur hat das «Strauss» nicht mehr genug Kundschaft, was die Wirtin so erklärt:

«Die Leute sind einfach nicht mehr bereit, für eine hochstehende Küche, einen zuvorkommenden Service und ein schönes Ambiente entsprechende Preise zu bezahlen.»

Was passiert in der Gastronomie? Eine mögliche Antwort lautet: nichts Neues, es ist nun einmal eine Branche, für welche die Krise mehr oder weniger Normalität ist. Ihre Umsätze entwickelten sich in den letzten 25 Jahren mehrheitlich negativ, wie die Umfrage von KOF und Gastrosuisse zeigt. Starke Zunahmen gibt es fast nur nach Abstürzen wie bei Corona und bei der Finanzkrise von 2007.

Die Margen sind ohnehin niedrig, wie der Branchenverband Gastrosuisse sagt. Die Kunden würden empfindlich auf Preiserhöhungen reagieren und man müsse sich behaupten gegen Lieferdienste, Take-Away, Foodtrucks oder den nahegelegenen Supermarkt. Und dazu kommt, wie der Badener Gastro-Unternehmer Carlos Ferreira sagt:

«Es gibt zu viele Lokale, nicht auf dem Land, aber in den Städten.»

Die Zunahme von Konkursen ist ebenfalls nicht Ausdruck einer neuen Krise. Vielmehr hat es auf Anfang Jahr eine Gesetzesänderung gegeben, welche nun mit Verzögerung auf die Konkurszahlen durchschlägt. Neu können Steuerschulden ebenso wie Mietschulden zum Konkurs führen. Das hat zur Folge: In der Gastronomie wird es vorübergehend mehr Konkurse geben, egal, ob es der Branche gerade schlechter oder besser geht als früher.

Als würden gleich mehrere Vermieter mitverdienen wollen

Der Fachkräftemangel hat in den letzten anderthalb Jahren sogar etwas nachgelassen. Der entsprechende Index des Beratungsbüros BSS hat im Jahr 2022 einen Höhepunkt erreicht. Damals rätselte die ganze Schweiz, wo all die Köche und Kellnerinnen geblieben waren. Seither hat der Index jedoch wieder stark nachgelassen. Das Schlimmste ist demnach überstanden.

Nichts Neues also in der Gastronomie? Dem würden viele Branchenvertreter oder Experten wohl widersprechen.

So ist der Mangel an Fachkräften zwar weniger gross als 2022, aber womöglich bleibt er grösser als vor Corona. Der entsprechende Index des Büros BSS ist nämlich nicht auf das alte Niveau zurückgekehrt. Er bleibt höher als durchschnittlich in den Jahren vor der Pandemie. Warum das so ist, wird vom KOF Institut untersucht. Wie KOF-Experte Michael Siegenthaler sagt, könnte die demografische Alterung eine der möglichen Ursachen sein: Es treten neu jedes Jahr mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt aus, als dass neue hinzukommen.

Und im Innern der Branche fühlt es sich wohl anders an, als es Statistiken vermuten lassen. So sagt etwa TV-Koch Götz bei Gourmetmedia: Die Mieten würden heutzutage klingen, als wollten gleich mehrere Vermieter mitverdienen – «ohne je einen Teller zu spülen». Zulieferer würden plötzlich die Preise verdoppeln. Und dann seien da die Gäste. «Die fragen, warum das bisher beliebte Rindsfilet heute weit über 50 Franken kostet und dabei Daunenjacken tragen, die mehr gekostet haben als ein ganzer Monatslohn eines Lernenden.» (aargauerzeitung.ch)

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bcZcity
22.10.2025 06:10registriert November 2016
Ich weis nicht ob ein Betrieb der 10 Jahre existierte, als Traditionslokal betitelt werden kann?! Oder ist die (überlebens-)Dauer in der Gastro Branche so kurz, dass man schon nach kurzer Zeit soweit ist?

Mit Traditionslokal verbinde ich Betriebe die mehr als eine Generation bewirten durften, Orte mit Geschichte.
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SamsonP
22.10.2025 06:24registriert April 2024
Kann es eventuell daran liegen, dass die Kunden einfach keinen Bock mehr haben 40 Stutz für einen Convenience Hackbraten und lätschige TK-Fritten zu zahlen und das ohne Getränke und Vorspeise? Ich schätze die Menschen welche in der Gastro arbeiten sehr, ist ein Knochenjob, aber was einem von vielen Gastronomen in der Schweiz zugemutet und vorgesetzt wird, dass passt einfach nicht mehr in ein vernünftiges Preis-Leistungsverhältnis. Ich gebe für gutes Essen und ein Gastroerlebnis gerne auch gutes Geld aus, aber TK und Convenience? Nein, da koch ich selber zuhause einfach besser.
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benn
22.10.2025 06:48registriert September 2019
korrekt wäre wir finden nicht genügend fachkräfte die auf diesem niveau für wenig geld und schlechten bedingungen arbeiten und zusätzlich gratis überstundenn leisten wollen. ich bin total überrascht!
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