Die Bilanz der Schweizer Pensionskassen fällt bislang im Jahr 2022 ernüchternd aus. Nach einem rekordverdächtig guten Anlagejahr 2021 erzielten die Vorsorgeeinrichtungen laut dem Pensionskassenberater Complementa im laufenden Jahr bisher eine klare Minusrendite.
«Das Jahr 2022 steht im starken Kontrast zum sehr erfolgreichen Vorjahr», erklärte Ueli Sutter von Complementa am Dienstag an einer Videokonferenz. Konkret verbuchten die Kapitalanlagen der Pensionskassen bis Ende August bisher eine Rendite von minus 7.7 Prozent. 2021 stand noch ein Plus von durchschnittlich 8.3 Prozent zu Buche.
Neben der miserablen Anlageperformance sei auch der durchschnittliche Deckungsgrad auf 105.1 Prozent von zuvor 115.3 Prozent per Ende 2021 gesunken. Im laufenden Jahr habe zudem der Anteil von Pensionskassen, die eine Unterdeckung aufweisen, nach dem Tiefstand von 2021 wieder auf rund 8.5 Prozent zugenommen.
Gemäss den Schätzungen von Complementa müssen die Pensionskassen aktuell eine Rendite von mindestens 1.9 Prozent erwirtschaften, um den Deckungsgrad konstant zu halten. Dieser Wert zeigt an, zu wie viel Prozent die Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung an einem bestimmten Stichtag mit Vermögenswerten gedeckt sind.
Die arbeitende Bevölkerung habe aber zumindest 2021 von guten Anlageergebnissen profitiert, führte Sutter weiter aus: «Denn im letzten Jahr durften sich die Arbeitnehmenden über eine üppige Verzinsung von 3.8 Prozent des Vorsorgekapitals freuen.» Zum Vergleich: Die durchschnittliche Verzinsung der aktiv Versicherten über die letzten 20 Jahre betrug 2.4 Prozent.
Neue Tiefststände weist die Pensionskassenstudie «Risiko Check-up 2022» von Complementa hingegen beim Umwandlungssatz aus. Der durchschnittlich angewendete Satz habe mit 5.39 Prozent nochmals um 0.1 Prozentpunkte tiefer gelegen als im Vorjahr. «Und für die kommenden Jahre können weitere Senkungen des Umwandlungssatzes erwartet werden», prognostizierte Sutter.
Auch deshalb seien die Pensionskassen weiterhin dabei, die festverzinslichen Anlagen wie Obligationen abzubauen. Ende 2021 hätten weniger als ein Drittel der Gelder noch in festverzinslichen Anlagen gesteckt: «Ein neuer Tiefststand», so Sutter.
Dafür verteilten die Schweizer Pensionskassen die freiwerdenden Mittel hauptsächlich auf Immobilien und Alternative Anlagen, darunter auch Infrastrukturanlagen. So stellte 2021 die Anlageklasse Infrastruktur, gemessen an der Anzahl investierter Pensionskassen, laut Complementa erstmals die beliebteste Subkategorie bei Alternativen Anlagen dar.
In das Geschäft mit Infrastrukturanlagen investierten die meisten Pensionskassen laut der Studie entweder auf der Suche nach zusätzlichen Renditequellen oder aufgrund von Diversifikationseffekten. Auf der Gegenseite gaben Pensionskassen ohne Infrastrukturanlagen vor allem an, wegen der Illiquidität der Anlageklasse auf ein Investment zu verzichten. (sda/awp)