Wie Kaninchen für Schweizer Pharmaprodukte leiden
Es ist eine verschlossene Welt: Labor-Kaninchen, die eingesperrt in engen Gitterkäfigen auf hartem Plastik- oder Metallboden leben. Häufig leiden die Tiere aufgrund der Einschränkung ihrer natürlichen Bedürfnisse an Verhaltungsstörungen, beissen ihren Artgenossen teilweise die Ohren ab.
Die deutsche Tierschutzorganisation Soko hat dem «Kassensturz» versteckte Aufnahmen zugestellt, die zeigen, wie die Tiere für Pharmaprodukte auf dem Schweizer Markt rücksichtslos behandelt werden. Der Umgang mit den Tieren auf dem deutschen Hof ist grob: Kaninchen werden an den Ohren gepackt und unsanft in die Käfige geworfen.
Rund eine Million Kaninchen werden in der EU für Forschung, Diagnostik und Medizin eingesetzt. Davon werden jährlich etwa 36'000 Kaninchen für die Produktion von Antikörpern verwendet, etwa für die Krebsforschung oder Schwangerschafts- und Coronatests.
Den Kaninchen wird auf der Versuchstieranlage ein Antigen verabreicht, um später Antikörper aus ihrem Blut zu gewinnen. Nach einer Immunisierungsphase werden die Tiere im Labor betäubt, ausgeblutet und zur Entsorgung weggeworfen.
Tierversuchsfreie Alternative ist teuer
Viele Antikörper könnten auch tierversuchsfrei produziert werden, sagt Stefan Dübel, Professor für Biochemie. Doch noch immer sei es günstiger, ein Kaninchen zu immunisieren, als Antikörper rekombinant, also in einem Reagenzglas, herzustellen.
Die Antikörper aus dem Betrieb haben zwei Hauptabnehmer aus der Gesundheitsbranche, die in der Schweiz tätig sind: die deutsche Firma Siemens Healthineers, mit Standorten in der Schweiz sowie das Pharmaunternehmen Neovii, mit Hauptsitz in der Schweiz.
Siemens will sich zu den Antikörperherstellern nicht äussern und schreibt gegenüber dem «Kassensturz»:
Dem Unternehmen sei es zudem gelungen, seinen Einsatz mit Kaninchen zu reduzieren.
Neovii hingegen wehrt sich gegen die Vorwürfe:
Auf den Videoaufnahmen ist auch zu sehen, wie ein krankes Kaninchen offenbar kurz vor einer angemeldeten Kontrolle beseitigt wurde, um eine Beanstandung zu vermeiden. Das zuständige Veterinäramt gesteht, dass der Umgang gegen das Tierschutzgesetz verstösst. In den letzten Jahren sei es zu keinen Beanstandungen gekommen.
Über die Versuchskaninchenanlage gibt es keine öffentlichen Informationen. Gemäss Recherchen handelt es sich um einen Biobetrieb, der auch Mutterkuhhaltung betreibt. Die Betriebsleiter weisen die Vorwürfe zurück.
Die ganze Sendung kannst du hier nachsehen.