Schweizer Firmen testen E-Autos als Speicher für das Stromnetz
In der Stadt Zug untersucht ein Firmenkonsortium die Eignung von Elektroautos als dezentrale Speicher für das Stromnetz. Bei einem Stromüberschuss sollen die rund 20 Elektroautos Strom beziehen, bei Mangel Energie ins Netz zurückspeisen können (Vehicle-to-Grid), wie die Amag als beteiligtes Unternehmen am Freitag mitteilte.
Seit September testet Amag am Standort in Cham Fahrzeuge von Volkswagen, die über spezielle Ladestationen Strom in beide Richtungen austauschen können. Die Batterien der Autos dienen dabei als mobile Speicher, die Lastspitzen abfedern und das Stromnetz stabilisieren sollen. Simulationen deuteten darauf hin, dass das sogenannte bidirektionale Laden die Integration erneuerbarer Energien wie Solar- und Windstrom erleichtern könne, hiess es in der Mitteilung.
Gesteuert wird das System über das Energiemanagement Helion One, das Solaranlage, Wärmepumpe und Ladeinfrastruktur vernetzt und den Energieverbrauch optimiert. Die Erkenntnisse aus dem Praxistest sollen laut den Initianten zeigen, wie sich Elektroautos künftig als Bestandteil der Energieversorgung einsetzen lassen.
Technologie breiter zugänglich machen
Die Amag-Tochter Helion plant, ab Januar 2026 ein marktfähiges bidirektionales Ladeangebot für Privat- und Firmenkunden einzuführen. Damit würde die Technologie erstmals breiter zugänglich.
Feldversuche mit positivem Ergebnis
Eine Anfang Monat publizierte Untersuchung der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und der Ostschweizer Fachhochschule (OST) hatte gezeigt, dass Carsharing-Elektroautos zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen können. In mehreren Feldversuchen mit Fahrzeugen der Mobility-Genossenschaft gelang es Forschenden, durch gezielte Steuerung der Lade- und Entladezeiten Netzbelastungen in bis zu 60 Prozent der Fälle zu verringern.
Pro Auto standen im Schnitt 9 bis 12 Kilowattstunden nutzbare Flexibilität zur Verfügung – genug, um bei grösseren Fahrzeugflotten relevante Lasten abzufedern oder Solarstrom zwischenzuspeichern.
Bidirektionales Laden schädigt Akku kaum
Das bidirektionale Laden (Vehicle-to-Grid, V2G) kann prinzipiell eine zusätzliche Alterung der Batterie verursachen, da es zusätzliche Ladezyklen bedeutet. Allerdings zeigen neue Studien, dass dieser zusätzliche Verschleiss oft minimal ist und durch intelligentes Lademanagement sogar kompensiert wird. Im Vergleich zu ungünstigen Ladestrategien ohne Vehicle-to-Grid könne intelligentes, bidirektionales Laden gar zu einer insgesamt geringeren Alterung führen.
Bei einem gut gesteuerten Vehicle-to-Grid-System, das auf die Schonung der Batterie ausgelegt ist, sei die Sorge vor einer starken Schädigung unbegründet. Der Mehrwert für das Stromnetz und die finanziellen Anreize für die Nutzer würden den geringen zusätzlichen Batterieverschleiss überwiegen.
Generell zeigen aktuelle Studien mit Praxisdaten, dass E-Auto-Akkus viel länger halten, als noch vor wenigen Jahren angenommen wurde. Nach 100'000 Kilometern haben E-Auto-Batterien im Schnitt eine Kapazität von 90 Prozent. Danach nimmt die Kapazität nur noch sehr langsam ab.
(sda/awp/oli)