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Zürich hat einen neuen Star auf Zeit – er ist 66 Millionen Jahre alt

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Zürich hat einen neuen Star auf Zeit – er ist 11 Meter lang und 66 Millionen Jahre alt

29.03.2023, 18:0431.03.2023, 11:32
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Es ist der einzige Anmachspruch, der wirklich funktioniert (Ehrenwort!):

«Welcher ist eigentlich dein Lieblingsdino?»

Ist die Antwort «T-Rex!», dann steht der Ort für das nächste Date fest – zumindest, wenn das Date vor Mitte April stattfindet. Und zwar geht es dann ins Foyer der Tonhalle in Zürich, denn dort ist vom 29. März bis zum 16. April an ausgewählten Daten TRX-293 Trinity zu bestaunen. Der erste T-Rex, der Schweizer Boden berührt – tot oder lebendig. Wir haben ihn besucht.

Trinity, eine «Lady».
Trinity, eine «Lady».Bild: zvg Koller Auktionshaus

Das ist Trinity

Das Fossil, so wie es heute präsentiert wird, besteht aus 293 einzelnen Knochen, deren Fragmente von insgesamt drei Dinosauriern stammen – was absolut üblich ist bei solchen Schaustücken. Alle drei wandelten vor rund 67 Millionen Jahren auf der Erde – also während der Oberen Kreidezeit. Dabei machen die originalen Knochenanteile 50,17 Prozent des Skelettes aus. Bereits das sei spektakulär, wie Cyril Koller vom Auktionshaus Koller während einer Pressekonferenz sagt.

Die Knochenfragmente des Fossils wurden dann mit einer Masse aus Polyester und Epoxidharzen ergänzt, um das Skelett zu vervollständigen. Als Vorlage für die Rekonstruktionen dienten Silikonabgüsse, die von anderen bekannten T-Rex-Exemplaren genommen wurden, wie der «Knochen-Macher» Arth Walen erklärt.

Das Auktionshaus betont, dass die Pose, in der das Fossil präsentiert wird, «wissenschaftlich exakt» sei.

Trinity
Bild: Screenshot kollerauktionen.ch

Bei Trinity begeistert besonders der Schädel. Der Fossilienpräparator Nils Knötschke sagt:

«Dinosaurierschädel sind sehr rar; sie gehören zu den wertvollsten Bestandteilen fossiler Skelette.»

Denn tatsächlich würden die meisten Dinosaurier ohne Schädel gefunden, doch bei Trinity liegen originale Tyrannosaurus-Schädelknochen vor, die alle vom selben Exemplar stammten. Zudem sei die Präparation der hauchdünnen Schädelknochen im Innern des Schädels besonders gelungen und die Stacheln von Wirbeln, sogar Nerveneingänge seien an den Knochen noch erkennbar, schwärmt Knötschke. Und solche filigranen Knochenteile sind fast nie erhalten.

Der wahrscheinlich berühmteste Dinosaurier-Mann der Schweiz, Hans-Jakob Siber, Direktor des Sauriermuseums Aathal, spricht während der Pressekonferenz ehrfürchtig davon, dass er bereits seit über 40 Jahren mit Dinosauriern arbeite, «aber so was hätte ich mir nie erträumen lassen».

trinity
Messerscharfe Zähne, so gross wie deine Handfläche. Einige davon sind sogar noch original.Bild: zvg. koller auktionshaus

Christian D. Link, der früher Zauberer war und heute mit Objekten der Pop- und Kulturgeschichte wie Trinity handelt und das Objekt im Auftrag des anonymen Besitzers versteigern lässt, spricht von «unserer Lady». Das, weil mindestens eines der drei Skelette — nämlich dasjenige, von dem das Becken sowie Knochenfragmente des Schwanzes kommen — wohl von einem Weibchen stamme, erklärt Knötschke. Und es sei der wissenschaftliche Konsens, dass die Weibchen «einfach robuster» waren als die männlichen T-Rex. Vielleicht, weil sie die Gelege bewachten. Und Trinity sei ein solches «gewaltiges» Exemplar.

Der T-Rex gehört zu den grössten Raubtieren, die jemals auf der Erde wohnten. Und auch Trinity hat beeindruckende Ausmasse. Das Fossil ist 11,6 Meter lang und 3,9 Meter hoch. Zudem war der T-Rex eine der letzten Dinosaurierarten, die zum Zeitpunkt des Aussterbens der Dinosaurier existierten.

Dieser T-Rex wird in Zürich versteigert:

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Von den Staaten nach Zürich

Dinosaurierfossilien sind äusserst selten, denn nur, wenn die Bedingungen im Laufe von Tausenden bis Millionen Jahren stimmen, entstehen Fossilien. Weltweit sind denn auch nur 32 Skelette ausgewachsener T-Rex-Exemplare bekannt. Das ist wenig, wenn man bedenkt, dass T-Rex immerhin während einer Zeitperiode von 2 Millionen Jahren lebten.

Damit ein Fossil wie Trinity entstehen kann, müssen die toten Tiere zuerst von einem Sediment wie Schlamm oder Sand bedeckt werden. Die Umgebung der Knochen – insbesondere die Mineralien im Grundwasser und im Sediment – wirkt sich dann auf die Entstehung des Fossils aus, da ein allmählicher Ersatz der ursprünglichen Mineralien des Knochens stattfindet. Umgangssprachlich wird dann von einer Versteinerung gesprochen.

Die Fossilien der drei Trinity-Dinosaurier wurden zwischen 2008 und 2013 in den USA ausgegraben – und zwar in der Hell-Creek-Formation im Bundesstaat Montana und der Lance-Formation in Wyoming. Dieser Fundort ist unter Dinosaurier-Experten berühmt-berüchtigt, denn auch die beachtlich vollständigen Fossilien Sue (Knochenmasse rund 90 Prozent original) und Stan (Knochenmasse rund 70 Prozent original) stammen von dort. Ab 50 Prozent echter Knochenmasse gelten Skelette als gut erhalten.

Dass Trinity heute so prächtig sei, sei nur aufgrund der Initiative einer «passionierten Privatperson» möglich. Denn diese kaufte zwei der drei Skelette an, die in Trinity vereint sind, und gab danach eine weitere Grabung in Auftrag, um noch ein drittes T-Rex-Exemplar aus der Erde zu holen, erklärt Koller. Er betont, dass von allen drei Skeletten die Provenienzen und die Grabungen bekannt sind – in die Versteigerung inbegriffen sind die GPS-Daten und Fotos der Fundstellen.

Der T-Rex Stan wurde im Jahr 2020 für 31,8 Millionen Dollar versteigert und katapultierte so die Preise für Dinosaurierfossilien in eine neue Sphäre, wie das Auktionshaus Koller schreibt. Und jetzt ist also Trinity an der Reihe – zum ersten Mal findet die Auktion dabei in Europa statt.

Trinity in Rot. Als Grössenvergleich: Die Ärmchen des T-Rex sind etwa so lang wie deine Arme.
Trinity in Rot. Als Grössenvergleich: Die Ärmchen des T-Rex sind etwa so lang wie deine Arme.zvg Auktionshaus Koller

Über Umwege kam der Saurier dann nach Zürich. Sowohl Link, der mit wunderlichen Dingen handelt, als auch der Dinosaurier-Mann Siber wurden auf das Skelett aufmerksam, das in einer Messehalle stand und eines Käufers harrte. Link wurde dann vom Besitzer Trinitys angefragt, ob er den Saurier für ihn verkaufen wolle. Denn der ehemalige Zauberer hatte kurz zuvor zusammen mit dem Auktionshaus Koller in Zürich erfolgreich die Auktion «Out of this World» durchgeführt – und bereits da kam ein Saurierskelett unter den Hammer, allerdings ein viel kleineres Exemplar. Zwar steht Trinity jetzt nicht im Sauriermuseum Aathal, bis sie verkauft wird, sondern eben in der Tonhalle, doch Siber sagt trotzdem: «Ich freue mich sehr, den T-Rex in meiner Heimatstadt begrüssen zu dürfen.»

Trinity wird am 18. April vom Auktionshaus Koller im Rahmen der Auktion «Out of this World II» versteigert. Bis dahin erwarte die Tonhalle bis zu 30'000 Besucher und habe 19 Veranstaltungen zum Dino geplant, wie die Intendantin der Tonhalle, Ilona Schmiel, meint. Es wird geschätzt, dass Trinity für 5 bis 8 Millionen Schweizerfranken den Besitzer wechseln wird.

Dass das Skelett von einem Museum gekauft wird oder von einer reichen Privatperson, die Trinity dann als Leihgabe in ein Museum gibt, wäre wünschenswert. Denn Trinity ist wissenschaftlich noch unberührt. Und es gäbe so viel zu erforschen – allein die Frage, wie alt die drei Saurier-Individuen wurden, oder die Suche nach den Todesursachen wird wohl ein paar Paläontologen mehrere Jahre beschäftigen.

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pana
29.03.2023 19:01registriert Juni 2015
Wir könnten hier in der Kommentarspalte alle ein bisschen Geld zusammenlegen. Das Teil würde sicher cool aussehen in der Watson Lobby.
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Unicron
29.03.2023 19:33registriert November 2016
Ich hoffe mal ein Museum kauft ihn, und nicht irgend ein Oligarch.
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Maya Eldorado
29.03.2023 19:10registriert Januar 2014
Ich brauch gar nicht an der Versteigerung teilzunehmen. Meine Wohnung ist viel zu klein für diesen Dino.
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