Warum sich Risikopersonen nicht gegen die Grippe impfen wollen – es aber tun sollten
Am 6. November ist nationaler Impftag. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt insbesondere Risikopatientinnen und deren Angehörigen, sich gegen die Grippe impfen zu lassen.
Eine davon ist Jéraldine M.*. Sie ist 27 Jahre alt und hat zystische Fibrose (CF), eine Stoffwechsel- und chronische Lungenkrankheit. Trotz Empfehlung des BAGs will sie sich nicht impfen lassen.
Grippeausbruch wegen Impfung
«Ich zweifle daran, dass die Impfung bei mir etwas bringt», sagt M. Ausserdem habe sie Angst vor den Nebenwirkungen, dass wegen der Impfung die Grippe stärker ausbrechen könnte.
Mit dieser Ansicht ist sie nicht allein. Auch die Zahlen zeigen, dass die Impfbereitschaft unter Risikopatienten relativ klein ist. Das belegt der aktuelle Bericht zur Grippesaison 2018/19. Die Umfrage mit über 3500 Teilnehmenden hat ergeben, dass sich gerade mal 25 Prozent der chronisch Kranken impfen liessen. Bei Angehörigen waren es 8 Prozent und unter den Seniorinnen über 64 Jahre war die Bereitschaft mit 31 Prozent noch am höchsten.
Corona während Grippesaison
Dabei ist eine gleichzeitige Infektion mit Corona und der Grippe gerade bei Risikopatienten besonders gefährlich. Der Infektiologe Christoph Berger bestätigt, dass eine Impfung bei Risikopatientinnen weniger wirken kann: «Je stärker die Vorerkrankung oder je älter man ist, desto schwächer ist die Wirkung der Impfung», so Berger. In diesen Fällen sei es deshalb besonders wichtig, dass sich Angehörige und Kontaktpersonen ebenfalls impfen lassen.
Grippe-Impfung nicht die
Grippe bekommen,
das ist nicht möglich.»
Coronavirus: So hat der Bund diesen Risikopatient enttäuscht
Besser kleinen Schutz als keinen
Die Impfantwort ist je nach Alter und Vorerkrankung unterschiedlich. Studien schätzen die Wirksamkeit der Influenza-Impfung je nach Saison und geimpfter Person auf 20 bis 80 Prozent, wie das BAG schreibt.
«Ich hätte auch gerne einen wirksameren Grippe-Impfstoff», sagt Berger. Aber auch mit Vorerkrankung habe man einen gewissen Schutz, das sei immer noch besser als gar keinen.
Nebenwirkungen nicht grösser
Zu den Nebenwirkungen sagt er: «Am häufigsten sind Schmerzen an der Einstichstelle oder leichtes Fieber und Unwohlsein.» Das klinge nach ein bis zwei Tagen wieder ab.
Ein möglicher Ausbruch der Grippe wegen der Impfung bestreitet der Infektiologe. «Grippe-Impfstoffe sind keine lebendigen Viren. Sie können von der Grippe-Impfung nicht die Grippe bekommen, das ist nicht möglich.»
Bei Risikopatientinnen seien die Nebenwirkungen auch nicht grösser, nur die Schutzwirkung eben schlechter. Berger empfiehlt deshalb jeder Person, sich impfen zu lassen – unabhängig davon, ob sie zur Risikogruppe gehört oder eine chronische Vorerkrankung hat.
*Name der Redaktion bekannt.
Am 6. November 2020 kann man sich auch spontan in Arztpraxen oder Apotheken impfen lassen. Risikopatientinnen wird empfohlen, für die Impfung eine Ärztin, einen Arzt aufzusuchen. Die Kosten betragen etwa 30 Franken, können aber variieren. Wer am Impftermin krank ist und Fieber hat, rät Florian Banderet, die Impfung zu verschieben.
