Wer dachte, dass sich das Thema der Zürcher «Gammelhäuser» mit ihrer Schliessung und Verbarrikadierung Mitte Januar erledigt hat, sieht sich getäuscht. Nach der Ankündigung der Stadt vergangene Woche, die zuletzt vor allem von Drogensüchtigen frequentierten Liegenschaften an der Neufrankengasse und an der Magnusstrasse zu erwerben, ging der bürgerliche Block Anfang dieser Woche auf die Barrikaden.
An einer kurzfristig anberaumten Medienkonferenz in den altehrwürdigen Räumen der Zunft zur Zimmerleuten legte der vereinte bürgerliche Block (SVP, FDP und CVP) in launiger Art und Weise dar, wieso der Kauf der Gammelhäuser mittels dringlichem Beschluss (O-Ton «Überraschungs-Coup») «nicht tolerierbar» sei.
Die juristische Begründung überliess SVP-Zürich-Präsident Mauro Tuena dem Mitstreiter und Anwalt Severin Pflüger (Präsident FDP Zürich), der sich Mühe gab, der versammelten Journalistenschar (ein gutes Drittel im Nebenerwerb Politiker) die wichtigsten Punkte des bürgerlichen Gegenputschs zu präsentieren:
Dankbarerweise wurden die wichtigsten Punkte anschliessend in einer als «wichtig» bezeichneten Medienmitteilung festgehalten: Titel «Das Aushebeln demokratischer Prozesse durch den Zürcher Stadtrat ist nicht tolerierbar».
Allerhand spekuliert wird auch um die Kaufsumme der drei Liegenschaften. Ist sie zu hoch? Zu tief? Genau richtig? Während der HEV also von einem überrissenen Preis spricht und den «überhasteten Kauf» harsch kritisiert, ist der Stadtrat überzeugt, dass man marktkonform bezahlt hat (Man stützt sich hierbei auf die Schätzung des Immobilienunternehmens Wüst Partner). «Schweiz Aktuell» bot Anfang Woche einen «unabhängigen Immobilienexperten» auf, der den Kaufpreis für marktüblich hält und auch André Mathis von Kuoni Müller & Partner hält den Preis zumindest für «nicht marktfremd».
Der Marktpreis ist allerdings, das darf vermutet werden, nicht der springende Punkt. Auch, dass Besitzer Peter S., der mit seinen verlotterten Liegenschaften der Stadt seit Jahren das Geld aus der Tasche gezogen hat (die Stadt unterstützte die Mieter der Liegenschaften mit Sozialleistungen) jetzt noch mehr «Reibach» macht und ganz nebenbei die Stadt vor sich her treibt (Sportferien, es eilt!) ist wohl einigermassen vernachlässigbar.
Es geht – wie so oft in letzter Zeit, wenn's politisch wird – um den Volkswillen, beziehungsweise um die Vernachlässigung desselben. Auf rechter Seite tönt das so: «Das Aushebeln demokratischer Prozesse durch den Zürcher Stadtrad ist nicht tolerierbar.»
Und von links hallt es: «Rechte Parteien torpedieren den Volksentscheid» (Titel Medienmitteilung): «Wann, wenn nicht jetzt», ruft es uns schwarz gefettet und fürchterlich bedeutungsschwanger im ersten Abschnitt entgegen, «sollte diese Dringlichkeitsbestimmung zur Anwendung kommen?»
Florian Utz, Vizepräsident der Stadtzürcher SP präzisiert: Das Verhalten von Seiten der SVP sei demokratiepolitisch höchst fragwürdig, schliesslich habe das Stimmvolk Ja gesagt zu mehr bezahlbarem Wohnraum. Der Kauf der drei Wohnungen sei nichts anderes als die konsequente Umsetzung dieses Begehrens.
Rechtsbürgerlich beruft sich auf die Gewaltentrennung, linksgrün auf den Volkswillen – und irgendwo dazwischen befinden sich die Gammelhäuser. In die Zange genommen von rechten Torpedos und linken Hebelkräften.
Über den Rekurs der Bürgerlichen hat nun der Bezirksrat zu entscheiden. Severin Pflüger gibt sich nicht nur zuversichtlich, sondern «sehr zuversichtlich»: «Der Bezirksrat wird in unserem Sinne entscheiden.» Florian Utz sagt, das Begehren von SVP & Co. sei chancenlos. Andreas Kirstein, Chef der Gemeinderatsfraktion der Alternativen Liste (AL), sieht eine «interessante juristische Auseinandersetzung» auf Zürich zukommen.
Interessant ist die juristische Auseinandersetzung jetzt schon – und nicht frei von Fallstricken, wie die Bürgerlichen am Mittwochabend feststellen mussten. Die superprovisorische Eintragungssperre am Grundbuchamt, die sie mit dem Rekurs erwirken wollten, ist hinfällig – aus dem einfachen Grund, dass «der Kauf schon seit letztem Freitag besiegelt ist», wie Mediensprecher Patrick Pons gegenüber watson bestätigt.
Der einzig korrekte Ansatz wäre für mich
1. Auftrag an Eigentümer die Wohnungen binnen x Monaten sozial verträglcih zu renovieren.
2. Wenn nicht: Enteignung, da öffentliche Sicherheit gefährdert ist
1.Punkt: Sich vom privaten Verkäufer eine Deadline setzen zu lassen.
2. Punkt: Eine Schätzung von nur einem Immobilienhändler (evtl sogar ins Geschäft verwickelt?)
3. Punkt: Weshalb duldet das Geschäft keinen Aufschub?
Dies sind alles Punkte, welche die Korruption unterstützen.