Schweiz
Zürich

Bezirksgericht Hinwil: Schweizer wegen rassistischem Vorfall angeklagt

Photo taken April 8th, 2021, Zurich, Switzerland.
Im Oktober 2023 kam es zu dem rassistischen Vorfall auf einem Hinwiler Basketballplatz.Bild: iStockphoto

Zürcher bestreitet rassistische Sprüche gegen Jugendliche

Ein 40-jähriger Schweizer hat abgestritten, Jugendliche rassistisch beleidigt und bedroht zu haben. Das Bezirksgericht Hinwil ZH konnte am Montag noch kein Urteil fällen. Die Staatsanwältin forderte eine stationäre Massnahme.
01.07.2024, 13:2401.07.2024, 16:33
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Der 40-Jährige soll einen dunkelhäutigen Jugendlichen als «Neger» beschimpft haben, der zurück nach Afrika solle. Er soll den Jugendlichen auch mit einem Hammer bedroht und diesen gegen einen Zaun geschlagen haben. Zudem soll der Schweizer vor einem zweiten dunkelhäutigen Jugendlichen den Hitlergruss gezeigt und auch diesen beleidigt haben.

Der Beschuldigte wies die Vorwürfe vor Gericht zurück und bezichtigte die Jugendlichen, zu lügen. Ein Rassist sei er sicher nicht. In seiner Familie gebe es auch dunkelhäutige Menschen, seine Cousine sei mit einem Afrikaner verheiratet.

Der 40-Jährige bezeichnete sich als «08/15»-Bürger. Er habe immer viel gearbeitet und sei «unbescholten». Zuletzt war er arbeitslos und geriet er schon zweimal mit der Polizei aneinander – was in zwei Strafbefehlen endete.

Jugendlicher sagte erst vor Gericht aus

Der Beschuldigte habe die dunkelhäutigen Jugendlichen bedroht – und dies ohne Grund, sagte die Staatsanwältin hingegen. Diese hätten grosse Angst gehabt.

Das zeige sich auch daran, dass einer erst vor Gericht aussagen wollte, weil er dem 40-Jährigen nicht habe begegnen wollen. Der Jugendliche bestätigte am Morgen, dass er als «Neger» bezeichnet worden sei und der Beschuldigte mit einem Hammer gegen den Zaun geschlagen habe.

Die Staatsanwältin forderte wegen Drohung und weiterer Delikte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 30 Franken. Einen Teil der Geldstrafe müsste er wegen dem Widerruf einer Vorstrafe bezahlen.

Möglicherweise schizophren

Ein Gutachter diagnostizierte beim Beschuldigten eine Persönlichkeitsstörung. Auch eine Schizophrenie vermutete er. Der 40-Jährige soll darum stationär behandelt werden, sagte die Staatsanwältin. Die Strafe würde zugunsten der Massnahme aufgeschoben.

Gemäss Gutachter ist die Rückfallgefahr gross, er schliesst tätliche Angriffe nicht aus. Der Schweizer fühle sich seiner Umgebung überlegen und zeige gegenüber gewissen Personengruppen «alarmierende Einstellungen».

Verteidiger will Freispruch

Ganz anders sah das der Verteidiger. Sein Mandant sei freizusprechen, zudem soll ihm das Gericht wegen ungerechtfertigter Haft eine Genugtuung von 53'600 Franken zusprechen. Der 40-Jährige sitzt seit 268 Tagen hinter Gittern.

Die Jugendlichen hätten nie Angst vor dem 40-Jährigen gehabt. Einer habe es bloss «komisch» gefunden, dass dieser den Hitlergruss gezeigt hätte. Die Polizei holten sie nicht, das übernahmen erst zwei Fussballtrainer vor Ort.

Die angeblich getätigten rassistischen Aussagen gegen Dunkelhäutige schätzte der Verteidiger als stereotyp ein. Die Staatsanwaltschaft stütze sich einzig auf die Aussagen der Jugendlichen, die sich kennen würden.

Auch die geforderte stationäre Massnahme lehnte der Verteidiger ab. in den neun Monaten im Gefängnis sei es zu keinen gewaltsamen Vorkommnissen gekommen. Der 40-Jährige habe gegenüber den Jugendlichen auch nie eine Gewalttat angekündigt. Eine allfällige Krankheit könne auch ausserhalb der Klinik behandelt werden.

Beschuldigter hatte genug gesehen

Der Beschuldigte hatte schon vor dem Plädoyer seines Verteidiger genug gesehen. Beim Plädoyer der Staatsanwältin bat er darum, den Saal verlassen zu dürfen.

Am Morgen beklagte sich der Beschuldigte noch darüber, dass er als «40-jähriger, unbescholtener Schweizer» seit Monaten in Untersuchungshaft sitze.

Das Verfahren empfand er offensichtlich als ungerechtfertigt, die Staatsanwältin, «diese junge Frau», sei befangen. Die Richterin lächle zudem, wenn sie ihm Fragen stelle, was er nicht korrekt fand.

Am Nachmittag sagte er dann, er wolle wegen gesundheitlicher Beschwerden zurück ins Gefängnis. Er verzichtete somit auf sein Schlusswort. Das Urteil wird den Parteien in den nächsten Tagen schriftlich zugestellt. Der 40-Jährige verzichtete auch auf eine mündliche Urteilseröffnung. (sda)

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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ELMatador
01.07.2024 11:53registriert Februar 2020
Ich finde es immer genial, wenn jemand behauptet, er/sie sei unbescholten und würde keiner Fliege was zuleid tun. Dann wird aber bekannt, dass sie eine eher toxische Beziehung mit dem Gesetz und der Polizei gehabt haben.

Was ich mich frage, ist, was "Sein Basketballplatz bedeutet", denn bei uns gab es auch einen Nachbar, der gegenüber Kindern gewalttätig wurde, weil wir die Vögel in seinem Garten verscheuchten und seine Ruhe störten.
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