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Zukunftstag

Karin Keller-Sutter wird am Zukunftstag von Jugendlichen interviewt

Bundesraetin Karin Keller-Sutter spricht an einer Medienkonferenz ueber das Institutionelle Abkommen Schweiz-Europaeische Union und zur Begrenzungsinitiative, am Freitag, 7. Juni 2019, in Bern.(KEYSTO ...
Bundesrätin Karin Keller-Sutter gab am Zukunftstag ein aussergewöhnliches Interview (Archivbild). Bild: KEYSTONE
Zukunftstag

«Frau Keller-Sutter, mit wem arbeiten Sie im Bundesrat am liebsten zusammen?»

Finanzministerin Karin Keller-Sutter besuchte am Zukunftstag die CH Media-Redaktion in Aarau – und stellte sich den Fragen der Jugendlichen.
09.11.2023, 23:1610.11.2023, 07:17
Doris Kleck und Anna Wanner / ch media
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Was wollten Sie werden, als Sie so alt waren wie wir?

Ich wollte unbedingt Tierärztin werden. Ich hatte sehr gerne Tiere und habe auch welche gehalten. Meerschweine, Streifenhörnli, Kanarienvögel und Hamster habe ich selber gezüchtet. Im Quartier haben sie mir deshalb Zirkusdirektorin gesagt. Doch weil ich kein Blut sehen kann, war Tierärztin dann doch nicht der richtige Beruf für mich.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Job als Bundesrätin?

Als Bundesrätin kann ich viel gestalten – gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat, dem Parlament, den Mitarbeitenden in meinem Departement und auch der Bevölkerung. Ich kann Ideen entwickeln, beeinflussen und umsetzen. Dazu braucht es auch Kreativität und Überzeugungskraft. Den Austausch mit Leuten, die eine andere Meinung haben, finde ich interessant. Am Schluss finden wir meistens ein gutes Ergebnis.

Mit wem arbeiten Sie am liebsten zusammen im Bundesrat?

Gibt es einen Joker? Nein, ich komme mit allen gut aus! Aber der Bundesrat ist ein bisschen wie eine Schulklasse. Mit dem einen macht man am freien Nachmittag ab, mit einem anderen geht man Nachtessen. So ist es auch im Bundesrat.

Mit wem arbeiten Sie am wenigsten gerne zusammen im Bundesrat?

Mit niemandem. Und das meine ich ehrlich. Ich sage das jetzt nicht einfach so, weil es blöd wäre, eine Person zu nennen. Der Bundesrat funktioniert gut und wir haben eine gute Stimmung. Natürlich führen wir auch harte Diskussionen, schliesslich müssen wir auch kritisch sein.

Was hatten Sie für Hobbys als Kind?

Ich war im Blauring und hatte Tiere. Zudem habe ich sehr gerne und viel gelesen. Jeden Samstag deckte ich mich in der Schulbibliothek mit Büchern ein.

Was würden Sie ändern, wenn Sie die letzten 10 Jahre noch einmal erleben könnten?

Eigentlich nichts. Ich finde, man soll nicht bedauern, was man gemacht hat. Natürlich gibt es Episoden oder schwierige Phasen im Leben, die man nicht gerne hatte. Doch man lernt auch aus negativen Erlebnissen, manchmal fast noch mehr als wenn alles gelingt. Man soll nicht zurückschauen, sondern das mitnehmen, was etwas bringt. Und daraus Kraft für die Zukunft schöpfen.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich habe nicht sehr viel Freizeit. Am Wochenende gehe ich gerne nach Hause. Ich wohne in Wil, im Kanton St. Gallen. Ich bin gerne draussen und gehe gerne spazieren. Ein weiteres Hobby ist Boxen. Seit zwei Jahren gehe ich einmal pro Woche ins Boxen. Das ist eine Stunde, die ich wirklich für mich alleine habe. Denn beim Boxen muss man sich voll konzentrieren und kann an nichts anderes denken.

Hatten Sie früher lange Haare?

Ja, ganz lange Haare. Und dann wurden sie immer kürzer. Ich finde kurze Haare praktisch: Sie sind schnell gewaschen und trocken am Morgen.

Wie viel Geld können Sie als Finanzchefin verteilen?

Ich bin im Bundesrat zuständig für die Bundesfinanzen. Wir haben ein Budget und stellen jedes Jahr Geld zur Verfügung. Im Moment sind es 83 Milliarden Franken. Ich würde aber nicht von Verteilen reden. Denn viele Ausgaben sind schon im Gesetz festgeschrieben. Leider ist es auch so, dass eine Finanzministerin nicht alleine entscheiden kann. Zuerst sagt der Bundesrat, wer wie viel Geld erhält. Und dann kommt das Budget noch ins Parlament, das endgültig entscheidet. Viele finden Budgetdebatten langweilig. Doch diejenigen, die es betrifft, kämpfen wie Löwen.

Was war Ihre erste politische Handlung?

Mein erstes politisches Amt war Gemeinderätin in Wil. Dort setzte ich mich für die Drogenpolitik ein. Es war die Zeit der offenen Drogenszene: Auf den Strassen wurde gedealt und konsumiert. In Wil haben wir Räume für die Konsumation von Drogen geschaffen. Dort wurden die Abhängigen auch von Ärzten betreut.

Was sind die Vor- und Nachteile in Ihrem Beruf?

Ich habe grosse Freude an meinem Amt. Es ist ein Privileg und eine Ehre für die Schweiz zu arbeiten. Der Nachteil ist, dass es nicht einfach ein Job ist, sondern ein Amt, das man immer ausfüllt. Ich kann nicht sagen, dass ich jetzt in den Ferien bin oder heute Abend nicht erreichbar. Die Verantwortung trägt man immer.

Was halten Sie von hohen Preisen, und was soll man ändern?

Die Frage erstaunt mich, sie ist sehr wirtschaftspolitisch. Wir haben eine Inflation in der Schweiz. Zum Teil ist sie importiert wegen der höheren Energiepreise. Auch die Mieten steigen an. Zum Glück ist in der Schweiz die Preissteigerung nicht so hoch wie im Ausland. Aber es ist eine Belastung für die Menschen, wenn die Krankenkassenprämien steigen und die Mieten teurer werden. Dagegen gibt es keine Patentrezepte. Wir können dafür sorgen, dass es der Wirtschaft gut geht, die Firmen Erfolg haben und den Mitarbeitenden gute Löhne zahlen können, damit diese die Lebenshaltungskosten bezahlen können.

Wie lange boxen Sie schon?

Ich habe vor gut zwei Jahren angefangen. Ich wollte schon vorher, doch dann kam Corona.

Wie finden Sie, dass es in der Schweiz nur noch eine grosse Bank gibt?

Ich finde es schade, dass es mit der UBS nur noch eine sehr grosse Bank gibt. Vorher gab es noch die Credit Suisse. Leider ist sie gescheitert – an sich selbst. Sie hatte unternehmerisch keinen Erfolg. Ihre Geschichte ist zu Ende gegangen und das ist bedauerlich. Doch es ist wichtig, dass wir nun stabile Verhältnisse haben und es für unser Land keinen Schaden gegeben hat. Die Bürgerinnen und Bürger waren nicht vom Untergang betroffen. Davon profitieren unter dem Strich alle.

Was ist Ihre Meinung zu Einwanderern, wie sollte man sie behandeln?

Ich bin der Meinung, dass wir alle Menschen gleich behandeln sollen, unabhängig davon, ob sie Ausländerinnen oder Ausländer, Schweizerinnen oder Schweizer, Mann oder Frau sind. Was die Zuwanderung anbelangt, ist die Mehrheit der Bevölkerung der Ansicht, dass die Menschen, die hierherkommen und etwas leisten, willkommen sind. Jene, die sich nicht an die Spielregeln halten, müssen die Schweiz wieder verlassen.

Haben Sie schon einmal Barack Obama getroffen?

Tatsächlich, aber nur kurz. Ich bin auch nicht sicher, ob Obama noch US-Präsident war. Ich habe ein Referat von ihm gehört. Aber ich habe nicht mit ihm gesprochen. Richtig getroffen habe ich ihn also nicht, das ist etwas übertrieben.

Wie sieht ihr Alltag als Bundesrätin aus?

Der Alltag beginnt früh am Morgen. Ich stehe zwischen 5.15 und 5.30 Uhr auf. Dann trinke ich Kaffee und lese Zeitungen. Dann gehe ich ins Büro. Die Tage sind sehr unterschiedlich. Heute Morgen war ich zum Beispiel an einer Sitzung einer Parlamentskommission im Bundeshaus. Oft ist es so, dass sich eine Sitzung an die andere reiht. Es ist wie ein Stundenplan in der Schule: Jede Stunde ist ausgefüllt. In der Regel arbeite ich 12 bis 14 Stunden täglich. Vor zwei Wochen war ich in Paris bei meinem Finanzministerkollegen, da fliegt man hin und wieder zurück und der Tag ist wieder vorbei. Die Tage sind dicht gefüllt. Oft gibt es keine Luft in der Agenda.

Wer ist der beste Spieler der Schweizer Fussballnati?

Ich finde die ganze Nati toll. Natürlich sind nicht immer alle in gleich guter Form. Ich war ein Fan von Fabian Schär. Er ist auch aus Wil und der Sohn eines Kollegen.

Hätten Sie mit Gesundheitsminister Alain Berset tauschen wollen während der Coronapandemie?

Alain Berset war nicht alleine, wir waren zu siebt und haben die Entscheide während der Pandemie gemeinsam gefällt. Wenn man als Bundesrat ein Departement übernimmt, weiss man natürlich nicht, was auf einen zukommt. Für Kollege Berset war die Pandemie eine grosse Belastung, aber auch für den Rest des Bundesrates. Sowieso war Corona eine Belastung für alle: Für Kinder, Firmen, Menschen, die eine schwierige Zeit hatten oder Leute, die Angehörige verloren haben. Viele Menschen sind gestorben. Davon spricht man heute gar nicht mehr.

Sind Sie zufrieden mit den Wahlen?

Mittelmässig. Ich freue mich für alle, die gewählt worden sind. Positiv finde ich auch, dass so viele kandidiert haben. Man sagt ja immer, dass viele politikverdrossen sind. Mit dem Resultat meiner Partei bin ich nicht zufrieden. Das müsste viel besser sein.

Was ist Ihr Lieblingsessen?

Fondue, Raclette, Pizza, Spaghetti. Das tönt jetzt wie ein Kindermenü. Aber ich habe sehr gerne Käse. Und auch Pasta.

Was ist Ihre Traumreise?

Ich war noch nie in Australien und Neuseeland. Es gibt viele Orte, die mich interessieren, auch der Nord- und Südpol wären einmal interessant. Ich bin sehr viel gereist. Reisen ist spannend, man lernt viel, wenn man mit anderen Leuten zusammenkommt und fremde Kulturen trifft. Das Schönste am Reisen ist aber das Nachhausekommen.

Weshalb wurden Sie Politikerin?

Mich hat Politik schon immer interessiert. Meine Eltern hatten einen Gewerbebetrieb, am Mittagstisch haben wir immer über Politik gesprochen. In der Schule war ich auch immer die Klassenchefin. Ist jemand Klassenchefin hier? Das sind die künftigen Bundesräte! Während des Studiums bin ich dann einer Partei beigetreten. Mit 28 Jahren wurde ich Gemeinderätin. Mit meinem Mann hatte ich eigentlich abgemacht, dass ich nicht weiter mache als bis zum Amt der Kantonsrätin. Doch dann ging es halt weiter, das ist oft auch eine Frage der Konstellation. Und ich bekam wirklich Freude an der Politik. Heute ist das mein Beruf.

Was war in der Schule Ihr Lieblingsfach?

Geschichte und Französisch.

Hatten Sie schon Streit im Bundesrat?

Natürlich, aber nicht im Bösen. Wir streiten um Ideen. Wie sollen wir in einer Sache entscheiden, weiter vorgehen, welche Faktoren spielen eine Rolle? Es ist wichtig zu streiten, aber ich meine nicht «chiflen». Sondern Streit im Sinne von Auseinandersetzung mit der Meinung des anderen. Das gibt intensive und spannende Diskussionen.

Was haben Ihre Eltern gearbeitet?

Meine Eltern hatten ein Speiserestaurant.

Geben Sie gerne Interviews?

Nicht immer. Manchmal ist es spannend. Interviews sind eine Gelegenheit für mich, Entscheide des Bundesrates zu erklären. Das gehört dazu. Doch manchmal ist es auch anspruchsvoll, man hat auch nicht immer gleich viel Zeit. Ich habe im Alltag Unterstützung von meiner Kommunikationsabteilung, die den Journalisten Auskunft gibt.

Was wollen Sie in der Zukunft bewirken?

Ich möchte gerne weiterarbeiten im Bundesrat. Wir haben viele spannende Themen wie Umwelt und Klima oder die Europapolitik. Für mich im Zentrum stehen die Bundesfinanzen. Wir haben im Moment Schwierigkeiten, weil wir zu viel Geld ausgeben. Das ist wie beim Sackgeld: Wenn ihr mehr Geld ausgibt, als ihr habt, dann habt ihr ein Problem. Auch die Frage, wie wir die Renten sichern, ist sehr wichtig.

Gab es einen Moment, in dem Sie lieber nicht Bundesrätin gewesen wären?

Nein, aber es gibt schon Momente, wo viel Druck und Spannung da ist. Wo man denkt: Natürlich gibt es Momente, da bin ich weniger motiviert. Aber ich mache meine Arbeit sehr gerne. Und alle, die arbeiten, gehen manchmal durch schwierige Phasen. Das geht also allen so.

In den Läden gibt es oft Spielzeuge «Made in China». Was können Sie machen, dass diese Firmen wieder in der Schweiz Fuss fassen?

Die Schweiz ist kein grosses Land, aber eine starke Volkswirtschaft. Die heutige Arbeitsteilung ist eine Realität. Teile werden in Deutschland, China oder in der Schweiz gefertigt - das ist auch eine Kostenfrage. Aber wir müssen dafür sorgen, dass der Standort Schweiz Bedingungen bietet, damit hier produziert werden kann. Und dass wir Fachkräfte haben, dass die Steuern und die Bürokratie tief sind.

Was halten Sie vom Iran?

Ich war noch nie im Iran. Es ist ein sehr schönes Land, aber die Lebensbedingungen sind schwierig. Bei der Meinungsfreiheit oder der Situation für die Frauen ist Iran kein Vorbild. Es wäre wünschenswert, wenn es im Iran eine Demokratie und eine offene politische Kultur gäbe.

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H. L.
10.11.2023 00:18registriert März 2018
Die Schweizer Ausgabe von der Iron Lady. Nicht mein Fall.
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