Fehde mit Skorp: Brian Keller bleibt heute dem Prozess fern – die wichtigsten Punkte
Kommt er oder kommt er nicht? Die Frage stellt sich vor jeder Gerichtsverhandlung gegen Brian Keller. Sogar als der Wiederholungstäter im Gefängnis sass und von einer Spezialeinheit in den Gerichtssaal hätte transportiert werden sollen, weigerte er sich mit Händen und Füssen dagegen – erfolgreich.
Aktuell ist er in Freiheit und hat gemäss der NZZ vom Zürcher Bezirksgericht die Erlaubnis erhalten, am Freitag dem Strafprozess gegen ihn fernzubleiben. Er habe zu den Vorwürfen schon alles gesagt, lautete seine Begründung.
Eigentlich müssen Angeklagte vor Gericht erscheinen, aber Ausnahmen sind möglich. Im Fall Brian dürften auch pragmatische Überlegungen eine Rolle spielen. So droht keine Gewalteskalation im Saal und die Polizei kann ihr Personal für wichtigere Probleme einsetzen.
Worum geht es im Fall?
Der heute 28-Jährige beschäftigt die Justiz seit mehr als zehn Jahren. Er wurde 2013 unter dem Pseudonym «Carlos» wegen eines Sondersettings mit Boxtraining berühmt. Bis heute sorgt der Fall immer wieder für neue Probleme.
Der neuste Vorfall: In einer Mainacht 2024 – ein halbes Jahr nach seiner Haftentlassung – attackierte Keller seinen Intimfeind mit dem Pseudonym «Skorp808» von hinten und schlug ihn zu Boden. Beide sind sogenannte Crimefluencer. Sie spielen sich auf Social Media als Gangster auf. Dann verlagerte sich der Streit von der Onlinewelt auf Zürichs Strassen und endete mit gefährlichen Kopfverletzungen.
Keller ist angeklagt wegen versuchter schwerer Körperverletzung sowie öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen. Ihm droht eine Gefängnisstrafe. Das Urteil wird noch heute Abend erwartet. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Was sagt Brian Keller?
Er sieht sich als Opfer. Sein Gegner habe den Streit provoziert, damit Keller wieder ins Gefängnis müsse. Meistens sieht er die Schuld bei anderen, oft bei der Justiz. Diese hat tatsächlich auch schwere Fehler begangen und teilweise mit übertriebener Härte reagiert.
In seinem neusten Instagram-Beitrag schreibt Keller: «12 Jahre Knast und gelernt habe ich nix.» Damit bringt er seine Situation auf den Punkt. Er sass länger in Gefängnissen als in der Schule.
Was sagt der deutsche Boxverband zum Fall?
Brian Keller hat nur ein Ziel in seinem Leben: Er will Boxchampion werden. Doch vom Schweizer Boxverband erhält er keine Profilizenz, weil er noch keine Amateurkämpfe absolviert hat und weil er den Sport nicht von einer Schlägerei unterscheiden kann.
Inzwischen hat Keller auch beim Bund Deutscher Berufsboxer eine Profilizenz beantragt und erhalten. Keller registrierte sich über eine deutsche Firma, weil eine Adresse in Deutschland nötig ist. Daneben musste er lediglich medizinische Unterlagen einreichen – keinen Strafregisterauszug.
Der deutsche Boxverband stellte die Profilizenz Anfang 2025 befristet für ein Jahr aus, ohne zu wissen, wer Brian Keller ist. Aufgrund der aktuellen Berichterstattung ist dies inzwischen auch am Hauptsitz des Boxverbands nördlich von Hamburg bekannt.
Präsident Thomas Pütz sagt auf Anfrage von CH Media: «Nach aktuellem Stand wird der Bund Deutscher Berufsboxer weder eine Startgenehmigung für Herrn Keller erteilen noch die temporäre Lizenz verlängern.» Ohne Startgenehmigung kann er keinen Profikampf absolvieren.
Der deutsche Verband zieht aus dem Fall seine Lehren. Er prüft derzeit, ob er von künftigen Bewerbern ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen soll – das ist in Deutschland der Strafregisterauszug.
Warum ist der Fall berichtenswert?
Viele Leserinnen und Leser wünschen, Kellers Leben möge künftig ausserhalb des medialen Scheinwerferlichts stattfinden. Doch das Problem lässt sich nicht einfach ausblenden. Die Justiz muss sich an ihrem Umgang mit Extremfällen messen lassen.
+++Updates aus dem Gerichtssaal folgen laufend+++ (aargauerzeitung.ch)