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Neue Anklage gegen Brian: Staatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe

Der Schweizer Boxer Brian Keller im Kampf gegen Claude Wilfried aus Kongo waehrend einem Boxkampf anlaesslich der ICF Fight-Night in der AXA Arena in Winterthur am Samstag, 26. April 2025. (KEYSTONE/U ...
Am 6. Juni steht Keller in Zürich vor dem Bezirksgericht.Bild: keystone

Neue Anklage gegen Brian: Zürcher Staatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe

Der renitente Straftäter steht erneut vor Gericht. Die Zürcher Staatsanwaltschaft erhebt schwere Vorwürfe.
23.05.2025, 11:2426.05.2025, 15:18
Andreas Maurer / ch media
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Im November 2023 verliess Brian Keller nach sieben Jahren das Gefängnis. Er sass wegen mehrerer Delikte so lange. 2016 hatte er einem Kontrahenten in Zürich mit einem Faustschlag den Unterkiefer gebrochen. Danach ging er im Gefängnis auf Aufseher los. Mit der Freilassung wollte das Gericht die Gewaltspirale endlich durchbrechen.

Der bekannteste Ex-Häftling trat nach dem Gefängnis direkt vor die Medien und sprach in die Mikrofone: «Die Menschen müssen nichts von mir befürchten. Wer mich respektiert, den respektiere ich auch.» Das Problem dieser Aussage offenbarte sich ein halbes Jahr später.

Wer ihn nicht respektiert, dem bricht er das Jochbein. So endete jedenfalls eine Auseinandersetzung zwischen ihm und einem anderen Ex-Gefangenen. Beide inszenierten sich auf Tiktok als «Crimefluencer». Mit ihrer kriminellen Vergangenheit erzielten sie auf der Social-Media-Plattform Aufmerksamkeit. Am 6. Juni steht Keller deswegen in Zürich vor dem Bezirksgericht.

Jetzt liegt die Anklageschrift vor.

Warum ist das berichtenswert?

Viele Leserinnen und Leser fragen das und wünschen, das Leben des Brian Kellers möge künftig ausserhalb des medialen Scheinwerferlichts stattfinden. Doch das Problem lässt sich nicht einfach ausblenden. Die Justiz muss sich an ihrem Umgang mit Extremfällen messen lassen.

Bekannt wurde er 2013 unter dem Pseudonym «Carlos». Ein Zürcher Jugendanwalt entwickelte für ihn ein Sondersetting, das staatlich finanziertes Boxtraining enthielt. Nach einem medialen Aufschrei stoppte es die Regierung. Seither sucht die Justiz nach einer Lösung für den Intensivtäter. Die Anklage dokumentiert den jüngsten Rückfall.

Was wirft die Staatsanwaltschaft Keller vor?

Die Vorwürfe wiegen schwer. Die Anklage besteht aus zwei Dossiers.

  1. Dossier: Keller soll öffentlich zu Verbrechen aufgefordert haben. In einem Tiktok-Video verlangte er von seinen über 10’000 Followern, sie sollten ihm den Kopf seines Kontrahenten bringen. Er schrieb: «Greift ihn an, verletzt ihn, macht ihm Gewalt. Ich fordere euch dazu auf.»
  2. Dossier: Er soll eine versuchte schwere Körperverletzung begangen haben. Als er seinen Intimfeind von hinten niederschlug, soll er «schwerwiegende, allenfalls sogar lebensgefährliche Verletzungen» in Kauf genommen haben. Er soll fünfmal «mit grosser Wucht und sehr zielgerichtet» auf den Kopf des am Boden liegenden Mannes eingeschlagen haben.

Was sagt Keller dazu?

Er stellt sich einmal mehr als Opfer dar. Sein Kontrahent habe ihn und seine Familie bedroht, verkündete er auf Instagram. Skorp habe den Streit gesucht, damit Keller wieder ins Gefängnis müsse. Sein Anwalt schweigt auf Anfrage.

Was droht Keller jetzt?

Die Anklage erhebt derselbe Staatsanwalt, der Brian schon bisher vor Gericht gebracht hat. Der Angeklagte weigerte sich im letzten Prozess allerdings erfolgreich, das Gefängnis zu verlassen und im Saal zu erscheinen. Der Staatsanwalt bedauerte dies und sagte: «Er ist eine Reizfigur und wird provoziert werden. Wie wird er darauf reagieren?» Da die Antwort nun vorliegt, droht ihm eine Freiheitsstrafe. Derzeit gilt die Unschuldsvermutung.

Gefährdet der Fall seine Boxkarriere?

Der 29-Jährige hat nur ein Ziel in seinem Leben: Er möchte Boxchampion werden. Im April absolvierte er seinen ersten Showkampf, der allerdings nach 38 Sekunden bereits zu Ende war. Keller hatte seinen Gegner k. o. gehauen.

Um einen Titel gewinnen zu können, benötigt er allerdings eine Profilizenz. Der Schweizer Boxverband stellt ihm diese nicht aus, weil er keine Amateurkämpfe absolviert hatte. Zudem zweifelt der Verband, ob Keller den Unterschied zwischen einer Schlägerei und einem Wettkampf kenne.

Weil er bisher den grössten Teil seines Lebens in Haft verbracht hat, hatte er wenig Gelegenheiten, sich in Freiheit zu bewähren. Deshalb herrschte bei seiner Freilassung ein breiter Konsens, dass er eine letzte Chance verdient habe.

Falls er erneut verurteilt wird, kann er eine Profikarriere nicht einmal beginnen. Dann bleiben ihm nur die Showkämpfe. Seinen ersten Auftritt absolvierte er vor vielen leeren Rängen.

Seinen zweiten Kampf sagte er wegen einer Handverletzung ab. Seinem Gegner droht er auf Tiktok bereits mit dem Tod und sagt: «Ich bin dein Albtraum.»

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215 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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haraS
23.05.2025 11:34registriert Januar 2023
Einer "normalen" Arbeit nachgehen ist wohl unter seiner Würde. Kein professioneller Verband will einen Gewalttäter aufnehmen. Somit wird er wohl für immer dem Staat auf der Tasche liegen.
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emankciN
23.05.2025 11:40registriert August 2021
Eine traurige Gestalt ohne Hoffnung
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GarChest
23.05.2025 11:47registriert April 2025
Wie soll es eine Boxkarriere gefährden, die es nie geben wird? Ein paar Showkämpfe, mehr nicht. Für alles andere erhält er entweder keine Lizenz und/oder ist zu alt.
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