Erster Tag. Vorfreude und Vorsätze in dir vermischen sich und tränken deine Nervosität in verhaltene Motivation. Eine Kombination, zu fragil, um allfällige Ablehnung oder Missgunst zu parieren, aber genug stark, um den neugierigen Blicken stand zu halten. Deine neuen Arbeitskollegen – wie werden sie sein?
Sicherlich alle «mega nett», «voll offe» und/oder «easy druff».
Nachdem du dir «einen Überblick verschafft» hast, fällt dir auf: Dieser Job ist deine Bestimmung. Du kannst dich mehr einbringen, besser entfalten, die neue Arbeit ist vielschichtiger, diffiziler, erfüllender. Was willst du mehr?
Aufgrund deiner «Aussenperspektive» bist du sehr gefragt. Was besser gemacht werden kann, ist für dich ergo nur allzu offensichtlich und aufs Maul gehockt wird aber mal ganz sicher nicht! Denn es ist ja eigentlich ganz leicht.
Der Alltag hat sich mittlerweile eingependelt, das Rad hast du wider Erwarten nicht neu erfunden und dein Lunch-Buddy von Tag eins hat bereits gekündet.
Zufrieden bist du dennoch. Anders als all die abgelöschten, pessimistischen Mitarbeiter-Fossile, die dich mit ihren verstaubten Zungen auf die dunkle Seite zu lotsen gedenken ... Aber ohne dich, du stolzer Fahnenträger der Integrität!
Die kritischen Stimmen beginnen an deinem Selbstverständnis zu nagen, Stimmen, die in Alltagsrealitäten ihren Brennstoff finden. Wie Rost fressen sich die Zweifel erodierend durch deine Motivation.
Wie surreal die rosarote Brille, die, vom beissenden Strahlen leerer Versprechen schon längst vergilbt, nun bestenfalls neben der Kaffeemaschine im Pausenraum ihr kümmerliches Dasein fristen darf, nun plötzlich scheint ...
Sobald der Zweifel das Sich-mit-der-Situation-Abfinden überwunden hat, frisst er sich kontinuierlich weiter in Richtung Destruktivität. In der alten Bude hattest du ja immerhin noch gute Menschen um dich. Oder ruhigere WCs. Oder einen stärkeren Kaffee. Oder einen fruchtigeren Früchtekorb. Oder just mehr Trallala!
Dies ist insbesondere dem Ankommen neuer Mitarbeiter geschuldet, die diesen Prozess katalysatorisch mit ihrem elenden Idealismus befeuern. So. Du bist jetzt glühender Pessimist, zynischer Jäger der Glückseligkeit, Realist mit Hang zu verfrühtem Galgenhumor.
Es ist traditionell die am längsten andauernde Phase.
Gepiesackt von der Vorstellung, verzichtbar zu sein, lässt dein verletztes Arbeitnehmer-Ego den einen dir verfügbaren Blitz des Zorns auf dein Unternehmen darnieder prasseln: den Jagdmodus. Du bläst offiziell zur Jagd auf bessere Zeiten.
Genüsslich führst du dir Heldengeschichten von anderen, grüneren Wiesen zu Gemüte, lässt dir detailliert beschreiben, wie geschmeidig du dich darin einfügen würdest, entdeckst Stellen und Quellen, die dir bislang verborgen waren.
... Es wird spürbar und wirkt greifbar. Deine Lungen füllen sich ob den gesprengten Fesseln mit neuem Mut, neue Ziele lassen dich zweite Luft verspüren ...
... die Gewissheit schlägt die Lethargie in die Flucht ...