Sind «Yahtzee» und «Kniffel» noch modern? Würfeln, die Würfel schlau kombinieren und die dadurch erzielten Punkte einfach aufschreiben, das war gestern. Heutzutage wird angekreuzt, gekritzelt und ausgefüllt: Wer hätte gedacht, dass das im Jahr 2013 zum «Spiel des Jahres» nominierte «Qwixx» einen derart fetten Trend begründen würde und sich diese Art von Spielen wie Lemminge vermehren? Denn seither kommen jedes Jahr zahlreiche neue Titel im sogenannten «Roll 'n' Write»-Genre auf den Markt.
Viele bereits renommierte Spieleautoren versuchen sich daran. Die Spiele werden variantenreicher und komplexer: «Ganz schön clever» war letztes Jahr ja sogar zum «Kennerspiel des Jahres» nominiert. Würfel als Antrieb der Spiele werden mittlerweile auch weggelassen und durch Karten ersetzt.
Diese Spiele sind meistens sehr handlich und preiswert, haben eine kurze Spieldauer und wenig «Downtime», also Wartezeit, weil oft alle gleichzeitig involviert sind. Und man kann die meisten von ihnen problemlos auch solo spielen. Der Nachteil: Die mitgelieferten Notizblöcke verbrauchen sich relativ schnell und man muss dann halt die Zettel kopieren oder Zusatzblöcke nachkaufen. Hier ist eine Auswahl der neuesten Spiele aus dieser Kategorie:
«Doppelt so clever» ist das Nachfolgespiel des letztjährigen Überraschungserfolgs «Ganz schön clever» und klar das komplexeste Spiel in unserer kleinen Auswahl. Die Würfelfarben stehen erneut für verschiedene Kategorien von Möglichkeiten, wie Würfelergebnisse auf dem Notizblock eingetragen werden können. Je nachdem, wo und wie man die Zahlen auswählt und niederschreibt, werden dadurch ganz andere und neue Wertungen ausgelöst.
Dabei gilt es, schlau zu taktieren und zu spekulieren, damit möglichst lukrative und lange Kettenzüge möglich werden. Auch welche Würfel den Gegnern zur Nutzung «auf dem Silbertablett» präsentiert und überlassen werden, ist wichtig. Das Spiel verbraucht sogar noch mehr Hirnschmalz als «Ganz schön clever», ist aber ehrlicherweise auch etwas weniger elegant. Wer diese Art Spiele mag und Abwechslung und neue Herausforderungen möchte, der ist sehr gut bedient.
Von Wolfgang Warsch für 1 bis 4 Spieler ab 8 Jahren; ca. 30 min; Verlag: Schmidt; ca. 15 Franken.
«Dizzle» gefällt mir persönlich besonders gut. Hier muss jeder Spieler jeweils aus einer offenen Auswahl von bis zu 13 gewürfelten Würfeln reihum einen Würfel nehmen und nach bestimmten Regeln auf sein Blatt legen oder aus der Runde aussteigen und passen. Dadurch kann man richtig fies sein und den Gegnern gezielt Würfel wegnehmen, die sie unbedingt brauchen. Meistens werden sowieso von den unbedingt benötigten Zahlen besonders wenige oder gar keine gewürfelt. Die Zahl der auf dem eigenen Notizzettel noch besetzbaren möglichen Felder schrumpft ständig.
Wer sich verspekuliert und keinen passenden Würfel mehr vorfindet, wenn er am Zug ist, kann auch auf volles Risiko gehen und alle Würfel nochmals würfeln, verliert aber ein bereits gesetztes Exemplar, falls nichts Passendes dabei ist. Erreicht man graphische Features auf seinem Blatt wie Bomben, Schlüssellöcher oder Zielflaggen, lösen diese allerlei hitzige Handlungen aus. Das ist sehr vergnüglich und flasht. Es gibt vier verschiedene, nach Schwierigkeit abgestufte Level.
Von Ralf zur Linde für 1 bis 4 Spieler ab 8 Jahren; ca. 20 min; Verlag: Schmidt: ca. 15 Franken.
Auch «Knaster» ist ein Nachfolgespiel, nämlich von «Knister». Und falls du «Knister» nicht kennst, ist das auch egal. Die Regeln sind bubileicht und schnell erklärt: In jeder Runde wird mit zwei Würfeln eine Zahl von 2 bis 12 gewürfelt und jeder Spieler muss diese Zahl gleichzeitig auf seinem Zettel in einem 5 x 5 Raster entweder eintragen oder eine bereits früher eingetragene Zahl derselben Grösse umkreisen. Es gilt dann, in den 5er-Reihen möglichst gute Kombinationen wie Full House, Strasse, Drilling etc. zu erzielen. Dadurch darf man als Belohnung zusätzliche Zahlen umkreisen.
Das Ziel ist, möglichst effizient möglichst viele Kreise zu schaffen. Auch hierbei herrscht das klassische Dilemma: Welche Felder soll ich zuerst verbrauchen? Auf welche weiteren Zahlen spekuliere ich? Sind in einer 5-er-Reihe alle Zahlen umkreist, gibt es Punkte dafür. «Knaster» ist ein kurzweiliger Zeitvertreib für zwischendurch für Risikofreudige. Der Vorteil: Es kann sofort losgespielt werden.
Von Markus Schleininger, Reinhard Staupe und Heinz Wüppen für 1 bis 12 Spieler ab 8 Jahren: ca. 15 min; Verlag: NSV; ca. 12 Franken.
Upps! Nein, nein, dieses Spiel hat sich nicht ungerechtfertigterweise in die Liste geschlichen, auch wenn es darin gar keine Würfel gibt. «Silver & Gold» passt. Hier darf man sogar direkt auf die Spielkarten schreiben, weil sie abwischbar sind. Die Spieler versuchen jeweils möglichst rasch, alle quadratischen Felder auf ihren Schatzinsel-Karten auszufüllen. Dazu werden jeweils Karten aufgedeckt, die unterschiedliche geometrische Figuren zeigen, wie sie von «Tetris» bekannt sind.
Die Spieler müssen nun jeweils entweder quadratische Felder auf ihren Karten abstreichen, die genau der aufgedeckten Form entsprechen, oder genau ein quadratisches Feld, falls sie Pech haben und nichts Entsprechendes mehr vorhanden ist. Vollständig ausgefüllte Inseln geben Punkte. Symbole wie Münzen oder Palmen ermöglichen Zusatzwertungen. Weil in diesem Spiel der Wettstreit ganz besonders wichtig ist, welche Schatzinselkarten und Wertungen man den Mitspielern wegschnappt, gibt es keine Solo-Variante dazu.
Von Phil Walker-Harding für 2 bis 4 Spieler ab 8 Jahren; ca. 20 min; Verlag: NSV; ca. 15 Franken.
Auch hier wurde eine bereits bekannte Spiele-Familie erweitert: «Qwantum» ist nach «Qwixx» und «Qwinto» der dritte Streich einer Serie. Diesmal sind farblich unterschiedliche Zahlen auf den Würfeln angebracht. Während einer Partie trägt man Zahlen in vier waagrechte Reihen ein. Dabei sucht sich der aktive Spieler aus einem Würfelwurf immer die Summe aller Würfel einer Farbe aus, die ihm am passendsten erscheint. Die Zahlen müssen grundsätzlich von links nach rechts eingetragen werden und zunächst in der Reihe aufsteigend, später absteigend.
Gibt es keine gültige Möglichkeit, wird ein Fehlwurf abgestrichen. Ist eine senkrechte Spalte komplett gefüllt, erhält man den zweitniedrigsten Wert dieser Spalte als Punkte gut geschrieben. Sobald ein Spieler alle vier Reihen gefüllt oder fünf Fehlwürfe hat, endet die Partie und es wird abgerechnet: «Qwantum» ist eine weitere Variante des ewigen Wettstreits um Risiko und Wahrscheinlichkeiten. Die Spieldauer ist besonders kurz, was aber nicht heisst, dass man dabei nicht ins gedankliche Schwitzen kommt.
Von Anna Oppolzer, Stefan Kloss und Reinhard Staupe für 2 bis 4 Spieler ab 8 Jahren; ca. 15 min; Verlag: NSV; ca. 11 Franken.
Im Spiel «Second Chance» muss man sogar malen. «Tetris» lässt wieder grüssen und wie bei «Silver & Gold» gibt es keine Würfel. Aufgedeckte Puzzleteile müssen so in den eigenen 9 x 9 Felder grossen Spielplan eingezeichnet werden, dass möglichst keine Lücken entstehen. Es gewinnt, wer zum Schluss am wenigsten freie Felder hat. In jeder Runde werden dazu zufällig zwei Karten mit geometrischen Formen aufgedeckt. Von diesen darf sich jeder eine Form aussuchen, um sie in seinen Spielplan einzuzeichnen. Die Teile dürfen dabei gedreht, gespiegelt, vereinzelt oder angrenzend gezeichnet werden.
Der Titel «Second Chance» bezieht sich darauf, dass man jeweils eine weitere Karte nur für sich aufdecken darf, wenn keine der anderen beiden Karten passt. Das erzeugt jeweils einen kurzen, fiebrigen Spannungsmoment. Wer die Chance als zu klein sieht, um weiterzumalen, kann jederzeit aus dem Spiel aussteigen. Das Spiel hat einen meditativen Touch. Wer sich sowieso gern mit «mölele» ablenkt, kann dies nun im Wettstreit mit anderen tun.
Von Uwe Rosenberg für 1 bis 6 Spieler ab 8 Jahren; 10 bis 15 min; Verlag: Pegasus/Edition Spielwiese; ca. 16 Franken.
Die Reihe «Penny Papers» versucht, die doch sehr, sehr abstrakte Mechanik von «Roll 'n' Write»-Spielen in thematische Geschichten zu verpacken. Drei Titel sind erschienen, in denen es immer darum geht, die Helden Penny Papers und Dakota Smith auf Schatzsuchen zu begleiten. Jeder Mitspieler hat dafür jeweils einen einer Schatzkarte nachempfundenen «Abenteuerplan» zur Verfügung. Das Ganze ist recht interaktiv, weil die Gegner auf dem eigenen Zettel immer mal wieder herumpfuschen dürfen.
Die Basis-Mechanismen sind bekannt: Es werden Würfel mit Zahlen und Symbolen geworfen, die Spieler suchen sich Würfel aus und versuchen, die Felder auf ihren Plänen damit möglichst clever auszufüllen. Die einzelnen Spiele sind unterschiedlich komplex. Im «Tempel von Apikhabou» geht es darum, Mumien zu neutralisieren. Auf der «Totenkopfinsel» sollen Gefahren umschifft werden und «im Tal des Wiraqucha» werden auf dem Plan Bauwerke wie Hütten, Statuen und Minen geschickt platziert.
Von Henry Kermarrec, für 1 bis beliebig viele Spieler. Verlag: Pegasus, je ca. 15 Franken. «Im Tempel von Apikhabou»: ab 7 Jahren; ca. 15 min; «Die Totenkopfinsel»; ab 8 Jahren; ca. 20 min; «Im Tal des Wiraqucha»; ab 9 Jahren, ca. 25 min.