5 Tricks fürs erfolgreiche Einschmieren von Kleinkindern mit Sonnencreme
Sonnencreme ist nicht nur der Feind der Schwurbler, jene schmierige, hautnahe Aufdrängung der Klimalüge ist auch der Feind der Kinder. Da gibt's sowieso auffallende Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Gruppen; Verbindungslinien, auf denen die Vertreter:innen der einen ins Lager der anderen hinüberwechseln, ohne dass jemand den Unterschied merkt.
Beide stellen unablässig die Frage «Warum?» und verstehen dann die Antwort falsch. Und beide halten Trotz für die angemessene Verhaltensform, auf das Leben und seine Herausforderungen zu reagieren.
Verbunden über die Stränge einer eigenwilligen Logik, streben sie seiltänzelnd vorwärts, immer mal wieder ein Delirium furiosum erlebend, manchmal wegen der Spaghetti, die geschnitten wurden, manchmal wegen der Spaghetti, die nicht geschnitten wurden, manchmal wegen der Spaghetti, aber immer, absolut immer wegen der Sonnencreme. Und dann fallen sie herunter vor lauter Wut, fallen von ihren verdrillten Tauen auf den harten Boden der Realität, dessen Härtegrad sich auch im Falle einer flachen Erde nicht verringert.
Und dort erwart ich sie. Fang sie auf und schmier sie ein. Also die Kinder, nicht die Schwurbler.
Nur, wie mach ich das?
Trick 1: Fesseln
Das physische Festschnüren von Kindern ist umstritten, weil man doch eher schlecht an die Hautstellen kommt, die sich unter dem festgezurrten Seil befinden. Und bei allzu laxer Bindearbeit besteht die Gefahr einer siegreichen Gegenwehr.
Alles in allem 2 von 5 Punkten.
Trick 2: Das Spiel
Wer die schnöde Realität in ein verheissungsvolles Spiel zu verwandeln versteht, hat schon gewonnen. Was er dabei jedoch verliert, ist Zeit, sehr viel davon. Und umso mehr, je ausgefeilter das Spiel. Je nach Vorliebe des Kindes gibt es verschiedene Szenarien, allerdings würd ich in jedem Fall einen Notfall empfehlen. Kleine Kinder lieben Notfälle, immer ist alles ein Notfall, sie kennen keine andere Zeit als die Dringlichkeit, alles muss sofort sein, jede verlebte Minute wird sofort wieder vergessen und das Morgen ist ein Ort, der sie immer nur hässig macht, weil er nicht das Jetzt ist.
Und weil es nichts gibt, was akuter wäre, nichts, was intensiver wäre und mehr sofortige Handlungspflicht verlangt, ist so eine Notlage der direkteste Weg in die Kinderseele. Und damit zu eingecremter Haut.
Notlandung mit dem Flugzeug
Die Vorbereitung:
Du brauchst dafür eine Wasserrutsche oder einfach eine reissfeste Kunststoff-Folie, die du im heimischen Garten oder Innenhof, bestenfalls einfach auf einem Stücklein Rasen ausbreiten kannst. Schmier sie grosszügig mit der Sonnencreme deines Vertrauens ein.
Die Inszenierung:
Wie glaubwürdig deine Flugzeugabsturz-Inszenierung ausfällt, ist natürlich abhängig von deinen Reenactor-Skills und der Reichweite deiner schöpferischen Willenskraft. Ob du also ein paar Küchenstühle flugzeugmässig anordnest oder gleich selbst ein Flugzeug baust, sei dir überlassen. Wie viel Hintergrundgeschichte du mitliefern willst, ebenfalls.
Nach getaner Arbeit weise deine Zielobjekte an, auf ihren Sitzen Platz zu nehmen und rufe dann «NOTFALL», wahlweise auch «MAYDAY»*, das alles mit möglichst unprofessionell unterdrückter Verzweiflung – wir streben hier schliesslich den Panikmodus an – und einer schier überbordenden, aber bitte klar verständlichen Cockpit-Stimme: «ALLE SOFORT RAUS AUF DIE RUTSCHE, DAS FLUGZEUG STÜRZT AB, LOS, LOS, LOS!»
Das Ergebnis:
So – einfach in eingestrichen statt nass, aber mit ebenjenem Gesicht.
Trick 3: Die fabelhafte Wahrheit
Was sie können, kannst du schon lange – also verdrehe die Wahrheit etwas, forme daraus eine Geschichte, eine plausible kleine Fabel, schlage sie mit ihren eigenen Waffen:
Du: Kennst du Albert?
Kind: Nein.
Du: Nicht?! Solltest du aber. Er wird nämlich kommen. Er wird kommen und dich mit seinen fiesen Scheren kneifen.
Kind: Tut das weh?
Du: Ja.
Kind: Wer ist Albert?
Du: Ein Krebs.
Kind: Und wie sieht er aus?
Du: So:
Kind: Und warum kneift er mich?
Du: Weil er böse ist. Und weil du dich nicht eingeschmiert hast. Er weiss ganz genau, welche Kinder nicht eingeschmiert sind. Er muss das wissen, weil er von den anderen immer gleich abrutscht – und sie nicht kneifen kann.
Kind: Warum?
Du: Weil die Sonnencreme so schmierig ist, da findet er keinen Halt.
Kind: Ich will auch Sonnencreme, bytthe, Muttern, fette mich alsbald mit diesem wunderthuenden Fluide ein, auf dass mir kein Krebse etwas zuleide werken kann. In ewiger Dankbarkeit, dein Kinde.
ENDE.
Trick 4: Die hässliche Wahrheit
Wenn Albert versagt, dann muss die Wahrheit her. Ich zeig dann gern meine Narbe am Oberarm. Hier, guck, da war einmal ein malignes Melanom, das ist genau so böse, wie es klingt. Es kneift nicht wie Albert, es frisst sich gleich in die Haut rein und richtet dort immensen Schaden an.
Die Sonne ist, wie alles, gut und böse zugleich. Wir sterben, wenn wir zu wenig davon haben und wir sterben, wenn wir zu viel davon haben. Und im Dazwischen ermöglicht sie unser Dasein.
Das wir stets mit Sonnencreme beginnen sollten.
LG F. Nietzsche
Trick 5: Der Wink mit dem Zaunpfahl
Als letzter Ausweg dient der Spaziergang auf dem Friedhof.
Sohn schweigt.
«Menschen, die sich nicht eingecremt haben.»
Simpel und wirkungsvoll.
Und pädagogisch fragwürdig. So wie die Süssigkeiten, die du ihnen am Ende anbietest. Nachdem du die Sonnencreme aus dem Fenster geschmissen und geschrien hast: «MACHET'S DOCH SÄLBER, GOPFERTAMMINOMOL!» Und nachdem du sie mitsamt deiner ramponierten Würde auf dem Weg nach Canossa wieder geholt hast. Um dann, finalmente, die Fizzers, PEZ und Kinder-Schoko-Bons kauenden Knirpse auf bussfertigste Weise einzubalsamieren.
*Die Verwendung von «Mayday» bei nicht internationalen Kindern kann verwirrend sein, ich fragte mich als mehr oder minder kleines Mädchen, warum im Flugzeug bloss immer alle Mayday heissen. (Und heute frag ich mich, wie viele Flugzeugabsturzfilme ich gesehen haben muss, um darauf zu kommen.)