Donnerstagmitternacht schloss das Transferfenster für die meisten europäischen Ligen. Wieder einmal wurden mehrere Milliarden Euro für neue Spieler investiert. Es sind Summen, die Fussballfans gar nicht mehr schocken. Weil sie sich daran gewöhnt haben. Was aber verwundert, ist, für wen mittlerweile Millionenbeträge im hohen zweistelligen Bereich fällig sind.
Für Antony, der zu Manchester United gewechselt ist, könnte Ajax mit Bonuszahlungen bis zu 100 Millionen Euro kassieren. Leicester verdient an Wesley Fofana über 80 Millionen, für Alexander Isak, der von Real Sociedad zu Newcastle transferiert wurde, sind 70 Millionen Euro fällig. Es sind Fussballer, die dem breiten Fussballpublikum weniger bekannt sind. Fussballer, die laut «Transfermarkt» einen Marktwert weit unter den nun gezahlten Ablösesummen haben.
Anders als Eden Hazard und Antoine Griezmann, die 2019 für dreistellige Millionensummen wechselten, aber auch über Marktwerte von 150 bzw. 130 Millionen verfügten. Doch was liess die Preise der «zweiten Garde» in den letzten Jahren und vor allem in diesem Sommer so explodieren? Ein Erklärungsversuch.
Auch im Fussball gilt: Der Markt bestimmt den Preis. In diesem Sommer fehlten die absoluten Topstars auf dem Markt. Natürlich: Robert Lewandowski sowie Sadio Mané wechselten zu Barcelona bzw. Bayern. Aber durch ihr Alter gehören sie nicht mehr zu den wertvollsten Spielern der Welt. Zudem verfügten sie nur noch über ein Jahr Vertrag bei ihren früheren Klubs.
Von den 25 Profis mit den gemäss «Transfermarkt» höchsten Marktwerten, wechselte nur einer den Verein: Erling Haaland. Und der Norweger war aufgrund seiner Ausstiegsklausel ein Ausnahmefall. So konnte Manchester City ihn für 60 Millionen Euro verpflichten. Andernfalls wäre für den 22-Jährigen (Marktwert 150 Mio. Euro) eine deutlich höhere Summe fällig gewesen.
Weil Kylian Mbappé (160 Mio. Euro) mit PSG verlängerte, war auch der zweite Superstar der jüngeren Generation schnell vom Markt. So machten sich die Topklubs – allen voran die englischen – auf die Jagd nach Alternativen. Und trieben ihre Angebote gegenseitig in die Höhe. Wie beispielsweise Chelsea und Manchester City im Fall von Marc Cucurella (28 Mio. Euro). Für den Linksverteidiger bezahlten die «Blues» am Ende über 65 Millionen an Brighton.
Weil Trainer wie Pep Guardiola, Jürgen Klopp oder auch Thomas Tuchel und Erik ten Hag klare Vorstellungen davon haben, welche Spieler sie für ihr jeweiliges System brauchen, ist auch die Auswahl an potenziellen Zielen begrenzt. Vor allem die Nachfrage nach jungen, schnellen und spielstarken Talenten ist besonders gross. Dies sorgt für eine zusätzliche Verknappung des Angebots.
So geschehen beispielsweise auch bei Alexander Isak (30 Mio. Euro). Der Schwede ähnele laut «The Athletic» Newcastle-Stürmer Callum Wilson. Weil dieser sich verletzte und bereits 30 Jahre alt ist, wollte Trainer Eddie Howe kurzfristig noch Verstärkung für den Angriff holen und gleichzeitig für die Zukunft vorsorgen. Aufgrund mangelnder Alternativen landete Newcastle schnell bei Isak. So bezahlten die «Magpies» 70 Millionen Euro für einen Stürmer, der in der letzten Saison sechs Tore in 32 Spielen erzielte.
Ein offensichtlicher Grund ist auch, dass die Topklubs – auch hier vor allem die englischen – über genügend Geld verfügen, um sich die Spieler zu holen, die sie wollen. Der Preis ist dabei zweitrangig. Das wissen auch die anderen Vereine. Beispielsweise Ajax Amsterdam, das in Lisandro Martinez und Antony gleich zwei Spieler an Manchester United verlor.
Vor allem die Verhandlungen bei Letzterem zogen sich in die Länge und erst kurz vor Ende des Transferfensters wurde eine Einigung erzielt. Dies, weil die «Red Devils» dann eben doch den Preis bezahlten, den Ajax von Beginn weg verlangte. Die Niederländer beharrten auf einer dreistelligen Millionensumme, lehnten mehrere Angebote aus Manchester ab und bekamen am Ende eine Ablöse von 95 Millionen Euro, die mit Bonuszahlungen auf bis zu 100 Mio. Euro steigen könnte.
Die langfristigen Verträge, welche viele der nun transferierten Spieler bei ihren alten Klubs noch hatten, spielten ebenfalls eine entscheidende Rolle. Isak hatte erst vor einem Jahr bei Real Sociedad bis 2026 verlängert, Antonys Vertrag war noch bis 2025 gültig und Fofana hätte gar noch bis 2027 bei Leicester unter Vertrag gestanden. Die Aussicht auf einen ablösefreien Wechsel waren also noch in weiter Ferne. Und die Vereine der Spieler hatten alle Zügel in der Hand.
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— Chelsea FC (@ChelseaFC) August 31, 2022
Das unterscheidet diese Spieler von einem Manuel Akanji (30 Mio. Euro) oder auch einem Wilfried Gnonto (10 Mio. Euro). Beide standen nur noch bis 2023 unter Vertrag. Borussia Dortmund und dem FC Zürich lief also die Zeit davon. Bereits im Winter hätten die Spieler und ihre Berater über einen ablösefreien Wechsel nach Ablauf des Arbeitspapiers verhandeln können. So sahen sich die Klubs gezwungen, ihre Spieler für weniger Geld ziehen zu lassen, als erhofft.
Bei Akanji waren es rund 17,5 Millionen Euro statt der zu Beginn gefragten 25 bis 30 Millionen. Bei Gnonto waren es gar nur 4,5 Millionen Euro, obwohl FCZ-Präsident Ancillo Canepa auf eine zweistellige Millionensumme hoffte. Für Canepa könnte sich der Deal allerdings doch noch lohnen. Durch Bonuszahlungen und eine zugesicherte Weiterverkaufssumme könnte die Ablöse noch deutlich steigen.
Das "breite Fussballpublikum" besteht inzwischen halt auch aus vielen Eventgängern. Hat man auf die Schweiz bezogen ja gut gesehen mit Balotelli. Man will wieder mal ins Stadion, aber eigentlich nur wegen ihm.
Darf man.
Habs auch im Pub oft beobachtet, wenn ein Klassiker anstand und es voll war: viele jubeln eigentlich nur noch mit ohne was gesehen zu haben, denn das Spiel ist zweitrangig.
Aber auch das darf man. :)
Ob man das dann noch Publikum nennen kann, ist eine andere Frage. ;)