Die Corona-Saison 2020/21 ist das Ende einer Ära: Bislang machten im 21. Jahrhundert stets die gleichen vier Klubs den Schweizer Meistertitel unter sich aus: Der SC Bern (6 Titel), der HC Davos (6 Titel), die ZSC Lions (6 Titel) und der HC Lugano (2 Titel).
Mit dem Halbfinal-Aus der ZSC Lions werden die «Big Four» nun entthront. Während Qualisieger Zug gegen die Rapperswil-Jona Lakers den ersten Matchpuck vergeben hat und nachsitzen muss, steht Servette nach einem unerwarteten Sweep gegen den ZSC bereits im Playoff-Final. Für die Genfer ist es nach 2008 und 2010 die dritte Final-Teilnahme und vieles spricht dafür, als könnten die «Grenats» in diesem Jahr zum ersten Mal in der Klubgeschichte und als erstes welsches Team in der Playoff-Historie gar den Titel holen.
Zwei Spieler ragen bei Servette in diesen Playoffs bislang heraus: «Verteidigungsminister» Henrik Tömmernes und «Schillerfalter» Linus Omark. Tömmernes, der ruhige und robuste Servette-Spielmacher, ist mit vier Toren und sieben Assists derzeit Leader in der Playoff-Skorerwertung. Knapp dahinter folgt Künstler Omark (1 Tor/9 Assists) auf Rang 2. Der Schwede, der schon in der Regular Season überzeugen konnte, blüht in den Playoffs so richtig auf und strotzt nur so vor Spielfreude und Selbstvertrauen.
🤪Auf diesen Move kommt nur Linus Omark! @Limpanomark @officialGSHC pic.twitter.com/JsoqQKye1H
— MySportsCH (@MySports_CH) April 25, 2021
Mit dem Kanadier Daniel Winnik kann Servette zudem noch auf einen weiteren, starken Skorer bauen. Drei Tore und fünf Assists hat er in diesen Playoffs bereits gesammelt. Wie Omark und Tömmernes kann auch er in den entscheidenden Momenten mit einem Geniestreich den Unterschied machen. Und dann ist da noch Eric Fehr: Der 35-jährige Ex-NHL-Hüne ist zwar nicht mehr besonders schnell und wendig, mit seiner Spielintelligenz und seiner Körperlichkeit aber trotzdem ungemein wichtig für Servette.
Die Zusammenstellung der vier Ausländer geht noch auf das Konto von Chris McSorley. Als Trainer hatte das kanadische Urgestein seinen Zenit in Genf schon ein paar Jahre überschritten, als Sportchef legte er mit dem perfekt aufeinander abgestimmten Ausländer-Quartett aber noch den Grundstein für die vielleicht bevorstehende Titel-Erlösung.
Doch nicht nur bei den Ausländern ist Servette hervorragend besetzt, auch sonst ist die Kadertiefe beeindruckend. Mit Tanner Richard, Arnaud Jacquemet, Jonathan Mercier und Noah Rod verfügen die Genfer über vier erfahrene Leitwölfe. Hinzu kommen mit Mathieu Vouillamoz, Roger Karrer und Simon Le Coultre junge, hungrige Talente.
Der neue Sportchef Marc Gautschi wickelte mit dem Rivalen Lausanne im Sommer zudem zwei komplexe Tauschgeschäfte ab, die Servette die starken Stürmer Joël Vermin und Tyler Moy bescherten. Die «Grenats» verfügen so plötzlich über drei produktive Linien und sind anders als bei ihren ersten beiden Finalteilnahmen nicht mehr auf Gedeih und Verderb ihrer Toplinie ausgeliefert.
Schon 2019 übernahm Patrick Emond den Trainerposten bei Servette vom ewigen McSorley. Der längst fällige Wechsel erwies sich schnell als goldrichtig. Schon in seiner ersten Saison impfte der langjährige Juniorentrainer seinem Team eine klare taktische Ausrichtung ein, die schnell verinnerlicht wurde.
Emond lässt ein erfrischendes, modernes Offensiv-Hockey spielen. Er setzt auf eine körperbetonte Spielweise und fordert von seinen Spielern viel Disziplin, gibt ihnen auf dem Eis aber auch gewisse Freiheiten. So wird das Servette-Spiel flexibler und unberechenbarer.
Im Halbfinal gegen den ZSC und auch schon gegen Fribourg fiel auf, wie gut Servette die eigene Zone abschirmte und die gegnerischen Stürmer so zu Abschlüssen aus ungefährlichen Positionen zwang. Zudem kassierte Servette vor allem in den wichtigen Momenten kaum Strafen.
Es war für Servette eine echte Hiobsbotschaft, als Stammgoalie Gauthier Descloux im vierten Spiel der Viertelfinal-Serie gegen Fribourg verletzt ausfiel und unter Tränen das Eis verliess. Der 24-jährige Freiburger, der im Sommer nach dem Abgang von Robert Mayer zur neuen Nummer 1 wurde, entwickelte sich in dieser Saison zum absoluten Leistungsträger. In der Qualifikation war er mit einer Fangquote von 92,72 Prozent der statistisch drittbeste Torhüter der Liga.
Für Descloux durfte Daniel Manzato einspringen und der 37-jährige Wandervogel, für den Servette schon seine siebte NL-Station ist, tat, was keiner von ihm erwartet hatte. Er blieb ruhig und hielt Schüsse – und zwar fast alle: 134 von 137, die auf seinen Kasten kamen. Mit einer Fangquote von 97,81 Prozent und nur 0,61 Gegentoren pro Spiel hat er die besten Statistik-Werte aller Playoff-Keeper.
Das ist keine Selbstverständlichkeit: Manzato ist in der Tradition herausragender Schweizer Hockey-Goalies kein grosser Name. Vier WM-Teilnahmen ohne eine Minute Eiszeit, 33 Partien in der zweitklassigen nordamerikanischen AHL, und 19 Einsätze in den NL-Playoffs hatte er vor seinem unverhofften letzten Hurra absolviert.
Sein Erfolgsgeheimnis kennt er selbst nicht so genau: «Ich versuche, mich auf meine Leistung zu konzentrieren», erklärte Manzato vor dem dritten Sieg gegen den ZSC. «Auf ein Maximum an Qualität in meinen Aktionen, nicht auf Gegentore oder Niederlagen.» Der Routinier will «profitieren und geniessen». Schliesslich sei er dem Ende seiner Karriere näher als dem Anfang.
Bei der Analyse fehlt meiner Meinung nach das Power und Boxplay, die oft den Unterschied ausmachten.
Sonst sehe ich es ähnlich.
Für Genf bleibt zu hoffen, dass sich Tömmernes nicht verletzt. Er machte des Öfteren den Unterschied.