Die beste Zeit des Eishockey-Jahres ist da: die Playoff-Zeit. Heute beginnen die Viertelfinal-Serien zwischen den ZSC Lions und Biel sowie Fribourg-Gottéron und Lugano. Am Sonntag starten dann die Duelle zwischen Davos und Lausanne sowie Zug und Bern. Vor dem ersten Bully analysieren wir die Stärkeverhältnisse in den jeweiligen Paarungen.
Die ZSC Lions waren die torgefährlichste Mannschaft der Regular Season. Pro 60 Minuten bei nummerischer Gleichzahl schossen die Zürcher fast drei Tore. Da war Biel dieses Jahr mit 2,3 Toren pro 60 Minuten deutlich schwächer. Auch in den vier Direktduellen schossen die Lions mehr Tore als ihr Viertelfinalgegner.
Die Verteidigung von Biel gehörte in dieser Saison zu den besseren der National League. Pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey liessen sie nur Chancen für 2,49 Gegentore zu. Aber auch hier sind die ZSC Lions noch einmal besser einzuschätzen. Mit 2,06 Expected Goals Against pro 60 Minuten sind sie abermals Ligaspitze.
Wer viele Tore macht und gut verteidigt, der kontrolliert natürlich auch das Spiel zumeist gut. Der ZSC hat in seinen Spielen durchschnittlich 58,75 Prozent der Chancen auf seiner Seite. Biel ist mit 51,52 Prozent immer noch positiv, aber klar hinter den Lions. In den Direktduellen konnten die Seeländer in den eigenen Heimspielen mit den Zürchern mithalten, in Zürich waren sie aber zwei Mal chancenlos.
In der Offensive ist Biel stark davon abhängig, dass es seine Stärken nach schnellen Gegenstössen ausspielen kann. Nach Forecheck oder längerem Scheibenbesitz in der offensiven Zone kommen sie nicht oft zu gefährlichen Chancen. Das Problem: Die Lions verteidigen diese Rush-Szenarien sehr gut. Gleiches gilt auch umgekehrt für Biel. Aber auch hier gibt es ein Problem für die Seeländer: Der ZSC kann nicht nur schnelle Gegenstösse, sondern ist auch sehr gefährlich, wenn er sich in der Zone installieren kann.
Für die Konkurrenz ist es natürlich etwas frustrierend, wenn hinter der besten Verteidigung der Liga auch noch einer der besten Torhüter spielt. Doch genau das ist beim ZSC mit Simon Hrubec der Fall. Allerdings: Auch Biel muss sich mit Harri Säteri und Ersatzmann Joren van Pottelberghe nicht verstecken. Punkt für beide.
Das Powerplay der ZSC Lions (21,88 Prozent Erfolgsquote) ist gut. Nicht überragend, aber halt immer noch ein gutes Stück besser als das Überzahlspiel von Biel (17,72 Prozent). Beim Unterzahlspiel sieht es ähnlich aus. Die Zürcher überstehen 83,69 Prozent ihrer Strafen ohne Gegentor, Biel steht bei 79,35 Prozent.
Marc Crawford bringt Erfahrung aus 20 Jahren als Coach in der NHL mit. Er ist Stanley-Cup-Sieger und mit den ZSC Lions auch schon Schweizer Meister. Martin Steinegger hat als Feuerwehrmann Biel immerhin bis in die Playoffs gecoacht. Kann er auch Trainerlegende Crawford austricksen? Die Erfahrung spricht gegen ihn.
Die ZSC Lions haben sieben ihrer letzten zehn Spiele gewonnen. Allerdings ist der letzte Ernstkampf seit dem Ende der Regular Season auch schon eine Weile her. Biel dagegen hat zwei Play-In-Duelle gewonnen und nun nichts mehr zu verlieren. Ihre verkorkste Saison ist bereits gerettet. Und sind die Zürcher zu Beginn der Serie noch etwas träge, können sie vielleicht überrascht werden.
Auf dem Papier spricht wenig bis gar nichts für den EHC Biel. Das ist nicht weiter überraschend. Die Seeländer haben eine enttäuschende Saison hinter sich und treffen nun im Viertelfinal auf das beste Team der Saison. Die ZSC Lions sind in allen Belangen das bessere Team. Die einzige Chance der Seeländer ist, dass sie den Schwung aus den Play-Ins gleich mitnehmen und die nach einer langen Pause vielleicht noch nicht ganz bereiten Zürcher überrumpeln können.
Fribourg-Gottéron hat bei nummerischer Gleichzahl in dieser Saison 2,88 Tore pro 60 Minuten geschossen – das ist der drittbeste Wert der Liga. Nicht weit dahinter ist allerdings auch Lugano zu finden. Mit 2,86 Toren pro 60 Minuten ist der Unterschied kaum der Rede wert. Punkt für beide.
Der HCFG ist ein defensives Spitzenteam der Liga. Die 2,33 Expected Goals, die sie pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey zulassen, sind der drittbeste Wert der Liga. Lugano (2,64 Expected Goals Against) ist deutlich weiter hinten zu finden.
Lugano lässt zwar mehr gegnerische Chancen zu als Gottéron, die Tessiner kreieren selbst aber auch mehr Torchancen. Das hat zur Folge, dass sie insgesamt ihre Spiele grundsätzlich besser kontrollieren als Fribourg. In den Direktduellen hatte Lugano zudem auch drei von vier Mal mehr vom Spiel.
Der HC Lugano ist besonders bei schnellen Angriffen (Rushes) gefährlich, oder auch, wenn er sich eine gewisse Zeit in der gegnerischen Zone installieren kann. Beides sind Szenarien, die Gottéron überdurchschnittlich gut verteidigt. Fribourg selbst ist in den Rush-Szenarien am gefährlichsten, und dort hat Lugano in der Verteidigung seine grösste Schwäche.
Insgesamt hat Fribourg-Gottéron mit Reto Berra den besten Goalie dieses Duells auf seiner Seite. Doch sollte sich der 37-Jährige verletzen, stünde plötzlich der eher unerfahrene Bryan Rüegger zwischen den Pfosten. Lugano hat den Vorteil, auf zwei gestandene Torhüter setzen zu können. Mikko Koskinen und Niklas Schlegel fehlte es in dieser Saison an Konstanz, doch beide haben phasenweise bewiesen, dass sie heiss laufen können. Punkt für beide.
Eine klare Sache: Fribourg-Gottéron hat das beste Powerplay (24,42 %) und das viertbeste Unterzahlspiel (83,33 %) der Liga. Bei Lugano sind dagegen sowohl Powerplay (16,57 %) als auch Unterzahlspiel (77,03 %) schon lange eine Problemzone.
Luganos Luca Gianinazzi ist erst in seiner zweiten Saison als Cheftrainer, dementsprechend hält sich seine Erfahrung – vor allem auch in den Playoffs – noch in Grenzen. Etwas mehr Coaching-Erfahrung bringt Fribourgs Christian Dubé mit, der das Cheftrainer-Amt seit 2019 innehat. In den Playoffs hat er bislang aber auch nur eine Serie gewonnen.
Wie hat Fribourg die lange Pause seit dem Ende der Regular Season verdaut? Davor haben die Drachen sechs der letzten zehn Spiele gewonnen. Luganos Form zum Ende der Regular Season hin war hingegen extrem schwach. Die Südtessiner verspielten die direkte Playoff-Qualifikation im Schlussspurt. Doch der Derby-Sieg in den Play-Ins gegen Ambri hat sicher wieder etwas Schwung gegeben. Trotzdem geht dieser Punkt an Fribourg.
Kann Lugano mit seiner starken Offensive die ebenfalls bärenstarke Freiburger Defensive überrumpeln? Dann haben die Tessiner in dieser Serie eine Chance. Wenn hingegen diszipliniert und strukturiert gespielt wird, dann liegen die Vorteile auf Seiten von Gottéron. Apropos Disziplin: Lugano darf keine unnötigen Strafen nehmen, die werden von Fribourg sofort bestraft.
Beide Mannschaften sind bei der Torproduktion in der oberen Tabellenhälfte zu finden, mit nur geringen Unterschieden. Lausanne erzielt pro 60 Minuten bei nummerischem Gleichstand 2,87 Tore, bei Davos sind es 2,82. Punkt für beide.
Der HCD stellt nach den ZSC Lions die zweitbeste Verteidigung der Liga. Die Bündner lassen pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey Chancen für nur 2,31 Gegentore zu. Da ist Lausanne mit 2,53 Expected Goals Against in der eigenen Zone etwas anfälliger.
Während Davos gut verteidigt, spielt sich Lausanne extrem viele Chancen heraus. Geht es nach Expected Goals haben die Waadtländer die gefährlichste Offensive der Liga. Dass das nicht immer in Tore umgemünzt werden kann, haben wir beim zweiten Punkt gesehen. Trotzdem hat das zur Folge, dass der LHC in seinen Spielen durchschnittlich mehr als 55 Prozent der Torchancen auf seiner Seite hat. Auch in den Direktduellen war Lausanne in drei von vier Spielen überlegen.
Hier wird es interessant: Lausanne ist als offensiver Dreizack in allen Situationen gefährlich. Da Davos aber sowohl schnelle Gegenstösse als auch Forecheck-Situationen herausragend verteidigt, haben die Waadtländer wohl die grössten Erfolgschancen, wenn sie sich länger in der Zone der Bündner installieren können. Der HCD ist selbst am gefährlichsten nach anhaltendem Scheibenbesitz und damit hat Lausanne etwas Mühe. Aufgrund der Vielseitigkeit der eigenen Stürmer geht dieser Punkt an Lausanne.
Aufgrund von Verletzungen auf der Goalieposition musste Lausanne diese Saison Kevin Pasche ins kalte Wasser schmeissen. Doch der 21-Jährige meisterte diese Aufgabe mit Bravour, verdrängte am Ende Ivars Punnenovs und bildet seither mit Connor Hughes ein bärenstarkes Goalie-Duo. Auf ein solches kann Davos mit Sandro Aeschlimann und Gilles Senn ebenfalls zählen. Kein Wunder wurde jedes Spiel zwischen diesen Teams mit nur einem Tor Unterschied entschieden.
Kurios: Die starke Offensive von Lausanne stellt das zweitschwächste Powerplay (15,53 %) der Liga – nur Zug ist noch schlechter in Überzahl. Der HCD ist mit einer Erfolgsquote von 22,14 Prozent in Überzahl deutlich gefährlicher. Dieses Manko kann Lausanne insofern etwas kompensieren, als es das beste Unterzahlspiel (85,99 %) der Liga stellt. Hier zieht Davos den Kürzeren (81,25 %).
Etwas verbindet Lausannes Geoff Ward und Davos-Trainer Josh Holden: Die grösste Zeit ihrer bisherigen Coaching-Karriere haben sie als Assistent verbracht. Ward holte als Assistent in Boston den Stanley Cup, Holden gewann als Assistent in Zug gleich zwei Meistertitel. In seiner ersten Saison als Chef hat er Davos zudem zum Spengler-Cup-Sieg geführt. Ward hat mehr Erfahrung, aber Holden kennt das Schweizer Hockey besser. Punkt für beide.
Lausanne hat im Schlussspurt der Saison sechs von zehn Spielen gewonnen – eines davon gegen Davos. Der HCD war mit acht Siegen aus zehn Spielen noch etwas besser und schaffte es gar noch, Lugano in die Play-Ins zu stürzen.
Jedes Spiel zwischen Lausanne und Davos in der Regular Season endete mit nur einem Tor Unterschied. Vieles deutet also auch auf eine spannende Viertelfinal-Serie hin. Dafür muss es Davos gelingen, mit seiner starken Verteidigung, die geballte Offensivkraft Lausannes auszubremsen.
Der EVZ ist das Team, das beim Toreschiessen Ligakrösus ZSC am nächsten kommt. Die Zuger erzielen pro 60 Minuten Eishockey bei nummerischem Gleichstand 2,91 Tore. Da kann der SCB mit 2,47 Toren nicht mithalten.
Hier sind beide Mannschaften im Mittelfeld der National League zu finden. Zug lässt pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey Chancen für 2,57 Gegentore zu. Bern ist mit 2,53 Expected Goals Against nur hauchdünn besser. Punkt für beide.
Weil die Zuger offensiv eine der besseren Mannschaften der Liga sind kontrollieren sie trotz einer eher schwächeren Verteidigung in ihren Spielen die Mehrheit der Chancen. Der SC Bern ist in dieser Hinsicht hingegen eines der schwächsten Teams der Liga. Nur das Keller-Quartett mit Rapperswil, Kloten, Langnau und Ajoie ist noch schwächer. In den Direktduellen hatten beide Teams je zweimal das Chancenplus auf der eigenen Seite.
Zug ist nach Forechecking in der gegnerischen Zone besonders gefährlich, und bislang hatte der SCB diese Saison grosse Mühe, diese Situationen effektiv zu verteidigen. Der EVZ kann auch nach schnellen Gegenstössen gefährlich sein, dieses Szenario hat Bern aber etwas besser im Griff. Bei den Bernern gibt es kein Angriffs-Szenario, das sich als besonders stark herauskristallisiert. Gegen Zug am erfolgversprechendsten wäre indes ein aggressives Forechecking.
Zug hat den besten Goalie in diesem Duell und es ist nicht knapp. Leonardo Genoni hat bewiesen, dass er auch hinter der unerwartet löchrigen Zuger Abwehr bestehen kann. Berns Adam Reideborn hat die Saison stark begonnen, konnte das aber nicht konstant durchziehen. Die Frage ist, ob Trainer Jussi Tapola nicht eher auf Philip Wüthrich setzt.
Einer der seltenen Punkte für den SCB. Die Berner haben mit einer Effizienz von 20,57 Prozent ein ordentliches Powerplay, während jenes des EVZ unterirdisch ist (15,44 %). Im Unterzahlspiel sind beide Teams ähnlich gut – Zug übersteht 82,27 Prozent der eigenen Strafen schadlos, Bern 82,20 Prozent.
Beide Trainer sind hochdekoriert. Berns Jussi Tapola gewann in Finnland schon vier Meistertitel und zudem einmal die Champions Hockey League. Dan Tangnes wurde mit Zug zwei Mal in Serie Meister und stand ein weiteres Mal im Final. Da Zugs Saison mit dem Absturz auf Rang vier eher enttäuschend verlief und Tapola insgesamt mehr Titel gewonnen hat, geben wir diesen Punkt dem SCB.
Die Form des SCB zum Abschluss der Regular Season war nicht berauschend. Die Mannschaft von Jussi Tapola gewann exakt die Hälfte ihrer letzten zehn Spielen. Dass es noch schlechter geht, beweist der EVZ spektakulär: Die Zentralschweizer haben von den letzten zehn Spielen nur eines gewonnen.
Die wichtigste Frage wird sein: Hat es der EVZ geschafft, in der Pause zwischen dem Ende der Regular Season und dem Start der Playoffs aus der Negativspirale zu finden. Auf dem Papier wären die Zuger gegen Bern eigentlich Favorit – sie sind offensiv besser, defensiv auf Augenhöhe und haben den besseren Goalie. Doch das nützt alles nichts, wenn man die Pferdestärken nicht aufs Eis bringt. Und das ist Zug schon lange nicht mehr gelungen.
Biel ist für den ZSC eine lästige Pflichtaufgabe. Wie am Montag Morgen aufstehen.
Nun denn, ärgern wir den Z es biz.