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An diesen Baustellen muss der HCD nach der Wohlwend-Entlassung arbeiten

Die Co-Trainer Waltteri Immonen, links, und Glen Metropolit, am Mittwoch, 11. Januar 2023, in der Traininshalle in Davos. Der HCD hat sich heute per sofort von Trainer Christian Wohlwend getrennt. Die ...
Waltteri Immonen und Glen Metropolit sind neu die Chefs an der Davoser Bande.Bild: keystone
Analyse

Das sind die 3 grossen Baustellen, an denen die neuen HCD-Trainer arbeiten müssen

Die zwei neuen Trainer stehen beim HCD vor einer Herausforderung – auch weil die Bündner sich von ihrer erfolgreichen Tradition abgewendet haben.
13.01.2023, 09:4613.01.2023, 18:00
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Der HC Davos hat sich am Mittwoch von Trainer Christian Wohlwend getrennt. Der Entscheid schlug grosse Wellen, da ein Abschied im Sommer zwar erwartet worden war, nicht aber die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Neu tragen die bisherigen Assistenten Waltteri Immonen und Glen Metropolit gemeinsam die Verantwortung.

Aktuell stehen die Bündner auf dem 7. Rang – also einen Platz hinter der direkten Playoff-Qualifikation. Die Entlassung wurde in den Medien nicht überall wohlwollend aufgenommen – doch Baustellen, wo das Duo Immonen/Metropolit ansetzen kann, gibt es beim HCD durchaus.

Harmlosigkeit im Abschluss

Der HCD war seit den Zeiten von Arno Del Curto eigentlich immer eine offensive Maschine. Selbst wenn alles andere einmal nicht geklappt hat, mit ihrem Lauf- und Tempo-Hockey haben die Bündner wenigstens Tore geschossen. Das hat sich in den vergangenen Wochen etwas geändert.

Bei den in allen Situationen erzielten Toren ist Davos mit 3,03 Treffern pro Partie immerhin noch im vorderen Mittelfeld zu finden. Doch wenn man die Special Teams ausser Acht lässt, dann ist der Bündner Angriff unterdurchschnittlich. Pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey spielte die Mannschaft in der bisherigen Saison Chancen für 2,46 Tore heraus. Damit liegt der HCD geteilt mit Ambri auf dem neunten Platz. Nur Ajoie, Kloten, Langnau und Rapperswil sind noch schlechter.

Es fällt auf, dass sich Davos nicht mehr auf seine Stärken zu berufen scheint: das schnelle Spiel mit dem direkten Zug aufs Tor. Nur 39,8 Prozent der HCD-Chancen kommen «Off the Rush» (Abschluss spätestens fünf Sekunden nach Betreten der offensiven Zone). Das ist der schlechteste Wert der Liga. Im Dezember 2021 führten die Bündner die National Leauge in dieser Sparte noch an.

Entsprechend kreiert die Mannschaft von Immonen und Metropolit auch wenig Gefahr aus dem Rush. Die 0,98 Expected Goals pro 60 Minuten werden nur noch von Ajoie und Langnau unterboten. Rush-Chancen werden im modernen Eishockey immer wichtiger, weil sie am schwierigsten zu verteidigen sind. Der HCD sollte sich also wieder auf alte Stärken besinnen.

Blaue Linie verteidigen

Der HC Davos hat in dieser Saison schon vielfach bewiesen, dass die Mannschaft über eine grosse Moral verfügt. Immer und immer wieder waren die Bündner in der Lage, auf Rückstande zu reagieren und diese in Siege oder wenigstens in Punktgewinne nach Verlängerungen zu verwandeln.

Das bedeutet aber halt auch, dass Davos oft in Rückstand gerät. Irgendetwas läuft bei der Abwehrarbeit also schief. Der Blick auf das Tracking von nlicedata.com zeigt: Der HCD lässt seine Gegner oft kontrolliert in die eigene Zone kommen. Oder anders formuliert: Es gelingt den Bündnern zu wenig, die Angriffe der Gegner schon an der eigenen blauen Linie zu stören. Hier einige Beispiele aus den letzten Spielen:

Video: extern / rest/mysports

Das Videostudium zeigt, dass Davos in der neutralen Zone und auf der blauen Linie ziemlich passiv verteidigt. Die Spieler machen zwar die Mitte zu, lassen die Aussenbahnen aber oft ziemlich offen. Trotzdem gelingt es ihnen dann nicht immer, die Mitte vor dem Tor tatsächlich konsequent zu verteidigen. Das ist eine der wenigen Schwächen in der Davoser Verteidigung.

Mensch gewordener Aeschlimann

Vergangene Saison trug Torhüter Sandro Aeschlimann den HC Davos mit überragenden Leistungen auf seinem Rücken und bis in den Playoff-Halbfinal. Dieses Jahr ist der Emmentaler wieder etwas menschlicher geworden. Aeschlimanns Fangquote fiel von über 94 Prozent knapp unter 92 Prozent. Das alleine ist aber noch nicht besonders aussagekräftig.

In den meisten Spielen ist die Davoser Nummer 1 ein sicherer Rückhalt. Doch es gibt auch Partien, in denen er den einen oder anderen haltbaren Treffer erhält. Das wirkt sich auf Aeschlimanns Goals Saved Above Expected (GSAE) negativ aus. Dabei werden die Tore, die er bislang kassierte, von den Expected Goals der Schüsse, die auf sein Tor kamen, subtrahiert.

Verhinderte Aeschlimann vergangene Saison noch deutlich mehr Tore, als gemäss der zugelassenen Chancen erwartet werden konnte, ist es diese Saison umgekehrt. Es fällt auf, dass er sich im Gegensatz zum letzten Jahr vermehrt aus der Distanz und auf der Fanghandseite bezwingen lässt.

Fazit

Die aktuell grösste Baustelle beim HCD ist der Angriff. Die Bündner sind von ihrem bekannten Tempo-Spiel abgekommen und haben nun sichtlich Mühe, Tore zu erzielen. Die Verteidigung in der eigenen Zone funktioniert mehrheitlich gut, doch noch kommt der Gegner zu leicht dorthin. Und Sandro Aeschlimann müsste wieder zu seiner letztjährigen Form aufgebaut werden, wenn die Bündner die direkte Playoff-Qualifikation sichern wollen. Es gibt für die beiden neuen Co-Trainer also einiges zu tun.

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Morricone
13.01.2023 14:19registriert Juli 2022
Das zeitlose HCD-Logo ist übrigens 100 Jahre alt. Wie genial muss dieser Grafiker gewesen sein?!
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marak
13.01.2023 11:10registriert April 2014
Expected oder nicht oder was auch immer. Die Eier gehen rein. Und das liegt ja vermutlich am Problem Nr. 2. Wenn man den Gegner zu einfach in die Zone lässt, gibt es mehr Chancen für den Gegner und damit auch mehr Tore für den Gegner.
Interessanter als den Abstieg vom Übermenschen Aeschlimann zum Menschen Aeschlimann wäre es gewesen, die Verteidigung mit jener vom Vorjahr zu vergleich. Davon hängt nähmlich die Performance vom Torwart letztendlich ab.
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