Heute geht's los! In Lissabon entscheidet sich, wer in diesem denkwürdigen Jahr die Champions-League-Trophäe gewinnen wird. Im Rennen um die begehrte Trophäe sind derzeit noch acht Teams. Welches darunter ist der künftige Sieger? Wir schauen uns die acht Mannschaften im Detail an und zeigen für jedes Team auf, was für und was gegen einen Titelgewinn spricht.
Quarter-finals set ✅
— UEFA Champions League (@ChampionsLeague) August 8, 2020
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Coach Julian Nagelsmann gilt als eines der grössten Trainer-Talente im Weltfussball. Unter ihm hat sich Leipzig nochmals weiterentwickelt, vor allem taktisch sind die «Roten Bullen» extrem flexibel geworden. In der Liga wechselte Leipzig regelmässig die Formation und zwischen einer Dreier- und Viererverteidigung. Durch diese Flexibilität ist jeweils schwierig einzuschätzen, wie Leipzig auftreten wird – das kann den gegnerischen Trainer vor Herausforderungen stellen.
Zudem spricht für RB, dass es in Lissabon gänzlich ohne Druck antreten darf. Sowohl in der Meisterschaft als auch im Europacup wurden die Ziele erreicht – alles, was noch kommt, darf als Zugabe gewertet werden. Und wenn eine derart talentierte Mannschaft frei aufspielen kann, ist viel möglich.
Die grosse Figur bei Leipzig war in dieser Saison Timo Werner. Doch genau dieser wird in Lissabon nicht mehr das Trikot der «Bullen» tragen. Der deutsche Nationalstürmer wechselte vor einigen Wochen zum FC Chelsea. Der Ausfall dürfte für Leipzig nur schwer zu Verkraften sein: In der Liga war Werner an 36 der 81 Leipzig-Saisontore beteiligt, in der Champions League an sechs von 14. Patrick Schick und Yussuf Poulsen, welche im Sturmzentrum Werner ersetzen müssen, kommen gemeinsam in allen Wettbewerben «nur» auf 25 Saisontore.
Ein weiterer Nachteil für Leipzig ist die fehlende Erfahrung in der Champions League. Nicht nur für den Verein ist es der erste Viertelfinal der Geschichte, auch sämtliche Spieler im Kader kennen diese Situation noch nicht. Und besonders optimistisch stimmt auch die Form seit dem Restart nicht. Nach der Corona-Pause tat sich Leipzig oft schwer und holte in den letzten 11 Saisonspielen nur noch 18 Punkte.
Atlético weiss genau, was es machen muss, um in der Champions League weit zu kommen. In den letzten sechs Jahren standen die Madrilenen zweimal im Endspiel, beide Male mit Diego Simeone an der Seitenlinie, der auch heute noch Trainer ist. Und der «Cholismo», wie sein Spielstil genannt wird, funktioniert noch immer: Mit leidenschaftlicher Verteidigungsarbeit und körperbetontem Spiel kann Atlético jedem Gegner wortwörtlich wehtun.
In der Liga konnten die «Colchoneros» in dieser Saison zwar nicht um den Titel mitmischen, doch mit nur 27 Gegentoren stellte man nicht nur die zweitbeste Defensive der spanischen, sondern aller Top-5-Ligen, welche die Saison regulär beendet haben. Einen grossen Anteil daran hat Goalie Jan Oblak. Der Slowene spielt konstant auf einem sehr hohen Niveau – seine 22 Saisonspiele ohne Gegentore sind ein Spitzenwert. Er kann in engen Partien den Unterschied zu Gunsten von Atlético ausmachen.
In der Defensive läuft's, in der Offensive dafür umso weniger. Neuzugang Joao Felix konnte mit acht Toren in 35 Pflichtspielen die hohe Ablösesumme von 126 Millionen (noch) nicht rechtfertigen. Und auch der einstige Goalgetter Diego Costa kam wegen körperlichen Problemen nur auf fünf Saisontore. Momentan ist Alvaro Morata also mit seinen 16 Toren in 43 Spielen der beste Torschütze seines Teams – aber auch dieser Wert ist nicht gerade berauschend.
Zudem verlief für Atlético die Vorbereitung auf das Finalturnier in Lissabon nicht optimal. Nach den positiven Corona-Tests von Sime Vrsaljko und Angel Correa musste die Anreise verschoben werden, stattdessen stand für alle Spieler ein weiter Test auf dem Programm. Da diese alle negativ ausfielen, findet das Spiel trotzdem wie geplant statt – natürlich ohne Vrsaljko und Correa, welche umgehend isoliert werden mussten.
Kein Team war in der vergangenen Serie-A-Saison offensiv nur ansatzweise so gefährlich wie Atalanta Bergamo. Die Norditaliener spielen unter Gian Piero Gasperini einen spektakulären Offensivfussball und wurden dafür belohnt. 98 Treffer erzielten die Bergamasken in 36 Spielen – und das in einer Liga, welche für gute Defensivarbeit bekannt ist.
Ein grosses Plus ist dabei die Ausgeglichenheit im Kader bei Atalanta, was das Tore schiessen betrifft: Mit Duvan Zapata, Luis Muriel, Josip Ilicic, Mario Pasalic, Robin Gosens und Ruslan Malinowskyj erzielten gleich sechs Spieler acht Liga-Tore oder mehr.
Wie Leipzig kann zudem auch das Team aus Bergamo ohne den geringsten Druck antreten. In der Meisterschaft klassierte sich Atalanta auf dem tollen dritten Platz, in der Champions League qualifizierte man sich gleich bei der ersten Teilnahme für die Viertelfinals. Egal was kommt, Atalanta gehört zu den grossen Gewinnern dieser Saison.
Weniger berauschend war bei Atalanta hingegen die Leistung in der Defensive. Der kompromisslose Offensivfussball macht zwar den Zuschauern viel Freude, birgt aber Risiken. Die Norditaliener mussten immer wieder Konter hinnehmen und kassierten im Schnitt in der Liga 1,3 Gegentore pro Spiel. Und auch in der Champions League gab es in acht Spielen bereits 16 Gegentreffer. So meinte auch Raymond Domenech, Frankreichs Ex-Nationaltrainer, im Hinblick auf den Viertelfinal gegen Paris: «Ich sehe nicht, wie Atalanta PSG beunruhigen könnte. Defensiv zu schwach.»
Quel que soit le résultat du match contre Vérone, je ne vois pas comment cette équipe de l’Atalanta pourrait inquiéter le PSG. Trop faible défensivement.
— Raymond Domenech (@RaymondDomenech) July 18, 2020
Im Gegensatz zu den ganz grossen Teams verfügt Atalanta zudem über ein viel weniger breites Kader. Der Marktwert aller Spieler zusammen liegt bei 262 Millionen, es ist der mit Abstand tiefste Wert aller Viertelfinalisten. Bei Gegner PSG etwa kommen schon nur Neymar und Kylian Mbappé gemeinsam auf 308 Millionen. Umso schwieriger ist es für Atalanta, gewichtige Ausfälle zu verkraften. Und genau das muss sie in Lissabon schaffen: Neben Goalie Pierluigi Gollini fehlt mit Josip Ilicic der Überflieger der ersten Saisonhälfte. Der Slowene leidet seit der Coronavirus-Pandemie an psychischen Problemen und wird in dieser Saison nicht mehr spielen.
Und schliesslich ist da auch noch das Problem mit der fehlenden Erfahrung. Atalanta nimmt in dieser Saison erstmals überhaupt an der Champions League teil, nur gerade vier Spieler im Kader durften zuvor schon einmal Champions-League-Luft schnuppern: José Luis Palomino (mit Ludogorets Rasgrad), Mario Pasalic (mit Spartak Moskau), Duvan Zapata (mit Napoli) und Luis Muriel (mit Sevilla).
Natürlich gibt es in einem Champions-League-Viertelfinal keine einfache Gegner, und doch dürfte sich PSG nach der Auslosung nicht über fehlendes Losglück beschwert haben. Die nominellen Hochkaräter Bayern, ManCity und Barcelona sind alle in der anderen Tableauhälfte, mit Atalanta Bergamo bekam man einen Viertelfinalgegner zugelost, der keinerlei Erfahrung auf dieser Stufe hat. Besser kann die Ausgangslage – zumindest auf dem Papier – eigentlich nicht sein.
Zudem hinterliessen die Franzosen in der bisherigen Saison oft einen guten Eindruck. In der Liga wurde PSG mit einem grossen Vorsprung beim Saison-Abbruch Meister, auch in der Coupe de France, der Coupe de la Ligue und im Supercup setzte man sich jeweils durch. In der Champions-League-Gruppenphase qualifizierte sich Paris vor Real Madrid souverän für den Achtelfinal, wo man sich trotz Hinspiel-Pleite gegen Borussia Dortmund durchsetzte.
Die gute Auslosung spricht auf dem Papier für PSG – theoretisch. Doch die Vergangenheit zeigt, dass eine vielversprechende Ausgangslage PSG in der Champions regelmässig Mühe bereitet. Im vergangenen Jahr scheiterte der französische Meister im Achtelfinal gegen Manchester United trotz einem 2:0 im Hinspiel auswärts. Und unvergessen ist das Out 2017, als man trotz einem 4:0 im Hinspiel an Barcelona scheiterte.
Zudem dürfte PSG im Gegensatz zu anderen Teams die Matchpraxis fehlen. Seit Anfang März bestritt Paris nur noch zwei Pflichtspiele: Diese konnte der Meister zwar beide knapp gewinnen – die Coupe de la Ligue im Penaltyschiessen gegen Lyon, die Coupe de France mit 1:0 gegen St.Etienne –, doch ganz überzeugen konnte PSG in beiden Spielen nicht.
Auf dem Papier eines der besten, wenn nicht gar das beste Kader der Welt. Und mit über einer Milliarde Gesamtwert das teuerste. Vor allem in der Offensive ist der englische Vizemeister unheimlich gut aufgestellt. 102 Tore erzielte City in der letzten Saison, damit mehr als alle anderen Teams einer Top-5-Liga. Besonders beeindruckend ist die Ausbeute seit dem Restart: In den letzten zehn Ligaspielen gab es 31 Treffer, in sechs Partien erzielten die Citizens mindestens vier Tore. Unter anderem gegen Meister Liverpool.
Ein weiterer Trumpf sitzt bei den Engländern auf der Bank. Pep Guardiola ist nicht nur einer der besten Trainer der Welt, sondern auch einer der erfahrensten. Er weiss, was es braucht, um den Champions-League-Titel zu gewinnen, schliesslich schaffte er das mit dem FC Barcelona gleich zweimal. Alle anderen sieben Trainer der Viertelfinalisten haben diese Trophäe hingegen noch nie gewonnen.
Es war ein Wettlauf gegen die Zeit – und er scheint für City nicht positiv zu enden: Nach seiner Knieverletzung wird Topstürmer Sergio Agüero wohl nicht rechtzeitig fit. Den Viertelfinal gegen Lyon wird der Argentinier sicherlich verpassen, ob es danach zum Comeback reicht, wird auch bezweifelt. Damit fehlt den Citizens ihr zweitbester Saisontorschütze (23 Tore in 32 Spielen).
Was City zudem etwas beunruhigen dürfte, ist die bisherige Saisonbilanz gegen grosse Teams – denn während man kleinere Gegner häufig deklassierte, tat sich das Team von Pep Guardiola in den Spitzenspielen schwer. In den zwölf Spielen gegen die weiteren Top-7-Teams der Premier-League-Saison gab es nur 13 Punkte, darunter etwa zwei bittere Derby-Pleiten gegen Manchester United.
Realistisch gesehen sehr, sehr wenig. Nach einer verkorksten Saison in der Liga sind die Erwartungen an OL tief, vielleicht so tief, dass man von den Gegnern unterschätzt wird und so plötzlich etwas möglich ist. Zu verlieren haben die Franzosen nichts, womöglich kann genau das ihre Chance sein.
Und immerhin ist seit dem Restart Captain Memphis Depay nach überstandener Verletzung wieder zurück im Team. Der Niederlänger ist mit 15 Toren in 20 Saison-Pflichtspielen der wohl beste Offensivspieler – und die Lyon-Lebensversicherung in der Champions League. In seinen letzten sechs Spielen in der Königsklasse traf Depay immer.
Von den acht verbliebenen Teams waren die Franzosen über die ganze Saison gesehen das mit Abstand schwächste. In der Liga belegte Lyon beim Saisonabbruch nur gerade den achten Platz, damit wird man – sollte man nicht sensationell die Champions League gewinnen – nächste Saison nicht europäisch spielen.
In der Champions League waren Lyons Leistungen gut, allerdings auch nicht berauschend. Die Franzosen erzielten von allen Viertelfinalisten die wenigsten Treffer und kassierten die zweitmeisten Gegentore – mit 11:10 ist die Bilanz gerade noch positiv. Zudem holte Lyon in den bisherigen 8 Spielen nur magere 3 Siege, auch das ist ein Negativ-Rekord.
In erster Linie natürlich ein Herr namens Lionel Messi. Der Argentinier hat letzte Woche im Achtelfinal-Rückspiel gegen Napoli ein weiteres Mal gezeigt, dass er noch immer den Unterschied ausmachen kann. Findet er in Lissabon zu seiner Topform, wird es für jeden Verteidiger ungemütlich. Und mit Luis Suarez und Antoine Griezmann stehen ihm zwei Spieler zur Seite, die zwar nicht ihre beste Saison haben, aber vom Potential her zu den besten Stürmern der Welt gehören.
Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten wissen bei Barcelona zudem viele Spieler, wie es ist, die Champions League zu gewinnen. Von der Mannschaft, die 2015 den Titel holte, sind neun Spieler noch immer im Kader. Damit hat keiner der Viertelfinal-Konkurrenten mehr Champions-League-Sieger im Kader als Barcelona.
Die Stimmung bei den Katalanen dürfte schon besser gewesen sein als in dieser Phase. Seit dem Restart läuft's nicht mehr wie gewünscht: Barça liess in vier von elf Ligaspielen Punkte liegen und verlor so trotz Vorsprung das Titelrennen gegen Real Madrid – zum Ärger von Lionel Messi, welcher danach das ganze Team kritisierte. Zuletzt gab es ausserdem immer wieder unglückliche Nebenschauplätze. Nach seinem Wechsel zu Juventus streikt Mittelfeldspieler Arthur, Lionel Messi wird hartnäckig mit Inter Mailand in Verbindung gebracht und Trainer Quique Setién soll nach nicht mal einer Saison bereits auf der Kippe stehen.
Zudem durfte sich Barcelona in der Champions League nicht über besonders viel Losglück freuen. Auf dem Weg zum Titel müssten die Katalanen auf dem Papier der Reihe nach Bayern München, Manchester City und PSG eliminieren – eine Herkulesaufgabe.
Von allen Viertelfinalisten hat Bayern München nach dem Restart den mit Abstand besten Eindruck hinterlassen. Die Bayern gewannen alle zwölf Spiele nach der Corona-Pause und brillierten dabei mit 37 Toren – das sind durchschnittlich über drei pro Spiel.
Allgemein darf die Offensive als das grosse Prunkstück des deutschen Rekordmeisters angesehen werden. Angeführt vom überragenden Robert Lewandowski erzielten die Deutschen in der Liga 100 Saisontore, damit im Schnitt pro Spiel die meisten aller Viertelfinalisten. Und auch in der Champions League zeigten sich die Münchner bisher gnadenlos gut: Das Team von Hansi Flick gab die meisten Schüsse ab und erzielte mehr Tore als alle Konkurrenten.
Nach den letzten Auftritten ist klar: Besonders viel spricht nicht gegen die Bayern. Einzig vielleicht die Tatsache, dass man in dieser Saison noch nie gegen ein ganz grosses Team spielte – Dortmund, Tottenham und Chelsea sind zwar gut, aber nicht auf dem Niveau von etwa Barcelona oder Manchester City.
Ein zweites kleines Fragezeichen ist, ob Trainer Hansi Flick in seiner ersten Saison als Cheftrainer schon das Zeug dazu hat, sein Team zum Champions-League-Titel zu coachen. Doch Zinédine Zidane hat 2016 gezeigt, dass es möglich ist. Und in der Liga war Flick nichts von fehlender Erfahrung anzumerken.
Muss aber sagen, die Chancen stehen so gut wie nie dass ein Hardcore Underdog gewinnen kann. Hier setze ich auf Atalanta! PSG ist schlagbar, vorallem wenn es lediglich EIN Spiel gibt. Atalanta hat nichts zu verlieren! Zudem ist der mögliche Halbfinal-Gegner leichter einzustufen als auf der Gegenseite mit Buyern, Barça, City... und im Finale ist alles möglich!
Wäre nice.