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NHL: Ralph Kruegers Stuhl als Trainer bei den Buffalo Sabres wackelt

Vom Erfolg weit entfernt: Jack Eichel und Ralph Krueger in Buffalo.
Vom Erfolg weit entfernt: Jack Eichel und Ralph Krueger in Buffalo.Bild: keystone, imago; bearbeitung watson
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Verletzter Superstar und wütende Fans – Ralph Kruegers Stuhl in Buffalo wackelt gewaltig

Nach zehn Niederlagen in Serie sind die Buffalo Sabres auf den letzten Platz in der NHL abgerutscht. Der Job von Trainer Ralph Krueger ist nur schon wegen der sportlichen Situation in höchster Gefahr. Doch es gibt noch andere Baustellen.
15.03.2021, 16:36
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26 Spiele, 20 Niederlagen. Zu sagen, dass die Saison der Buffalo Sabres ernüchternd verläuft, wäre noch eine grosse Untertreibung. Seit zehn Spielen hat die Mannschaft von Ralph Krueger nicht mehr gewonnen. Dabei hatte vor der Saison noch Aufbruchstimmung geherrscht, hatte man doch mit Taylor Hall Starpower an Bord geholt. Endlich etwas Unterstützung für Jack Eichel.

Die Playoffs waren in der East Division aufgrund der starken Konkurrenz sowieso schwer zu erreichen, doch eine Überraschung ist im Sport ja immer möglich. Doch dass die Sabres derart krass negativ überraschen, damit haben wohl selbst die grössten Pessimisten nicht gerechnet.

In einem Spiel gegen die Islanders, in dem Buffalo zurücklag, brachten sie im letzten Drittel keinen einzigen Schuss aufs Tor. Trainer Ralph Krueger streicht zwischenzeitlich den zweitteuersten Spieler aus dem Kader. Dazu kommen Verletzungspech und ein Denkzettel der Fans – das sind die grössten Brandherde in der Organisation.

Viel Geld für nichts

Wie bereits erwähnt hat Buffalo in diesem Sommer nochmals versucht aufzurüsten. Damit Starcenter Jack Eichel endlich auch einen guten Flügel hat, hat man in der Off-Season Taylor Hall geholt und ihm einen Einjahresvertrag für acht Millionen Dollar angeboten. Dazu kommt Jack Eichel, der zehn Millionen pro Jahr, und Jeff Skinner, der neun Millionen pro Jahr verdient.

Die drei Grossverdiener haben kombiniert fünf Tore auf dem Konto. Zum Vergleich: Nino Niederreiter (11 Tore) hat alleine mehr als doppelt so viele Treffer erzielt in dieser Saison. Und selbst die beiden Schweizer Rookies Pius Suter (8 Tore) und Philipp Kurashev (6 Tore) haben öfter getroffen. Das genügt sowohl den hohen Ansprüchen als auch dem hohen Lohn des Trios natürlich nicht.

Insbesondere Hall und Skinner leiden dabei aber auch unter Abschlusspech. Die Expected Goals zeigen, dass beide schon mehr Tore hätten erzielen müssen. Beide haben derzeit eine Schusseffizienz von unter 2,5 Prozent.

Eichel verletzt

Wer schon kein Glück hat, bei dem kommt auch noch Pech dazu. Dass Jack Eichel derzeit für seine Verhältnisse unter den Erwartungen bleibt (2 Tore, 16 Assists in 21 Spielen) hat wohl auch mit einer Oberkörperverletzung zu tun, die er sich im Trainingscamp zugezogen hat. Der 24-Jährige war beim Saisonstart zwar dabei, aber weit entfernt von seiner letztjährigen Form, als er in 68 Spielen 36 Tore erzielte.

Nun scheint sich seine gesundheitliche Situation aber noch einmal verschlechtert zu haben. Nach einem Check, den er in einem Spiel gegen Philadelphia kassiert hat, fällt Eichel bis auf weiteres aus. Zuerst hiess es, der Star fehle Buffalo nur für einige Tage. Mittlerweile ist bekannt, dass die Pause durchaus länger ausfallen könnte, sogar das Saisonende sei eine Möglichkeit. Die Sabres geben sich über den Gesundheitszustand des Spielers noch bedeckt.

Alte Probleme

Die Hintermannschaft ist und bleibt auch in dieser Saison die Problemzone der Sabres. In der Verteidigung stagniert Supertalent Rasmus Dahlin, während Rasmus Ristolainen defensiv das gewohnt schwarze Loch ist. Buffalos bester Verteidiger war bislang Jake McCabe, der allerdings wegen einer Knieverletzung den Rest der Saison verpasst.

Der Einfluss aufs Spiel von Rasmus Dahlin:

Unter Krueger (seit 19/20) ging Dahlins Offensiver Output (oben) zurück, während er in der eigenen Zone immer mehr Chancen zuliess (unten).
Unter Krueger (seit 19/20) ging Dahlins Offensiver Output (oben) zurück, während er in der eigenen Zone immer mehr Chancen zuliess (unten).Bild: hockeyviz.com/Micah McCurdy

Verletzungspech beklagen die Sabres auch auf der Goalieposition. Dort fehlt ihnen der bislang überzeugende Linus Ullmark, der sich vor rund drei Wochen bei einem Save gegen Nico Hischier verletzt hat. Seine Rückkehr in rund einer Woche dürften die Buffalo-Fans sehnlichst erwarten, können Carter Hutton und Jonas Johansson den Schweden doch kaum adäquat ersetzen.

Fans bleiben weg

Apropos Fans: Die sind so richtig sauer. Auf gewisse Spieler. Auf Trainer Ralph Krueger, dessen Entscheidungen sie nicht nachvollziehen können. Vor allem aber kriegt die Organisation als Ganzes einen Denkzettel verpasst.

Bald könnte nämlich wieder eine geringe Anzahl Fans an die Heimspiele der Sabres, 1907 Fans wären im KeyBank Center erlaubt. Doch selbst die loyalsten Zuschauer haben offenbar die Nase voll. Gemäss «The Athletic» hatten alle der normalerweise rund 16'000 Saisonkarteninhaber die Chance, sich Tickets für das Spiel vom kommenden Samstag gegen Boston zu ergattern. Nur rund 800 nutzten dieses Angebot auch tatsächlich.

BUFFALO, NY - JANUARY 31: New Jersey Devils center Michael McLeod 20 and Buffalo Sabres right wing Victor Olofsson 68 fight for loose puck as New Jersey Devils defenseman P.K. Subban 76 and Buffalo Sa ...
Bald können einige Buffalo-Fans ins Stadion zurückkehren – doch sie wollen nicht.Bild: imago images/Icon SMI

Natürlich kann das zu einem gewissen Teil auch mit Bedenken wegen der Corona-Situation zusammenhängen. Aber die Unzufriedenheit über den Zustand der Sabres dürfte auch ein grosser Faktor sein.

Kruegers Baustellen

Ralph Krueger ist schon rein aus sportlicher Sicht in Buffalo stark unter Druck geraten. Die letzten zehn Spiele in Serie gingen allesamt verloren. Von den letzten 33 Partien als Sabres-Coach hat der ehemalige Schweizer Nationaltrainer nur deren sieben gewonnen.

Darüber hinaus hat Krueger noch diverse andere Baustellen im Team. Er hat, wie bereits erwähnt, Jeff Skinner in einigen Spielen auf die Tribüne verbannt. Mittlerweile spielt der Flügelstürmer zwar wieder, aber oft nur in der dritten oder vierten Linie mit vielen Starts in der defensiven Zone. So kann er sein offensives Potenzial natürlich nicht entfalten und Freunde werden die beiden kaum mehr. Auch der Rookie Dylan Cozens musste trotz überzeugenden Leistungen auf der Tribüne Platz nehmen.

Krügers Problem ist auch eine gewisse Sturheit. Trotz der grossen Probleme der Sabres hält er weiterhin mit aller Konsequenz an seinem System fest und weigert sich, Dinge anzupassen.

Sabres-Fan Melody Martin erklärt während rund 18 Minuten, warum Ralph Krueger entlassen werden sollte.Video: YouTube/Melody Martin

Ebenfalls für Diskussionen sorgte eine Situation mit Jack Eichel. Ende Februar verpasste der Star ein Spiel aufgrund einer Verletzung und Krüger sagte, der Spieler habe sich beim Aufwärmen verletzt. Eichel selbst widersprach dem aber einen Tag später und erklärte, die Verletzung habe er sich bereits zwei Tage zuvor bei einem Spiel gegen New Jersey zugezogen. Das mag ein Detail sein, wirft aber kein gutes Licht auf die Kommunikation des Schweiz-Kanadiers.

Aktuell hat Krueger seinen Job noch. Doch das Eis unter dem 61-Jährigen wird immer dünner. Er hat derzeit wohl nur noch einen Job, weil die Coronavirus-Krise auch die NHL-Teams finanziell schwer trifft und die Sabres-Besitzer in einer sowieso schon verlorenen Saison nicht mittendrin zwei Trainer auf der Gehaltsliste haben wollen. Aktuell scheint es aber sehr wahrscheinlich, dass Kruegers NHL-Abenteuer spätestens im Sommer wieder vorbei ist.

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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Citizen321
15.03.2021 17:53registriert Juli 2018
Habe dem Ralph grad ein SMS geschickt: "Glaube an das Unmögliche, und das Unmögliche wird möglich!"

Vielleicht hilfts nochmals... 😉
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Dan Rifter
15.03.2021 16:58registriert Februar 2015
Entweder hat Krueger Pech, dass er beide Male in mies geführten Organisationen gelandet ist.. oder aber: nur mies geführte Organisationen stellen Krueger als Headcoach an.

Die Wahrheit liegt wohl dazwischen.
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länzu
15.03.2021 16:46registriert April 2014
Würde mich nicht erstaunen, wenn Krüger dann in Nashvile landen würde. Der dortige GM verpflichtet gerne Leute, die wissen, wie man verliert. Den jetzigen Coach Hynes hat er von New Jersey geholt. Der wurde dort bekannt als Mann, der noch nie ein Playoff-Spiel gewonnen hat. Und, er ist seinem Markenzeichen treu geblieben.
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