Seit die Vegas Golden Knights 2017 ihre erste NHL-Saison spielten, haben sie die Playoffs immer erreicht. Im ersten Jahr kam dieser Umstand und der Vorstoss bis in den Stanley-Cup-Final noch äusserst überraschend. Doch danach schaffte es Vegas, innert kürzester Zeit ein Team aufzubauen, das gespickt ist mit Stars.
2018 stiessen Max Pacioretty und Mark Stone dazu. 2019 unterschrieb Goalie Robin Lehner in der Wüste. 2020 holte Vegas von St.Louis den Captain und Starverteidiger Alex Pietrangelo. Und 2021 akquirierte die Mannschaft den damals noch verletzten Superstar Jack Eichel von Buffalo.
Und trotz all dieser Spieler droht Vegas nun erstmals die Playoffs zu verpassen. Was ist passiert?
In der Nacht auf Mittwoch steht für Vegas ein äusserst wichtiges Spiel an: das Direktduell mit den Dallas Stars. Aktuell liegen die Golden Knights drei Punkte hinter den Texanern. Nach dem Direktduell bleiben noch zwei Spiele also maximal vier Punkte zu holen. Verliert Vegas, ist der Playoff-Traum geplatzt.
Das kommt umso überraschender, weil die Golden Knights bis zur Hälfte der Saison die Pacific Division noch anführten. Doch eine Menge Verletzungen – unter anderem von Mark Stone und Max Pacioretty – sorgten für schlechte Resultate und einen dramatischen Absturz in der Tabelle. Dazu gibt es in der Wüste von Nevada auch längerfristige Probleme.
Der Trade für Jack Eichel war eine grosse Zockerei von Vegas. General Manager (GM) Kelly McCrimmon wusste, dass es schwierig wird, Eichel neben den Löhnen von Stone (9.5 Mio. Dollar), Pacioretty (7 Mio.) William Karlsson (5.9 Mio.), Jonathan Marchessault (5 Mio.), Evegenii Dadonov (5 Mio.), Alex Pietrangelo (8.8 Mio.), Alec Martinez (5.25 Mio.), Shea Theodore (5.2 Mio.) und Robin Lehner (5 Mio.) unter dem Salary Cap einzubringen.
Die Idee war es, das Gleiche zu machen wie Tampa Bay im letzten Jahr und einige verletzte Spieler erst in den Playoffs zurückzuholen. Ab diesem Zeitpunkt gilt der Salary Cap nicht mehr und die Lohnsumme darf die Obergrenze von 81.5 Millionen Dollar überschreiten.
McCrimmon nahm allerdings an, dass seine Mannschaft die Playoffs locker erreichen würde und auf dem Weg dorthin auch auf den einen oder anderen Star verzichten könne. Das war – wie wir nun sehen – nicht der Fall. Stand jetzt wäre die Mannschaft auch für die nächste Saison bereits über dem Salary Cap. Im Sommer dürfte es daher den einen oder anderen Trade geben.
Der Plan von Vegas für dieses Jahr könnte immer noch aufgehen und gesunde Golden Knights wären in den Playoffs ein gefährlicher Gegner. Doch dafür müssen sie die K.o.-Phase der Saison erst erreichen.
Mit dem Verpassen der Playoffs vor Augen haben die Golden Knights ihre Stars möglicherweise verfrüht von Verletzungen zurückgeholt, oder sie gezwungen, trotz Verletzungen weiterzuspielen.
Max Pacioretty spielt nach einer einmonatigen Verletzungspause seit Anfang April wieder. Doch der Flügelstürmer kommt nicht an seine früheren Leistungen heran. Sieben Spiele, zwei Tore und drei Assists sind die magere Bilanz. Mark Stone fiel fast zwei Monate aus und stand am 12. April zum ersten Mal wieder auf dem Eis. In seither sechs Spielen hat er keinen einzigen Skorerpunkt gesammelt. Die Vermutung liegt nahe, dass seine Rückenverletzung noch nicht restlos ausgeheilt ist.
Jack Eichel ist nach der Operation an seiner Wirbelsäule auch längst noch nicht der Alte. In bislang 31 Spielen für Vegas kommt der Nummer-2-Draft von 2015 auf zwölf Tore und neun Assists. Sonst hat er in seiner NHL-Karriere praktisch immer rund einen Punkt pro Spiel geskort. Das sorgt gerade auch im Lager der Buffalo Sabres für Spott, insbesondere weil Alex Tuch – Teil des Eichel-Trades – bei Buffalo eine gute Saison spielt.
Neben den drei Stürmern schlug sich offensichtlich auch Stammgoalie Robin Lehner mit einer Verletzung herum. Doch das hat seinen eigenen Punkt verdient.
Auch Vegas-Goalie Robin Lehner musste in dieser Saison zwischenzeitlich eine Verletzungspause einlegen. Zwischen dem 8. März und dem 3. April bestritt der Schwede kein einziges Spiel. Danach kehrte er mit schwankenden Leistungen zurück.
Wie jetzt herausgekommen ist, scheint beim 30-Jährigen alles schlimmer zu sein als anfangs gedacht. Lehner muss sich einer Schulteroperation unterziehen und fällt für den Rest der Saison aus. Bis zu dieser Ankündigung seitens des Klubs kam es in Vegas allerdings zu einer Mini-Posse: Eine Lehner-nahe Quelle sagte einem Journalisten, dass sich der Keeper einer Operation unterziehen müsse.
Source: Robin Lehner is undergoing season ending surgery.
— Jesse Granger (@JesseGranger_) April 22, 2022
Trainer Peter DeBoer – der zuvor seinen Goalie öffentlich harsch kritisiert hatte – widersprach diesem Bericht bei nächster Gelegenheit und sagte, dass er Lehner im Training erwarte.
Pete DeBoer says “not to my knowledge” in regarding to the report of Robin Lehner needing surgery. Maintenance day and he expects him to be at practice tomorrow.
— Danny Webster (@DannyWebster21) April 22, 2022
Auch einen Tag später hiess es, dass Lehner nur im Training fehle, um «eine Pause zu erhalten».
Golden Knights announce that Robin Lehner is taking another maintenance day today.
— Danny Webster (@DannyWebster21) April 23, 2022
Seriously.
Wiederum nur zwei Tage später folgte dann doch die Bestätigung: Lehner muss sich wegen einer Schulterverletzung einer Operation unterziehen und kann die Saison deshalb nicht zu Ende spielen. Berichten zufolge hatte der Teamarzt der Golden Knights längst die Operation empfohlen, doch das Management bat Lehner, diese noch herauszuzögern.
Golden Knights announce Robin Lehner will undergo season-ending shoulder surgery.
— Danny Webster (@DannyWebster21) April 25, 2022
Für den Rest der Saison ist damit Logan Thompson die Nummer 1 bei Vegas. Der 25-Jährige hat in seinen bisherigen 16 Auftritten für die Golden Knights zwar gut gespielt, bringt aber noch kaum NHL-Erfahrung mit. Und die Posse um Lehner könnte seinem Verhältnis zum Klub nachhaltig geschadet haben. Damit wären wir beim nächsten Punkt.
Waren die Vegas Golden Knights in ihrer ersten Saison noch die «Golden Misfits» («die goldenen Aussenseiter»), die in ihren eigenen Klubs nicht mehr erwünscht waren und es allen zeigen wollten, hat der Klub mittlerweile eine andere Reputation.
Das Management um GM Kelly McCrimmon ist mittlerweile nämlich dafür bekannt, die eigenen Spieler nicht immer besonders rücksichtsvoll zu behandeln. Im Sommer 2021 schickte Vegas Goalie Marc-André Fleury – immerhin das erste ganz grosse Gesicht der Franchise – zu Chicago, ohne diesen zuvor zu informieren. Fleury erfuhr in den Medien davon, dass er nicht mehr Teil des Teams war.
Als Vegas versuchte, diesen Februar vor der Trade-Deadline Evegnii Dadonov loszuwerden, um Cap-Space zu schaffen, erachteten es die Teamverantwortlichen nicht als nötig, mit dem Spieler darüber zu sprechen. Hätten sie es getan, hätte Dadonov ihnen sagen können, dass er in seinem Vertrag eine No-Trade-Klausel hat. So platzte am Ende der Trade zu Anaheim, und Vegas musste Dadonov wieder in seinem Team aufnehmen.
Dazu kommt jetzt noch das öffentliche Hin und Her mit Lehner und dessen Schulteroperation. Gut möglich, dass es Spieler gibt, die sich künftig zwei Mal überlegen, ob sie in Vegas unterschreiben wollen.