War Lugano im Viertelfinal und ist Davos im Halbfinal kein echter Gegner? Diese Frage ist natürlich despektierlich. Sie blendet die Leidenschaft und den Mut der Luganesi und der Davoser aus. Und doch drängt sie sich hockeytechnisch auf.
Der Titelverteidiger ist für die Davoser einfach zu gut. Hier ist ein Einschub wichtig: Nicht ein einziger Spieler und schon gar nicht Trainer Dan Tangnes neigen zur Ansicht, der Final sei schon erreicht. Ganz im Gegenteil. Dan Tangnes hat grössten Respekt für die Leistung der Davoser. Und er weist darauf hin, wie schnell die Dinge im Hockey einen anderen Verlauf nehmen können.
Und doch: Die Zuger spielen mit einer Präzision, Disziplin, Intensität und Geduld, die in unserem Hockey in dieser Art und Weise fast einmalig sind. Nur der HCD in den besten Jahren unter Arno Del Curto und das «Grande Lugano» unter John Slettvoll (zwischen 1986 und 1990 viermal Meister) haben bisher diese taktische und spielerische Perfektion kombiniert mit Tempo und Intensität erreicht. Ein Scheitern des Titelverteidigers im Halbfinal wäre eine der grössten Sensationen in der Geschichte unseres Hockeys.
Das Torschussverhältnis in diesem Halbfinal spricht Bände: 32:20 in der ersten, 41:23 in der zweiten und 35:25 in der dritten Partie. Der HCD war auch in der dritten Partie ein tapferer Gegner. Leidenschaftlich und mutig, recht gut organisiert und läuferisch fast ebenbürtig. Und doch überfordert. Dass die Resultate in diesem Halbfinal bisher verhältnismässig knapp sind (3:0, 2:1, 3:0) hat mit den Qualitäten der Bündner, aber eben auch mit dem Leichtsinn der Zuger zu tun.
Der Leichtsinn der Zuger ist ihr leichtsinniger Umgang mit Torchancen. Das Spiel mag perfekt sein, die Defensive beinahe undurchlässig (ein Gegentor in drei Spielen) – aber die letzte Wahrheit steht immer oben auf der Resultattafel. Dort wird die Anzahl der erzielten Tore angezeigt. Und am Ende zählt nur das. Der Titelverteidiger hat gerade im letzten Spiel zu viele Torchancen nicht genützt. Deshalb ist Zug erst eine fast perfekte Hockeymaschine.
Zug hätte in der dritten Partie, gemessen an der taktischen, spielerischen und optischen Überlegenheit, mit fünf bis sechs Toren Differenz gewinnen können. Aber es wurde «nur» ein 3:0. Allein bei einem einzigen Ausschluss kamen sie im Boxplay in der Zeitspanne von 30 Sekunden zu zwei Kontern, die es Jan Kovar und Fabrice Herzog ermöglichten, allein gegen Torhüter Sandro Aeschlimann zu stürmen. Der HCD-Schlussmann parierte zweimal bravourös. Er wird dann auch zum besten Spieler gewählt. Das 3:0, die definitive Entscheidung, gelingt erst nach 59 Minuten und 59 Sekunden ins leere Tor.
Und so steht die eingangs gestellte Frage im Raum: Wird Zugs «Hockeymaschine» auch dann so nahezu perfekt funktionieren, wenn der gegnerische Widerstand grösser sein wird? Beispielsweise in einem Final gegen die ZSC Lions (eine rein hypothetische Annahme, es steht noch nicht fest, wer in den Final kommt)?
Die Zürcher sind mit Tenören wie Denis Malgin, Denis Hollenstein oder Sven Andrighetto nicht nur offensiv eine Nummer grösser als Lugano und Davos. Sie haben auch mindestens die gleiche Kadertiefe wie die Zuger und spielen mit einer Schlauheit, Geduld und Kaltblütigkeit (sie haben im Halbfinal gegen Gottéron dreimal hintereinander in der Verlängerung 3:2 gewonnen), die eine Meistermannschaft auszeichnen.
Aber Hockey ist ein unberechenbares Spiel auf rutschiger Unterlage. Vorerst sind weder Zug noch die ZSC Lions im Final.
ZSC wohl individuell noch leicht besser besetzt, Zug evtl. Mit mehr/besserem System? 🤔