Es ist der Transfer des Jahres: Lionel Messi hat den FC Barcelona nach 21 Jahren verlassen und bei Paris Saint-Germain angeheuert. Die Franzosen hoffen, dank des sechsfachen Weltfussballers endlich ihr grosses Ziel vom Gewinn der Champions League zu erreichen.
35 Millionen Euro netto soll Messi in Paris pro Saison verdienen, für zwei Jahre (mit Option auf ein drittes) hat er unterschrieben. Viel Geld, das selbst die im Ölgeld schwimmenden PSG-Besitzer aus Katar zu einem Teil gerne wieder hätten. Wobei sie einen Teil der Ausgaben auf ein Marketingkonto für die Fussball-WM 2022 abwälzen könnten, schliesslich dürfte Messi nun ein Botschafter dieses umstrittenen Turniers werden.
Es ist gut möglich, dass es den PSG-Besitzern gelingt, mit Messi Geld zu machen. Denn der 34-Jährige ist nicht nur auf dem Platz wertvoll, sondern auch neben dem Rasen. Das zeigte die Studie einer spanischen Investmentfirma. Sie berechnete, dass Lionel Messi alleine beim FC Barcelona für 30 Prozent des Umsatzes verantwortlich war.
So brachte Messi mehr ein, als er Barça kostete. Und das war eine Menge: Rund 100 Millionen Euro im Jahr. «Messi generiert mehr, als man für ihn ausgibt», sagte Präsident Joan Laporta im Januar der NZZ. Dank Messi konnte der Klub laut der Studie die Ticket- und Sponsoring-Einnahmen steigern, ebenso die Fernsehgelder und die Trikotverkäufe. Vereinbarte Barcelona ein Testspiel, erhielt es wesentlich mehr Geld dafür, wenn Messi dabei war, als wenn er fehlte.
Vom Messi-Effekt profitieren nun nicht mehr die Katalanen, sondern Paris Saint-Germain. Eine andere Untersuchung kam zum Schluss, dass die Marke FC Barcelona nach dem Verlust der Ikone mit einem Schlag elf Prozent weniger wert ist.
Aber wie ist das wirklich mit den Trikotverkäufen? Kann PSG so viele Jerseys mit der Nummer 30 auf dem Rücken verkaufen, um Messi dadurch zu finanzieren? Die Schlange vor dem PSG-Shop an der berühmten Avenue des Champs-Élysées war gestern lang, das Gedränge drinnen gross. Und jeder, so schien es, hatte nur einen Wunsch: ein Messi-Trikot zu kaufen.
157,99 Euro verlangt PSG für ein Replica-Trikot mit Messis Name und Nummer. Das Geschäft läuft wie geschmiert: Auf ihrer Website teilen die Pariser mit, dass man ausverkauft sei. Die Produktion laufe auf Hochtouren, man hoffe, Bestellungen im Oktober versenden zu können.
Doch von diesen 157,99 Euro landet nur ein Bruchteil auf dem Konto von Paris Saint-Germain. Fussballklubs erhalten vom Verkaufspreis üblicherweise zwischen 10 und 15 Prozent. Den Löwenanteil sackt laut der «Süddeutschen Zeitung» der Händler ein, der es im Laden verkauft. Die Herstellungs- und Transportkosten belaufen sich im Übrigen auf weniger als 10 Euro.
Die Klubs machen allerdings schon Geld mit dem Trikot, bevor dieses über einen Ladentisch geht. Schliesslich bezahlen die Ausrüster gutes Geld, um sich das Recht zu sichern, die Trikots eines Klubs herstellen zu können. PSG kassiert von Nike dem Vernehmen nach jährlich 80 Millionen Euro und das noch mindestens bis 2032.
Es ist ein Geschäft, das sich für beide Parteien lohnt. Das zeigt der Blick auf einen Trikotdeal, den Adidas mit Manchester United abschloss. Während zehn Jahren überweist die Marke mit den drei Streifen seit 2014 insgesamt knapp 900 Millionen Euro an die «Red Devils» – rechnet für diesen Zeitraum aber mit doppelt so hohen Einnahmen.
Paris Saint-Germain hat also bereits sehr viel Geld im Voraus kassiert, unabhängig vom jüngsten Mega-Transfer. Nehmen wir an, dass es nun von jedem verkauften Messi-Trikot zehn Prozent kassiert, kommen damit 16 Euro pro Shirt hinzu. Macht bei einer Million verkaufter Trikots 16 Millionen Euro. Die Milchbüchlein-Rechnung fertig gemacht: Wenn Messi in zwei Saisons 70 Millionen Euro verdient, muss PSG in diesen zwei Jahren knapp fünf Millionen Trikots verkaufen.
Es ist schwierig zu sagen, wie realistisch es ist, diese Marke zu erreichen, da verschiedene Quellen verschiedene Angaben machen. So heisst es einmal, dass Manchester United und Real Madrid 2018/19 jeweils mehr als drei Millionen Trikots absetzen konnten. An anderer Stelle sind die Zahlen indes nicht halb so hoch.
Die Klubs wehren sich nicht gegen allenfalls übertriebene Zahlen – schliesslich lässt es sie in gutem Licht dastehen. Ein französischer Experte sprach von bis zu 300'000 Messi-Trikots, die PSG verkaufen könne. Bei Barcelona sollen acht von zehn verkauften Trikots eines der Nummer 10 gewesen sein.
«Kein Verein der Welt kann einen Top-Spieler allein durch Trikotverkäufe finanzieren», betonte ein Adidas-Sprecher nach dem Wechsel von Cristiano Ronaldo zu Juventus. Dennoch dürfte eine Aussage von PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi stimmen. «Die Leute wären schockiert, wenn sie die Summen hören würden, die PSG mit der Ankunft von Lionel Messi verdienen wird», sagte er bei der Vorstellung des Stars am Mittwoch. Im Scherz fügte er hinzu: «Ich hoffe, Leo wird nicht um eine Lohnerhöhung bitten.»
Es ist ein wenig wie im Casino: Je mehr man setzt, umso mehr kann man gewinnen. Nach Berechnungen eines französischen Sportmarketing-Fachmanns wird der Wert von Paris Saint-Germain nach Messis Zuzug um 10 bis 20 Prozent ansteigen. Schliesslich ist es eine höchst aufregende Sache, wenn einer der zwei besten Fussballer des letzten Jahrzehnts seinen Herzensklub verlässt und bei einer Weltauswahl anheuert. Der Messi-Deal könnte sich für «Les Galactiques» neben dem Rasen also trotz der hohen Kosten auszahlen. Nicht primär wegen der Trikotverkäufe, aber sie sind ein Faktor.
Ob sich der Transfer auch auf dem Platz bezahlt machen wird? PSG trifft am Samstag auf Racing Strasbourg, noch ohne Lionel Messi, der nach der Copa America noch Trainingsrückstand hat. Die neue Pariser Sehenswürdigkeit wird das Spiel wohl auf der Tribüne mitverfolgen – und dort so oft fotografiert werden wie sonst nur der Eiffelturm und die Mona Lisa.
Die Fans kaufen ja auch Emotionen und nicht nur das Trikot.