Sandro Zurkirchen, die verlässliche Nummer 2, wollten die Klotener nicht mehr. Gleich fünf Ausländer sind gegangen, mussten gehen oder sind abgeworben worden (Aaltonen, Ojamäki, Audette, Niku, Grégoire). Sie hatten immerhin für 60 Tore gesorgt. Es ist keineswegs sicher, dass die Neuen (Lindroth, Klok, Gignac, Leino, Puhakka) gleich gut oder gar besser sind.
Eine ganze Reihe von jungen Spielern mit viel Potenzial suchen auf allen Positionen, vom Torhüter über Verteidiger bis zu Flügeln und Mittelstürmern, ihren Platz in der höchsten Liga. Keine andere Mannschaft ist so durcheinandergewirbelt worden. Auch wenn die meisten der Neuen Klotens DNA in ihrem Spiel haben (Laufen, Laufen, Laufen): Es ist eine zerbrechliche Renaissance der Schluefweg-Kultur.
Das Absturz-Risiko ist enorm. Die Liga ist so ausgeglichen, dass für Experimente eigentlich kein Spielraum besteht. Sportchef Ricardo Schödler spielt mit dem Feuer. Gefordert sind der Kern der erfahrenen Routiniers und – natürlich – Trainer Lauri Marjamäki. Sein erstes Jahr in Kloten wird ihm im Rückblick womöglich bald vorkommen wie ein Leben auf einem Hockey-Ponyhof.
Auf einer Skala von 1 bis 10 Pucks.
Lauri Marjamäki war in seinem ersten Jahr in Kloten ein Kandidat für den Titel Trainer des Jahres. Er erhöhte die Offensiv-Produktion von 108 auf 134 Tore und zugleich ist die Anzahl Gegentreffer von 177 auf 149 gesenkt worden. Die Mannschaft ist vom 13. auf den 7. Platz geklettert. Nun wird er in seiner zweiten Saison im Schluefweg sozusagen für seine erfolgreiche Arbeit bestraft: Er muss die Erwartungen erfüllen, die er mit seiner erfolgreichen Arbeit, mit einem zeitweisen Mitmischen in der Spitzengruppe der Liga, einem 7. Platz und dem Erreichen der Playoffs geweckt hat. Einige Experten hatten Kloten vor einem Jahr sogar auf dem letzten Platz erwartet. Der ehemalige finnische Nationaltrainer und zweifache finnische Meister steht vor einer riesigen Herausforderung und die Entlassungsgefahr ist grösser, als er denkt.
Ludovic Waeber gehört letzte Saison zu den besten Schweizer Goalies. Ab 2026 wird er in Gottéron die Nummer 1 sein. Dieser frühe Vertrag bei der Konkurrenz wird seine Leistung nicht negativ beeinflussen. Eine höhere Bewertung wäre also vertretbar. Aber Kloten hat nach dem Abgang von Sandro Zurkirchen (zum SCB) keine erfahrene und verlässliche Nummer 2. War es frivoler Leichtsinn, auf Sandro Zurkirchen zu verzichten? Time will tell.
Die 149 Gegentore waren letzte Saison Klotens beste Wert seit dem Wiederaufstieg. Von den beiden neuen ausländischen Verteidigern (Max Lindroth, Lukas Klok) hängt es in erster Linie ab, ob die defensive Flughöhe der letzten Saison wieder erreicht werden kann. Beide gelten nicht als Defensiv-Verteidiger. Klotens defensive Stabilität droht ins Wanken zu geraten.
Offensiv war Kloten mit 134 Toren letzte Saison lediglich die Nummer 10. Trotz viel Umsatz auf dem nationalen und internationalen Spielermarkt mit drei neuen ausländischen Stürmern (Gignac, Leino, Puhakka) ist nur dann eine gleich gute offensive Produktion oder gar eine Steigerung möglich, wenn die jungen Schweizer Stürmer weitere Fortschritte machen. Am spielerischen Spektakel wird es an einem guten Abend nicht fehlen. Aber wie steht es mit der Effizienz? Das ist die grosse, die bange Frage.
Nach turbulenten Jahren, die im Abstieg von 2018 gipfelten, hat Kloten wieder sicheren Boden unter den Schlittschuhen. Unter der Regie von Präsident Mike Schälchli ist die Rückkehr in die höchste Liga und eine Renaissance der Schluefweg-Kultur gelungen. Dafür ist die Maximalnote fällig. Mike Schälchli hat sich aus der zentralen Führungsposition zurückgezogen.
Sportchef Ricardo Schödler ist nun seit einem Jahr im Amt. Er hat eine Vision: schnelles, kreatives, schwungvolles Schluefweg-Hockey, geprägt von jungen, aufstrebenden Spielern – und entsprechend hat er die Mannschaft umgebaut. Optimisten erhoffen sich eine glanzvolle Weiterentwicklung der Schluefweg-Kultur. Pessimisten sehen im forschen Vorgehen und in der Auswechslung des fast ganzen ausländischen Personals ein riskantes Spiel mit dem Feuer, das im Playout enden kann. Deshalb eine eigentlich unverdient tiefe Bewertung.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
War es je so schwierig, Mannschaften einzuschätzen wie vor der Saison 2025/26? Nein, wahrscheinlich nicht. Wir wissen zwar aus Erfahrung, dass es mindestens eine Überraschungs-Mannschaft und einen strauchelnden Titanen geben wird. Aber wer wird positiv überraschen? Langnau? Ambri? Ajoie? Und wer gerät in den Strudel einer Krise? Erneut der Servette? Aber vielleicht helfen ja unsere Noten bei der Einschätzung.
Statistiken sagen viel. Aber alle haben sie. Gibt es mehr als nur diese allgemein zugänglichen Zahlen? Ja. Eine Bewertung jedes einzelnen Spielers. Deshalb benoten wir jeden unserer Helden des rutschigen, eisigen Spielfeldes. Wir polemisieren damit sozusagen nach Noten. Aber leicht machen wir uns die Sache nicht. Unsere Noten basieren bei Weitem nicht nur auf unserem unzulänglichen Urteilsvermögen. Wir folgen auch den Einschätzungen der wahren Kenner, der Trainer, Sportchefs, NHL-Scouts. Und ein Problem können wir nicht lösen: Alle Beurteilungen basieren auf den Leistungen in der Vergangenheit. Was einer in Zukunft leisten wird, bleibt reine Spekulation.
Wenn wir wissen wollen, wie gut eine Mannschaft ist bzw. sein wird, können wir einfach den Noten-Durchschnitt ausrechnen. Oder? Aber so einfach ist es leider nicht. Ob aus hochkarätigen Spielern mit hohen Noten tatsächlich eine starke Mannschaft wird, ist nämlich höchst ungewiss. Es ist keineswegs sicher, dass eine Mannschaft tatsächlich so gut spielt, wie sie es aufgrund der Bewertung der einzelnen Spieler eigentlich müsste. Das zeigt auch, welche Gestaltungskraft gute Trainer haben. Sie können mehr aus einem Team herausholen, als unsere Noten vermuten lassen. Unsere Noten sagen letztlich noch nichts über die Mannschaft. Wer sich bei den Prognosen trotzdem auf diese Noten verlässt, ist selbst schuld.
Unterschätzt der Chronist einmal mehr die Klotener? Ein Absturz vom 7. auf den 12. Platz ist eine pessimistische Prognose. Aber auch eine realistische. Kloten flog letzte Saison hoch, höher als es eigentlich die Qualität der Mannschaft hätte erwarten lassen. Kloten lebte über seinen spielerischen Verhältnissen und kehrt nun zur Realität zurück. Und die ist der Tabellen-Keller.