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Die Champions Hockey League in der Krise – die Gründe und ein Ultimatum

The ZSC Lions players during the Swiss national anthem before the Champions Hockey League game between Switzerlands ZSC Lions Zuerich and Finlands Kalpa Kuopio, at the Swiss Life Arena in Zurich, Swit ...
Selbst für den Sieger lohnt sich die Champions Hockey League kaum.Bild: keystone
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Warum die Champions League die Swiss League des europäischen Hockeys ist

Die Champions League funktioniert im Eishockey nicht und steht 2028 in der aktuellen Form vor dem Ende.
03.12.2025, 05:1003.12.2025, 05:10

Eine 60-jährige Geschichte voller Pleiten, Pech und Pannen. In der Saison 1965/66 ist der erste europäische Klubwettbewerb ausgetragen worden. Damals noch als Europa-Pokal. Daraus ist inzwischen die Champions Hockey League (CHL) geworden, seit 2014 in der heutigen Grundform. Sie funktioniert so wenig wie einst der Europa-Pokal.

Eine sportliche Ausgeglichenheit wie im Fussball gibt es im europäischen Hockey bis heute nicht und Teams aus wichtigen TV- und Werbemärkten (Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien) sind praktisch chancenlos. Das bisherige Rekordergebnis: Hollands Meister Heerenven bodigte 1978 in der ersten Runde Bilbao 21:2 und die ersten 25 Austragungen (1966 bis 1990) von Teams aus der UdSSR oder der CSSR gewonnen worden.

Europas Eishockey kennt keine grenzüberschreitende Klubkultur wie im Fussball. Im Fussball kennen die Fans in allen Ländern die Stars und Klubs der grossen Ligen (Bundesliga, Premier League, Serie A etc.). Im Eishockey gibt es nur zwei Ligen, die interessieren: die im eigenen Land und die NHL. Den Achtelfinal in Bern gegen Brynäs (Sd) wollten 4602 Fans sehen. Die Partie gegen das ewige Schlusslicht Ajoie hingegen 13'468.

Schweiz: Champions Hockey League 2025/26 1/8 final, SC Bern vs Brynäs IF - PostFinance Arena, Bern: Spieler von SC Bern vor dem Spiel Bern PostFinance Arena Bern Schweiz *** Switzerland Champions Hock ...
Keine Seltenheit in der Champions Hockey League: Viele leere Plätze im Stadion Bild: IMAGO/STEINSIEK.CH

Dazu kommt: Weil die nationalen Meisterschaften in den wichtigen Ländern mehr als 60 Spieltage beanspruchen, gibt es auch ein Terminproblem. Die Champions League blockiert Spielplan-General Willi Vögtlin neun Termine. Weil an den CHL-Heimspieltagen keine Meisterschaftsspiele ausgetragen werden dürfen.

So setzt sich die CHL-AG zusammen
Die Champions Hockey League (CHL) ist 2014 vom Internationalen Hockeyverband (IIHF), 6 europäischen Ligen plus 26 Klubs als AG nach Schweizer Recht mit Sitz in Zug gegründet worden. 63 Prozent der Aktien halten 26 Klubs aus 6 europäischen Ligen, 25 Prozent die europäischen Ligen und 12 Prozent der Internationale Verband.

Die Schweizer Klubs, die an der CHL beteiligt sind: ZSC Lions, Zug, SC Bern und Gottéron.

Die 6 Ligen: Liiga (Finnland), SHL (Schweden), DEL (Deutschland), Czech Extraliga (Tschechien) und ICE Hockey League (Österreich/Italien).

Russland hat sich bis und mit der Saison 2008/09 am europäischen Klubwettbewerb beteiligt. Der letzte Auftritt war die Finalniederlage von Magnitogorsk mit Hin- und Rückspiel gegen die ZSC Lions. An der 2014 neu gegründeten Champions Hockey League haben sich die Russen nicht beteiligt und ohnehin wären sie heute aus politischen Gründen vom Wettbewerb ausgeschlossen.
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Bild: keystone

Vollends unattraktiv ist die CHL aus wirtschaftlichen Gründen. Sie ist ein Minus-Geschäft für die Klubs. Die ZSC Lions haben die reichste Erfahrung in diesem Wettbewerb. Sie haben ihn bereits zweimal gewonnen (2009, 2025). ZSC-Manager Peter Zahner sagt, die Grundregel sei, dass erst ab einer Halbfinalqualifikation schwarze Zahlen möglich sind. Vor allem wegen der hohen Reisekosten. Für Spiele in Skandinavien sind oft Charter-Flüge erforderlich.

Das Publikum interessiert sich ohnehin frühestens im Halbfinal für den Wettbewerb. Der Sportchef eines wichtigen Klubs sagt sogar: «Es wäre besser, auf die Champions League zu verzichten und die Termine wieder für einen Schweizer Cup zu nutzen. Dann haben wenigstens die kleinen Klubs bei uns etwas davon.»

Das geht natürlich nicht. Die Verträge mit der Champions League (als AG mit Sitz in Zug konstituiert), laufen noch bis 2028. Für die CHL qualifizierte Klubs, die auf eine Teilnahme verzichten, würden mit einer sechsstelligen Summe gebüsst. Die Unzufriedenheit ist inzwischen so gross, dass in Schweden und Finnland trotzdem öffentlich der Ausstieg erwogen wird. Inzwischen gibt es Klubs, die für einzelne Partien mehrheitlich mit Nachwuchsspielern antreten. So wie die Swiss League das Sorgenkind unseres Hockeys, so ist die Champions League das noch grössere Sorgenkind des internationalen Klubhockeys.

Die Champions League steht unter diesen Voraussetzungen auf der Kippe. Alles hängt davon ab, ob es gelingt, die TV- und Werberechte noch einmal mindestens zum gleichen Preis an die ebenfalls in Zug domizilierte internationale TV- und Vermarktungsagentur Infront oder einen anderen Interessenten zu verkaufen.

Die Schweiz ist diese Saison mit vier Teams im Wettbewerb (ZSC Lions, Lausanne, Bern, Zug). Neben den drei regulären Teilnehmern auch Titelverteidiger ZSC Lions. Qualifiziert sind für die Schweiz jeweils der Meister, der Qualifikationssieger und der Zweite der Qualifikation.

Nur noch die Zuger sind im aktuellen Wettbewerb dabei und treten heute Abend (17.30 Uhr) zum Viertelfinal-Hinspiel auswärts gegen Lukko Rauma (Fi) an. Sie stehen in grossen Schuhen. Servette und die ZSC Lions haben die letzten zwei Austragungen gewonnen. Immerhin ein Prestige-Erfolg, der für die Qualität unserer Liga steht.

Hockey haut dich um!
Auch in dieser Saison können die Schweizer Eishockeyfans ausgewählte Spiele im Free-TV mitverfolgen.

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Die Zuger sind aus einem ganz besonderen Grund keine CHL-Kritiker. EVZ-Manager Patrick Lengwiler sitzt als einziger Schweizer im Verwaltungsrat der Champions League AG. Schlauerweise hat er kritische Fragen zur Sache gleich an den Präsidenten Jörgen Lindgren weitergeleitet. Der Schwede sagt unter anderem: «Wir nehmen die öffentliche Meinung sehr ernst und stehen in engem, kontinuierlichem Austausch mit den Ligen und Vereinen. Diese Stimmen sind wichtig und zeigen, dass sie sich mit der Champions League auseinandersetzen und identifizieren. Deshalb sehen wir diese Ansichten nicht als Gefahr, sondern als Chance, dass wir den Wettbewerb nur durch gemeinsames Handeln stärken können.»

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CHL-Präsident Jörgen Lindgren.Bild: www.imago-images.de

Im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung der 2028 auslaufenden Verträge mit den Ligen und dem Vermarkter Infront mit Sitz in Zug, sagt Lindgren: «Es gibt in verschiedenen Bereichen Optimierungsbedarf, beispielsweise in Media/Commercial Rights sowie den Kostenstrukturen. Es ist für uns entscheidend, die Potenziale sorgfältig zu analysieren, damit wir sie in den kommenden Jahren strategisch angehen können. Wir sind überzeugt, dass die Champions Hockey League auch über 2028 hinaus bestehen wird.»

Dass die Schweizer Klubs aussteigen, glaubt er nicht: «Wir arbeiten eng mit der National League und den Clubs zusammen und denken nicht in Szenarien, in denen sie nicht mehr teilnehmen würden.»

Seine Wünsche in den Ohren der Hockey-Götter.

Das vollständige Interview mit Jürgen Lindgren:
In Schweden und Finnland gibt es ziemlich heftige öffentliche Kritik an der Champions League und inoffiziell auch bei uns – wie ist diese Kritik zu beurteilen? Ist die Champions League dadurch im aktuellen Modell in Frage gestellt?
Jürgen Lindgren:
Wir nehmen die öffentliche Meinung sehr ernst und stehen in engem, kontinuierlichem Austausch mit den Ligen und Vereinen. Diese Stimmen sind wichtig und zeigen, dass sie sich mit der CHL auseinandersetzen und identifizieren. Das 24‑Team‑Format hat sich etabliert und die Spielqualität ist sehr hoch. Wir versuchen stets, ein offenes Ohr zu haben und weitere Entwicklungen voranzutreiben. Gleichzeitig ist das Engagement aller beteiligten Parteien ebenso entscheidend – ohne dieses leidet die Attraktivität der CHL, was das Akquirieren von Sponsoren und das Interesse von Broadcastern erschwert. Deshalb sehen wir diese Ansichten nicht als Gefahr, sondern als Chance, dass wir den Wettbewerb nur durch gemeinsames Handeln stärken können.

Im Januar beginnen die Verhandlungen über die Weiterführung und Rechte der Champions League nach Auslaufen des aktuellen Vertrages (bis 2028). Wie stehen die Chancen auf eine Weiterführung der Champions League nach 2028? Gibt es Aussichten auf eine wirtschaftliche Verbesserung?
Bei dieser Art von Vereinbarungen ist es üblich, dass die Verhandlungen bereits lange vor Ablauf der aktuellen Laufzeit beginnen, und selbstverständlich haben wir uns ebenfalls frühzeitig darauf vorbereitet. Es gibt in verschiedenen Bereichen Optimierungsbedarf, beispielsweise in Media/Commercial Rights sowie den Kostenstrukturen. Es ist für uns entscheidend, die Potenziale sorgfältig zu analysieren, damit wir sie in den kommenden Jahren strategisch angehen können. Wir sind überzeugt, dass die Champions Hockey League auch über 2028 hinaus bestehen wird.

Wo sehen Sie die Probleme der Champions Hockey League?
Wir sind uns der Herausforderungen bewusst und gehen sie an, indem wir mögliche Veränderungen prüfen und diskutieren. Wir verstehen die Bedenken hinsichtlich Kosten und Einnahmen. Die Champions Hockey League bleibt eine wichtige Plattform, um die besten Clubs Europas zu präsentieren. Meinungen zeigen, dass man sich mit uns auseinandersetzt und bieten die Chance zur Verbesserung. Wir setzen uns dafür ein, den Wettbewerb nachhaltiger zu gestalten, die Fans stärker einzubinden und für alle Teilnehmer fairer respektive attraktiver zu machen.

Welche Verbesserungen sehen Sie?
In den vergangenen Jahren haben wir bereits mehrere Anpassungen umgesetzt, die sich als erfolgreich erwiesen haben und mit denen wir sehr zufrieden sind. So haben wir beispielsweise die Team Contribution für die Regular Season erhöht, die Spielplanung optimiert und das kommerzielle Rechteportfolio für die Clubs erweitert – dies sind alles Massnahmen, die unter den momentanen Möglichkeiten umgesetzt wurden. Dennoch überprüfen und beobachten wir kontinuierlich mögliche Format-Anpassungen, stets auf Basis von Daten und im Dialog mit den Clubs. Gleichzeitig wollen wir die Teams noch stärker unterstützen und die Team Contribution weiter anpassen. All dies kann jedoch nur Schritt für Schritt erfolgen, um eine nachhaltige und stetige Entwicklung der CHL sowie das Commitment zum Produkt und das Vertrauen in den Prozess sicherzustellen.

Ist es denkbar, dass die Schweizer Klubs ab 2028 nicht mehr mitmachen?
Wir arbeiten eng mit der National League und den Clubs zusammen und denken nicht in Szenarien, in denen sie nicht mehr teilnehmen würden. Wir sind entschlossen, gemeinsam daran zu arbeiten, dass die Schweizer Teams auch in Zukunft Teil der CHL bleiben.
DANKE FÜR DIE ♥
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