Die erste Pause war in Zug nur noch wenige Sekunden entfernt, da spielte sich die unschönste Szene des Abends ab: Zugs Reto Suri und ZSC-Stürmer Marco Pedretti kollidierten an der blauen Linie der Zuger Offensivzone. Knie traf auf Knie. Suri wälzte sich sofort vor Schmerzen und konnte das Eis nur gestützt von Teamkollegen verlassen. Auch Pedrettis Spiel war vorbei. Er musste mit einer grossen und einer Spieldauer-Disziplinarstrafe unter die Dusche.
Diesen Entscheid konnten viele ZSC-Fans nicht nachvollziehen. Aus ihrer Sicht verursachte Suri diese Kollision selbst, weil er im letzten Moment versuchte, dem Check von Pedretti auszuweichen. Fakt ist: Es steckte keine böswillige Absicht hinter der Aktion, vielmehr war es ein Unfall mit unschönen Folgen.
So beurteilt unser Schiri-Experte Tobias Wehrli die 5' Strafe nach dem Zusammenprall von Marco Pedretti und Reto Suri. 👇📺
— MySports (@MySports_CH) April 28, 2022
Wir wünschen Reto Suri auf jeden Fall gute Besserung! 🍀💪@official_EVZ | @zsclions | @NLSLOfficial pic.twitter.com/yLoWyds4dh
Bei der Kritik der Schiedsrichter sollte beachtet werden, dass sie keine Wiederholungen zur Verfügung haben, welche die Nuancen in den Bewegungen zeigen, wie sie die TV-Zuschauer sehen. Sie sahen nur eine extrem heftige Knie-auf-Knie-Kollision in Echtzeit und wie sich Suri dabei verletzte. «MySports»-Schiedsrichterexperte Tobias Wehrli sagte: «Pedretti hat kein Interesse am Puck. Es geht nicht um Absicht, sondern dass er das Risiko eingeht, den Gegner zu verletzen. Eine Fünf-Minuten-Strafe ist der richtige Entscheid.»
Im zweiten Drittel lief eigentlich vieles für den ZSC. Die Lions überstanden die zweiminütige, doppelte Unterzahlsituation nach dem Fünfer gegen Pedretti und einem Zweier gegen Yannick Weber unbeschadet. In der 31. Minute traf Denis Malgin dann einmal mehr mit einer herrlichen Aktion und brachte die Zürcher in Führung. Und in der Folge drückte der «Zett» gar auf das 2:0.
Justin Sigrist war in der 35. Minute ganz nahe an der Verdoppelung der Führung. Sein Buebetrickli-Versuch wurde aber im letzten Moment abgewehrt – nicht etwa von EVZ-Goalie Leonardo Genoni, sondern von Verteidiger Nico Gross. Es war eine dieser Szenen, die zeigte, wie wenig in dieser Serie den Unterschied über Sieg und Niederlage ausmachen können.
Apropos Justin Sigrist und knappe Dinger: Viel knapper als in der 45. Minute geht es eigentlich gar nicht. Beim Stand von 1:1 im Schlussabschnitt fiel dem 23-jährigen ZSC-Stürmer ein Abpraller von Leonardo Genoni auf den Stock. Sigrist reagierte blitzschnell, traf aber nur den Pfosten. Erst die Wiederholung zeigte: Sigrist berührte den Puck bei der Schussabgabe zwei Mal mit der eigenen Stockschaufel. Die zweite Berührung – wenn auch nur ganz sachte – war genug, um den Puck ganz leicht nach links und somit an den Pfosten abzulenken.
Andernfalls wäre der Schuss von Sigrist reingegangen und vielleicht würden wir heute stattdessen über den zehnten Meistertitel der ZSC Lions schreiben. Experte Sven Helfenstein meinte im «MySports»-Studio: «Das wäre vermutlich der Gamewinner gewesen. Wenn du jetzt diesen Kübel nicht holst, bringst du den nicht mehr aus dem Gedächtnis. Da reicht Mentaltraining nicht, da brauchst du wahrscheinlich schon Hypnose. Das ist ganz bitter.»
So entschied am Ende nicht Justin Sigrist die Partie, sondern Dario Simion. Der Zuger profitierte dabei von der Vorarbeit von Jan Kovar – und dieser wiederum von einem fatalen Fehlpass von Chris Baltisberger. In Überzahl spielend warf der ZSC-Stürmer nach einem Abpraller beim eigenen Goalie den Puck sorglos in die Ecke. Dort stand aber nicht wie erwartet Verteidiger Maxim Noreau, sondern EVZ-Stürmer Kovar.
Bis Baltisberger, der bereits wieder die Angriffsauslösung lancieren wollte, seinen Fehler realisierte, war es schon zu spät, um Simion am Führungstreffer zu hindern. Interessante Parallele: Auch im ersten Finalspiel kam Simion bei ausgeglichenem Spielstand kurz vor Schluss zu einer Shorthander-Chance. Damals brachte ZSC-Goalie Jakub Kovar noch irgendwie den Stock an den Puck. Dieses Mal war er bei Simions Geschoss unter die Latte machtlos. Millimeter entscheiden in dieser Finalserie.