Etwas ist anders, wenn man Allan McShane bei der Arbeit zusieht. Wer öfters Eishockey schaut, dem fällt das gleich auf. Und beim zweiten Blick ist klar, was anders ist: die Farbe des Schlägers.
Der 24-Jährige hat sich für ein komplett weisses Modell entschieden. Das sieht man selten. «Das Leben ist zu kurz, um nicht ein bisschen Spass zu haben und so etwas auszuprobieren, und um zu sehen, ob mir das dabei hilft, mit mehr Selbstvertrauen zu spielen», sagt McShane im Gespräch mit watson.
Der Ursprung dafür liegt einige Jahre zurück. 2016 nahm McShane mit Kanada an den Olympischen Jugendspielen in Lillehammer teil, dort spielte er mit einem weissen Schläger, der silberne und rote Elemente des Team Canada besass.
«Dass ich jetzt wieder mit weissen Schlägern spiele, hat viel mit den schönen Erinnerungen an damals zu tun», sagt der Topskorer des EHC Winterthur. McShane gewann mit seinen Kollegen die Silbermedaille, im Final gegen die USA gelang ihm beim 2:5 ein Tor.
Nach diesen Jugendspielen griff Allan McShane lange zu schwarzen Schlägern, wie sie fast alle Eishockeyspieler verwenden. Erst als die grossen Hersteller begannen, weisse Stöcke zu produzieren, wechselte er wieder.
«Als ich in der vergangenen Saison in den Playoffs für La Chaux-de-Fonds spielte, hatte ich ein ganzes Bündel dieser Schläger, aber die meisten zerbrachen mir und ich musste wieder mit schwarzen spielen», erinnert sich McShane und schmunzelt. «Ich musste eine Weile warten, bis ich wieder an weisse kam.»
Nun fragt sich natürlich, ob und wie sich das Spiel verändert, wenn der Schläger die gleiche Farbe wie das Eis hat und er dadurch gewissermassen unsichtbar wird. Eine Weile lang habe er tatsächlich den Eindruck gehabt, dass etwas anders sei, sagt McShane. Allerdings habe er dann mit der Zeit festgestellt, dass es auf sein Spiel keinen Einfluss habe, welche Farbe sein Stock hat.
«Ich habe mich auch schon gefragt, ob es für meine Teamkollegen schwieriger sein könnte, mir den Puck zu passen, weil sie den Schläger vielleicht nicht sehen. Aber das hat sich nicht als Problem herausgestellt.» Auch die gegnerischen Goalies hätten nicht mehr Mühe wegen der Farbe: «Damit spekuliert man natürlich, aber wenn ich die Torhüter in meinem Umfeld frage, dann sagen sie, das spiele für sie keine Rolle.»
So bleibt es primär bei den guten Erinnerungen – und bei der Möglichkeit, auf dem Eisfeld herauszustechen. «Ich mag das und ich versuche gerne, nicht alles so zu machen, wie es der Norm entspricht», sagt der Center.
Der legendäre ZSC-Stürmer Michel Zeiter wurde wegen der weissen Schlittschuhe, die er stets trug, «Susi» gerufen. Muss auch Allan McShane Sprüche aushalten, dass ein weisser Schläger ein wenig zu extravagant oder gar divenhaft sei? Das Gegenteil ist der Fall. «Als mir die weissen Schläger ausgingen, sagten mir die Kollegen, sie würden mich so kaum erkennen. Das sei ja gar nicht ich, wenn ich mit schwarzen auflaufe.»
Die Nomination für die Olympischen Jugendspiele zeigt, dass Allan McShane ein sehr talentierter Stürmer war. 2018 wurde er von den Montréal Canadiens in der 4. Runde gedraftet, in die NHL schaffte er es bislang nicht. Der Traum lebt weiter, auch wenn er jetzt in der Swiss League ein Stück davon entfernt ist.
«Ich habe nach wie vor im Hinterkopf, dass es die Möglichkeit geben könnte, in der NHL zu spielen. Es kommt schliesslich ab und zu vor, dass Spieler mit 25 oder 26 Jahren und nach einer starken Saison in Europa die Chance erhalten, sich zu beweisen», sagt McShane. «Mein oberstes Ziel ist es nicht. Sollte ich aber die Gelegenheit erhalten, mich zu zeigen, würde ich das natürlich gerne anpacken.»
Über den Atlantik flog der Kanadier während der Corona-Pandemie, als in der Heimat der Sport stillstand und in Europa teilweise gespielt wurde. Über die Slowakei, Schweden und Italien kam er Ende des vergangenen Winters in die Schweiz, in dieser Saison läuft er für den EHC Winterthur auf, wo er mit 29 Punkten aus 38 Spielen Topskorer des Teams ist.
«Ich habe durch die verschiedenen Engagements als Hockeyspieler profitiert, habe andere Spielweisen kennengelernt», sagt McShane, weshalb er mit seinem Entscheid zufrieden sei, es nicht in der AHL, sondern in Übersee zu versuchen. «In Winterthur sind wir ein tolles Team mit guten Typen und auch die Stadt gefällt mir sehr gut.» Aufgrund des Spielplans habe er vom Land etwas weniger gesehen als seine Ehefrau, die häufiger unterwegs ist, um die Schweiz zu erkunden. «Hoffentlich finde ich nach dem Saisonende Zeit, um fürs Skifahren oder Wandern in die Berge zu gehen.»
Das Saisonende wollen Allan McShane und seine Kollegen selbstredend noch lange nicht erleben. Winterthur kämpft um einen Playoff-Platz, das Heimspiel heute Abend (20 Uhr) gegen Aufsteiger Chur ist daher ein Sechs-Punkte-Spiel. «Jeder will in die Playoffs, denn da kann alles passieren», meint der Topskorer. «Der Sieg gegen Leader Basel am Samstag gibt uns Mumm für die Aufgaben, die noch auf uns warten.»