Was hat Sie so erbost?
René Fasel: Die Russen haben nach der
Medaillen- und Pokalübergabe das Eis
verlassen, bevor die Hymne für Weltmeister
Kanada gespielt worden ist. Ich kann dieses
Verhalten nicht akzeptieren. Es ist respektlos
gegenüber dem Sport und gegenüber dem
Gegner. Ich kann den Frust nach der
Finalniederlage verstehen. Aber Verlieren
gehört auch zu unserem Sport.
Was unternehmen Sie nun?
Unsere Disziplinarkommission
beurteilt den Fall.
Welche Strafe droht den Russen?
Erst einmal bekommen sie
rechtliches Gehör und es ist Sache der
Disziplinarkommission, ob es eine Strafe gibt
oder nicht. Möglich sind Bussen und
Verwarnungen.
Die Russen sagen, die Türe sei geöffnet
worden, deshalb hätten sie das Eis frühzeitig
verlassen.
Dass die Türe geöffnet wurde, stimmt. Aber das ist doch eine faule Ausrede!
Die Spieler haben alle Medaillen bei
verschiedenen Weltmeisterschaften
gewonnen, schon als Junioren. Sie wissen aus
eigener Erfahrung sehr wohl, wie das
Prozedere läuft und dass man für die Hymne
des Siegers auf dem Eis bleibt. Ich hätte für
dieses Verhalten noch ein gewisses
Verständnis, wenn die Niederlage umstritten
gewesen wäre. Beispielsweise durch eine
Niederlage in der Verlängerung nach einem
Schiedsrichter-Fehlentscheid. Aber so war es
ja nicht. Der Finalsieg der Kanadier ist ja mit
6:1 diskussionslos.
Gibt es denn eine Rechtsgrundlage für eine
Bestrafung?
Ja. Weil die Finnen einmal nach
einem Bronzespiel als Verlierer auch vor der
Hymne das Eis verliessen, haben wir ein
entsprechendes Reglement eingeführt.
Die Russen sind Ihre Freunde. Hätten Sie
nicht ein Auge zudrücken können?
Sie haben recht, ich verstehe
mich gut mit den Russen und deshalb ist die
Enttäuschung für mich umso grösser. Aber der
Vorfall hat nichts damit zu tun, ob es
Amerikaner, Russen oder Schweizer sind. Man
mag mich als konservativen Funktionär
belächeln. Aber ich bleibe dabei, dass es
Anstandsregeln gibt, die einzuhalten sind.
Respekt für den Gegner gehört zu unserem Sport.
Haben Sie sich bei Ihrem Freund Wladimir
Putin beschwert?
Ich denke nicht, dass das
notwendig ist. Er wird vom Vorfall erfahren haben.