Kevin Fiala ist derzeit der beste Schweizer in der NHL. Seit zwei Saisons produziert der Ostschweizer mehr als einen Punkt pro Spiel und auch dieses Jahr ist er wieder auf bestem Weg dazu. Entsprechend ist der 27-Jährige mit dem Saisonstart zumindest «grundsätzlich» zufrieden. Er habe noch nicht immer das Spiel so übernehmen können, wie er das in den letzten Saisons oft gemacht habe. «Aber in den letzten Spielen habe ich Schritte in die richtige Richtung gemacht», sagte Fiala im Gespräch mit watson.
Mit rund 20 Spielen ist aber erst ein Viertel der Regular Season in der NHL absolviert. Im besten Fall folgen danach noch lange Playoffs – die intensivste Phase der Saison – oder zumindest noch die Weltmeisterschaft. Wie steht ein Spieler diese Strapazen durch? «Es ist wirklich streng», gibt Fiala zu. Der Unterschied von rund 50 Spielen in Europa zu mehr als 80 Spielen pro Saison in der NHL sei riesig. Denn es bleibt nicht allein bei den Anstrengungen der Spiele: «Wir fliegen herum, kommen teilweise mitten in der Nacht an und spielen am nächsten Tag wieder oder haben Training. Dann kämpfen wir immer wieder auch mit der Zeitverschiebung.»
Umso wichtiger sei es, dass man dabei auf die eigene Gesundheit achte. «Es ist wichtig, dass wir gut regenerieren, schlafen und essen», sagt Fiala, und ergänzt: «Man muss detailversessen sein – im Training und neben dem Eis.» Diese kleinen Details können am Ende grosse Veränderungen bringen. Das habe er in den ersten Jahren seiner Karriere noch etwas vernachlässigt, gibt der NHL-Stürmer zu.
Doch mittlerweile hat er den Wert dieser Details erkannt. Seit diesem Herbst ist Fiala Partner des Schweizer Gesundheits-Start-ups Care. Diesen Sommer habe er eines ihrer Angebote ausprobiert. «Da wird dir Blut entnommen und dann wird alles genau analysiert – etwa bei welchen Vitaminen oder anderen Nährstoffen du vielleicht Mängel hast oder auch einen Überschuss», erzählt der Ostschweizer. Dies helfe ihm ganz grundsätzlich zu wissen, was in seinem Körper abgehe und wie er auf allfällige Veränderungen zu reagieren habe.
Fiala hofft, dass er so nicht nur für den Sport, sondern ganz allgemein seine Gesundheit verbessern kann. Aber aktuell steht natürlich die NHL-Karriere im Fokus: «Wenn ich jeden Tag aufwache und mich auch nur ein oder zwei Prozent besser fühle, weniger müde bin, schneller regeneriere, oder mich schneller von allfälligen Verletzungen erholen kann, bringt mir das einen grossen Vorteil.»
Die Basis für eine erfolgreiche NHL-Saison wird bereits im Sommertraining gelegt. Fiala setzt dabei auf einen ausgewogenen Mix aus Krafttraining und Ausdauer. Während der Saison bleibe die Trainingsintensität in der Mannschaft hoch, aber die Zeit wird etwas reduziert. «Während wir in den Trainingscamps sicher eine Stunde oder 90 Minuten auf dem Eis stehen, können Trainings während der Saison auch mal nur 15 oder 20 Minuten dauern», sagt der 27-Jährige.
Besonders wichtig ist der Schlaf und da hat der Ostschweizer einen genetischen Lottosechser gezogen: «Ich habe das Glück, dass ich sehr gut schlafe. Auch nach einem Spiel kann ich gut abschalten, während andere Spieler oft bis drei oder vier Uhr morgens wachliegen.» Einzig, wenn er mehrere Partien hintereinander nicht so gut spiele, könne es mal vorkommen, dass es im Kopf etwas mehr dreht und das Einschlafen etwas schwieriger ist.
Für diese Fälle hat die Mannschaft der LA Kings eine Lösung parat: einen eigenen Schlafexperten. Mit diesem können die Spieler Kontakt aufnehmen, wenn sie Schlafprobleme haben. «Er gibt uns aber auch Tipps, wie wir beispielsweise die drei Stunden Zeitumstellung nach New York besser meistern können», erklärt Fiala. Auch Brillen, um das blaue Licht von elektronischen Geräten zu filtern, stehen den Spielern zur Verfügung.
Natürlich ist das Angebot der Kings für ihre Spieler nicht nur darauf begrenzt. Auch eine Ernährungsberaterin steht Fiala und Co. jederzeit zur Verfügung. Sie kümmert sich um die Wünsche der Spieler, passt individuelle Menüpläne an und bereitet Shakes und Drinks für eine verbesserte Regeneration der Muskulatur zu. Im Flugzeug – wo die Spieler in breiten Business-Sitzen reisen – tragen sie Kompressions-Socken und -Hosen für eine verbesserte Durchblutung.
Doch Eishockey wird nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Kopf gespielt. «Ich glaube, mehr als 50 Prozent der eigenen Leistung gehen auf mentale Aspekte zurück», sagt Fiala. Dieser Aspekt werde derzeit noch immer unterschätzt.
Deshalb arbeitet Fiala schon länger mit einem Mentaltrainer zusammen. Ebenso wichtig sei es, zwischendurch auch den Kopf lüften zu können und nicht ans Eishockey denken zu müssen. Das sei mit dem Umzug nach Los Angeles definitiv einfacher geworden. «Im Moment haben wir gerade 25 Grad und Sonne. Ich kann mit dem Hund spazieren gehen, am Meer entspannen oder in der Stadt Dinge entdecken», sagt der Schweizer NHL-Stürmer.
Das ist ganz anders als noch in Minnesota: «Dort ging ich nach dem Training mit dem Hund spazieren, bis ich fast erfror. Danach sass ich oft nur in der eigenen Wohnung herum, bis es Zeit war für das Abendessen.» So sei das Eishockey viel mehr und länger in seinem Kopf herumgeschwirrt. Das Leben in Los Angeles sei eine Art «Reality Check». Jedes Mal, wenn er im Eishockey einen schlechten Tag habe, könne er zuhause die Aussicht geniessen und sich bewusst machen, wie schön er es habe, erklärt Fiala.
So habe er es geschafft, Konstanz auch über 82 Spiele zu finden. Auch die Erfahrung sieht der Ostschweizer als grossen Faktor. «Ich kenne meinen Körper etwas besser und weiss, wie man reagieren kann.» So soll im Frühling genügend Energie vorhanden sein, für den ganz grossen Wurf. Fiala sagt: «Unser ganz grosses Ziel ist der Stanley Cup. Darum spielen wir diese lange Saison.»