Trump-Supporter, Corona-Leugner, Provokateur – Tony DeAngelo fliegt aus dem Rangers-Kader
Tony DeAngelo war letztes Jahr einer der besten Offensivverteidiger der NHL. Seine 53 Skorerpunkte in 68 Spielen waren der viertbeste Wert der Liga – auf gleicher Stufe mit Vancouvers Quinn Hughes und noch vor NHL-Grössen wie Alex Pietrangelo, Ryan Suter oder Brent Burns.
Auf dem Eis wäre er also grundsätzlich ein Spieler, den man gerne in seinem Team hat. Dennoch haben die Rangers ihn vor zwei Tagen auf die Waiver-Liste gesetzt und gestern angekündigt, dass DeAngelo nie mehr für das Team auflaufen werde. Was war passiert?
GM Jeff Gorton says Tony DeAngelo has played his last game for the Rangers
— Elliotte Friedman (@FriedgeHNIC) February 1, 2021
Um die Situation zu verstehen, muss man wissen, dass DeAngelo in seiner bisherigen Karriere immer wieder negativ aufgefallen ist:
- Im Januar 2014 wurde der damals 18-jährige DeAngelo von seinem Team, den Sarnia Sting, für acht Spiele gesperrt, weil er einen Teamkollegen rassistisch beleidigt hatte. Es war bereits der zweite Vorfall dieser Art in vier Jahren bei den Sting. Wenig später wurde der US-Amerikaner zu einem anderen Team getradet.
The Sting confirm this is the second time Anthony DeAngelo has broken the #OHL's harassment/abuse/diversity policy.
— Sunaya Sapurji (@sunayas) February 14, 2014
- Trotz dieser Vorgeschichte wurde DeAngelo von den Tampa Bay Lightning 2014 an 19. Position gedraftet. Angesprochen auf seine Vergangenheit sagte der Verteidiger: «Es war ein Fehler. Ich habe gelernt und bin bereit, mich zu ändern.» Doch bei Syracuse in der AHL sass er immer wieder auf der Tribüne. Ein Jahr nach dem Draft tradeten die Lightning ihn ohne NHL-Einsatz zu den Arizona Coyotes.
- In seiner ersten NHL-Saison bei Arizona erhielt DeAngelo im Januar 2017 drei Spielsperren wegen einer Tätlichkeit gegen einen Schiedsrichter. Auch das war nicht der erste Vorfall dieser Art – vier Jahre zuvor wurde er in der OHL für das gleiche Vergehen suspendiert.
#Coyotes Anthony DeAngelo suspended three games by #NHL for "physical abuse of official." It will cost him $14,388.90 in forfeited salary.
— Frank Seravalli (@frank_seravalli) January 2, 2017
- Nach nur einer Saison bei den Coyotes folgte der nächste Trade. Auch Arizona hatte genug von DeAngelo und schickte den Verteidiger, der wegen seines Potenzials auf dem Eis trotzdem immer wieder Chancen erhielt, im Sommer 2017 zu den New York Rangers.
- Auch bei den Rangers schaffte es DeAngelo nicht, Schwierigkeiten zu vermeiden. Nach fragwürdigen Interaktionen mit Fans online wurde er zwischenzeitlich in die AHL geschickt.
- Seine Online-Präsenz war auch danach kontrovers. DeAngelo zeigte sich als offener und lauter Trump-Supporter und wurde schnell beleidigend, wenn dessen Politik kritisiert wurde. Er lancierte einen Podcast, um «eine Gegenstimme im Zeitalter der politischen Korrektheit zu bieten». Er leugnete die Gefährlichkeit des Coronavirus und teilte Verschwörungstheorien über einen angeblichen Wahlbetrug bei den US-Präsidentschaftswahlen im November 2020. Nachdem Twitter und andere soziale Netzwerke begannen, Trumps Accounts zu sperren, kündigte DeAngelo an, seine Konten dort ebenfalls zu löschen und zur bei Verschwörungstheoretikern beliebten Plattform «Parler» zu wechseln.
Trotz dieser Vorgeschichte und den aktuellen Querelen hat DeAngelo bei den Rangers bis zu den Pre-Playoffs im Sommer eigentlich immer gespielt. Doch nun ist vieles anders. Der mittlerweile 25-Jährige Verteidiger ist schlecht in die Saison gestartet, hat in sechs Partien nur einen Assist vorzuweisen.
Der in New Jersey geborene DeAngelo verlor seinen Platz im ersten Powerplay an den jüngeren Adam Fox. Und ohne die offensive Produktion kann er seine grossen defensiven Unzulänglichkeiten nicht mehr kompensieren. Trainer David Quinn hat ihn schon zwischendurch auf die Tribüne verbannt.
Das Fass zum Überlaufen brachte allerdings eine andere Situation. Nach der 4:5-Heimniederlage gegen Pittsburgh am Sonntag provozierte DeAngelo seinen Torhüter Alexandar Georgiev. Sportsnet-Journalist Elliotte Friedman beschrieb es so: «Die Rangers gehen vom Eis. Georgiev sitzt enttäuscht auf dem Boden, wie es jeder ehrgeizige Spieler nach so einer Niederlage tun würde und DeAngelo läuft an ihm vorbei und wirft ihm eine sarkastische Bemerkung an den Kopf. Georgiev schlägt nach DeAngelo und dann gehen sie aufeinander los, bis Teamkollegen die beiden trennen können.» Berichten zufolge soll DeAngelo seinen russischen Teamkollegen «commie» – Kommunist – genannt haben.
Spätestens jetzt haben auch die Rangers genug vom Problem-Verteidiger und distanzieren sich per sofort von ihm. Und auch der Rest der Liga scheint sich am 25-Jährigen nicht mehr die Finger verbrennen zu wollen. Selbst dass er auf der Waiver-Liste ohne Gegenleistung zu haben wäre, ändert nichts daran, dass DeAngelo kein neues Team findet. Dabei gäbe es durchaus Mannschaften, die neue Verteidiger brauchen könnten. Die Rangers boten ihn schon seit einigen Monaten zum Trade an und fanden keine Abnehmer.
Im Sommer dürfte DeAngelos Vertrag bei den Rangers aufgelöst werden. Aktuell scheint es unwahrscheinlich, dass er in der NHL noch eine Zukunft hat, er hat schon zu viele zweite Chancen vergeben. Am ehesten dürfte er seine Karriere in der KHL fortsetzen – ausgerechnet bei den «Kommunisten».


