Die National League ist mitten in einer besonders heissen Phase und steuert schon bald auf die zweite Saisonhälfte zu. Bevor es so weit ist, ziehen wir eine Zwischenbilanz. Welche Teams übertreffen die Erwartungen? Welche Mannschaften haben Mühe? Unsere Benotung sagt es dir.
Die bislang grösste Überraschung der Saison ist sicherlich der EHC Kloten. Die Zürcher Unterländer starteten stark in die Saison und haben sich nach einem zwischenzeitlichen Tief wieder gefangen. Vor der Saison als Playout-Kandidat angesehen, steht der EHC jetzt auf Platz 6. Es scheint, als habe Trainer Lauri Marjamäki die dringend benötigte Stabilität ins Spiel gebracht.
Zudem kann Kloten wieder auf gute Ausländer zählen. Miro Aaltonen ist nach einer enttäuschenden letzten Saison wieder der Alte und einer der besten Torschützen der Liga. Mit Neuzugang Sami Niku haben die Zürcher auch wieder einen dynamischen Verteidiger, der das Spiel von hinten aufbauen und prägen kann. Eine unterschätzte Neuverpflichtung ist Reto Schäppi: Der langjährige Nati-Center bringt dringend benötigte Stabilität. Und hinter dem stabilen Neuzugang Ludovic Waeber spielt Goalie Sandro Zurkirchen eine starke Saison als Nummer 2.
Wie Kloten ist auch Davos weiter vorne zu finden, als dies die meisten Experten und Fans wohl erwartet hätten. Das Team scheint die Ideen von Trainer Josh Holden mittlerweile wie gewünscht umzusetzen. Die Bündner verteidigen gut, sind offensiv gefährlich und können mit Sandro Aeschlimann auf einen der absolut besten Torhüter der Liga zählen. Auch Nummer 2 Luca Hollenstein ist stabil.
Die Ausländer beim HCD sind hervorragend: Adam Tambellini und Filip Zadina haben eingeschlagen wie eine Bombe. Matej Stranksy schiesst weiterhin Tor um Tor. Und Verteidiger Julius Honka macht den Abgang von Dominik Egli vergessen. Es gibt aber auch Problemzonen: Das Powerplay kann noch besser werden. Und es besteht eine starke Abhängigkeit von den ausländischen Stürmern. Die Schweizer wie Enzo Corvi, Valentin Nussbaumer, Simon Knak oder Andres Ambühl müssen sich weiter steigern. Marc Wieser steht gar noch ohne Skorerpunkt da.
Nach der Nati-Pause stürzten die ZSC Lions mit drei Niederlagen in Serie in eine leichte Mini-Krise. Ansonsten überzeugen die Zürcher aber in dieser Saison. Trainer Marc Crawford hat es geschafft, dass der Meisterblues gar nie Einzug gehalten hat. Keine andere Mannschaft in der Liga kreiert mehr Chancen bei 5-gegen-5. Die Verteidigung ist stabil, wenn auch nicht überragend. Das ist aber auch kein Problem, wenn dahinter Simon Hrubec oder der äusserst starke Ersatzgoalie Robin Zumbühl zwischen den Pfosten stehen.
Auch die Doppelbelastung mit der Champions Hockey League scheint für den ZSC kein Problem zu sein. Auffallend ist, dass kaum ein Spieler überragende Statistiken vorweist. Stattdessen haben die Zürcher satte 16 Spieler mit fünf oder mehr Skorerpunkten im Kader. Das zeigt: Das Zürcher Spiel funktioniert, egal welche Kombinationen Crawford aufs Eis schickt. Es ist aber noch nicht alles perfekt: Das Powerplay ist immer noch das schwächste der Liga
Lausannes Saison entspricht bislang ungefähr den Erwartungen, schliesslich standen die Waadtländer letztes Jahr im Playoff-Final und waren nur einen Sieg vom Titel entfernt. Trotzdem gab es Fragezeichen – insbesondere zwischen den Pfosten. Hexer Connor Hughes war nach Nordamerika abgewandert und wurde nicht ersetzt. Doch Youngster Kevin Pasche hat gezeigt, dass er diese Lücke adäquat füllen kann.
Die Offensive der Lausanner feuert aus allen Zylindern, neben den Ausländern überzeugt insbesondere auch der junge Schweizer Théo Rochette. Der Sohn des früheren Spitzenschiedsrichters Stéphane Rochette empfiehlt sich immer mehr als tragende Kraft, auch für die Nationalmannschaft. Trotzdem gibt es in Lausanne ein Problem: die Verteidigung. 69 Gegentore hat der LHC schon kassiert, das sind die meisten aller Teams, die derzeit auf einem Playoff-Platz stehen. Und das liegt eben nicht an den jungen Torhütern. Nur Langnau, Biel und Ajoie lassen noch mehr gegnerische Schüsse aus dem Slot zu.
Biel war ein Team, das vor der Saison von vielen Experten und Fans nur knapp auf den Play-In-Plätzen oder gar ausserhalb prognostiziert wurde. Und obwohl die Seeländer von der Verletzungshexe erneut stark getroffen wurden (Luca Cunti, Jérémie Bärtschi, Lias Andersson, Gaëtan Haas und Damien Brunner), sind sie mitten im Kampf um einen Playoff-Platz.
Das Team vom neuen Trainer Martin Filander spielt sogenanntes Low-Event-Hockey. Will heissen: Biel schiesst selbst nicht viele Tore, lässt selbst aber auch nicht besonders viel zu. 6:1-Kantersiege wie am Dienstag gegen Lausanne sind da eher eine Seltenheit.
Obwohl der EV Zug in der bisherigen Saison quasi ohne Stammtorhüter Leonardo Genoni auskommen musste, ist er in der Spitzengruppe vertreten. Das zeigt, dass die Mannschaft funktioniert, auch wenn die Leistung von Ersatzgoalie Tim Wolf nicht an jedem Abend über alle Zweifel erhaben war.
Zug hat alles: eine gute Verteidigung, herausragende Stürmer, und sowohl die Ausländer als auch die Schweizer performen. Im Unterzahlspiel besteht noch Luft nach oben und es gelingt den Zentralschweizern nicht jeden Abend, die auf dem Papier vorhandenen PS auch aufs Eis zu bringen. Aber jetzt, wo Genoni langsam zurück ist, dürften die Zuger eher noch besser werden.
Der SCB ist in etwa dort zu finden, wo er letztes Jahr schon war: knapp in den Playoff-Plätzen. Die Saison ist bislang ein Auf und Ab. Auf gute Phasen folgen immer wieder auch Tiefs. Interessant bei den Bernern: Sie sind eigentlich das beste 5-gegen-5-Team der Liga, insbesondere weil sie dort extrem wenige Chancen zulassen. Trotzdem haben sie eines der schwächeren Unterzahlspiele der Liga. Da soll noch einer drauskommen.
So gesehen erfüllt Bern die Erwartungen in dieser Saison. Doch angesichts der Tatsache, dass der SCB dieses Jahr endlich wieder auf starke Ausländer zählen kann (darunter Ligatopskorer Austin Czarnik), und den guten Zahlen bei 5-gegen-5 sollte eigentlich noch mehr drin liegen. Doch die Schweizer in Bern erfüllen mit Ausnahme von Marco Lehmann und Romain Loeffel ihren Soll bislang noch nicht. Zudem wird sich weisen, wie die Mutzen mit dem Ausfall von Verteidigungsminister Anton Lindholm langfristig umgehen.
Nach einem guten Start sind die Lakers mittlerweile in eine echte Krise gerutscht. Von den letzten zehn Spielen haben sie nur drei gewonnen. Verschärft wird die Situation der Rapperswiler noch durch die Verletzungen von Topskorer Malte Strömwall und Verteidiger Emil Djuse. Auch Dominic Lammer fehlt schon die ganze Saison.
Der Blick auf die Analytics lässt wenig Gutes erahnen: Der SCRJ lässt pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey die viertmeisten gegnerischen Chancen zu und kreiert selbst am viertwenigsten Torgefahr. Roman Cervenka konnte nicht ersetzt werden. Bislang wird Rappi durch ein gutes Unterzahlspiel und stabile Torhüterleistungen von Melvin Nyffeler und Ivars Punnenovs über Wasser gehalten. Aber ewig kann das kaum gut gehen.
Lugano ist ein Team, das in der Tabelle eigentlich viel weiter vorne stehen müsste. Auch wenn der wochenlange Ausfall von Captain Calvin Thürkauf seit Saisonbeginn natürlich schwer wog, spielen die Tessiner derzeit unter den Erwartungen.
Eigentlich passt vieles zusammen: Lugano diktiert in der Mehrheit seiner Partien das Spiel, hat oft mehr Chancen als der Gegner. Doch die Effizienz der Mannschaft von Luca Gianninazzi lässt noch zu wünschen übrig und auch die Torhüter-Leistungen von Niklas Schlegel und dem schon länger verletzten Joren van Pottelberghe liessen bislang zu wünschen übrig. Zudem ist es Gianninazzi noch nicht gelungen, das Powerplay zum Laufen zu bringen. Irgendwann sollte die Dominanz auf dem Eis auch in Resultate umgemünzt werden können. Doch noch ist das Lugano nicht gelungen.
Aktuell liegen die Tigers noch knapp über einem Playout-Platz und das muss eigentlich als Erfolg gewertet werden. Doch wer bei Langnau genauer hinschaut, sieht, dass bei dieser Mannschaft nur wenig zusammenpasst. Die Tigers stellen nach Ajoie die schlechteste Verteidigung der Liga – nicht nach Toren, sondern nach zugelassenen Chancen pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey. Noch kein einziger Spieler hat die Marke von 15 Punkten geknackt, was zeigt, dass nicht einmal mehr die Ausländer im Emmental dominieren können.
Dass Langnau nicht ähnlich abgeschlagen wie Ajoie ist, hat nur einen Grund: Stéphane Charlin. Der junge Genfer ist bislang der beste Torhüter der Liga. Ein Gegentorschnitt von 1,63 und eine Fangquote von 95,2 Prozent. Charlin hat die Langnauer bei 5-gegen-5 gemäss Expected Goals schon vor 13 Gegentoren bewahrt.
Mit der Rückkehr von Dominik Kubalik stiegen auch die Erwartungen in der Leventina. Ein grosser Teil von Ambri träumte gar von einer direkten Playoff-Qualifikation. Doch die Realität sieht anders aus. Ambri hält sich derzeit knapp auf dem neunten Rang und Kubalik ist längst nicht mehr so dominant wie in seiner letzten Ambri-Saison.
Auch sonst gibt es beim HCAP Probleme. Die Special Teams sind schwach. Die Goalies Gilles Senn und Janne Juvonen löchrig. Dominic Zwerger ist nach langwieriger Verletzungsgeschichte ein Schatten seiner selbst. Und auch André Heim kann nicht mehr an die Leistungen von vor seinem Nordamerika-Abenteuer anknüpfen.
Hat sich Fribourg-Sportchef Gerd Zenhäusern massiv verpokert? Nächste Saison kommt der schwedische Trainer Roger Rönnberg, um bei Gottéron die nächste gute Mannschaft aufzubauen, darum wurde Christian Dubé entlassen. Doch unter der Zwischenlösung Patrick Émond läuft wenig wie gewünscht. Fribourg hat sieben der letzten zehn Spiele verloren und liegt derzeit auf einem Playout-Platz.
Rund sieben Prozent aller Schüsse Fribourgs landen im Tor. In der National League hat nur Langnau eine noch schwächere Schusseffizienz. Zu viele Spieler bringen derzeit ihre Leistung nicht. Dazu gehören Ausländer wie Lucas Wallmark oder Jacob de la Rose, Schweizer wie Christoph Bertschy (der immerhin in der eigenen Zone sehr stabil ist), Yannick Rathgeb, Killian Mottet oder auch Torhüter Reto Berra.
Man wusste ja, dass Ajoie auch in dieser Saison nicht gerade weit vorne mitspielt, und trotzdem blieben die Jurassier unter den tiefen Erwartungen. Bis zur Entlassung von Trainer Christian Wohlwend hat Ajoie kaum gewonnen. Auch jetzt nach 23 Spielen stehen erst fünf Siege auf dem Konto.
Keine andere Mannschaft ist bei 5-gegen-5 schwächer. Das Unterzahlspiel schwächelt und auch die Torhüter können das Ruder nicht rumreissen. Einzig das Powerplay funktioniert bei den Jurassiern. Nach der Verpflichtung von Greg Ireland als Wohlwend-Nachfolger gewann Ajoie plötzlich mehrere Spiele. Doch mit zuletzt wieder zwei Niederlagen in Folge scheint der Effekt schon wieder verpufft.
Bei keinem Team in der National League klaffen Erwartungen und Realität so weit auseinander wie bei Servette. Natürlich war die letzte Saison schon nicht gut, aber da gewannen die Genfer immerhin noch die Champions League. Die Baisse in der Meisterschaft wurde auf den Meisterblues zurückgeführt. Doch jetzt zeigt sich, dass die Saison kein Ausreisser nach unten war.
Servette ist eines der schwächsten Teams der Liga bei 5-gegen-5. Die Mannschaft von Trainer Jan Cadieux wird vorwiegend von ihren überragenden Special Teams über Wasser gehalten. Einzig die drei finnischen Stürmer Teemu Hartikainen, Sakari Manninen und Markus Granlund performen. Der Rest des Teams enttäuscht.
Wurde dieser Artikel vom Eismeister auch abgesegnet? 😝