Wie zuletzt schon der Spengler Cup fällt auch die U20-Weltmeisterschaft im Eishockey dem Coronavirus zum Opfer. Der Unterschied: Das Turnier in der kanadischen Provinz Alberta hatte bereits begonnen, die Team waren schon vor Ort. Doch Infektionen innerhalb der Teams sorgten für grosse Probleme.
Die Mannschaft der USA musste wegen positiven Tests in Quarantäne und verlor das Spiel gegen die Schweiz Forfait. Das gleiche Schicksal traf die Tschechen und die Russen. Der definitive Todesstoss für das Turnier war, als sich fünf der Schieds- und Linienrichter ebenfalls infizierten und den Organisatoren nicht mehr genügend Unparteiische zur Verfügung standen. Rund 250 Spieler aus Europa und Nordamerika müssen deshalb vorzeitig die Heimreise antreten.
Just now on @TSN_Sports, @TSNBobMcKenzie reports "as many as five on ice officials - referees and linesmen - have tested positive for COVID-19" at the World Juniors. He says that was a major factor in cancelling the tournament.
— Kevin Nimmock (@KevinCTV) December 29, 2021
Der Schweizer Trainer Marco Bayer ist selbstredend enttäuscht über den Abbruch der U20-WM in Kanada, für ihn ist der Entscheid aber «vernünftig und richtig».
«Wir sind Sportler, lieben den Kampf gegen andere Nationen. Es sollen jedoch faire Bedingungen herrschen, und diese waren nicht mehr gewährleistet», sagt Bayer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Abbruch hatte sich abgezeichnet, nachdem nach den USA am Mittwoch auch Tschechien und Russland in die Quarantäne mussten.
Bayer weiter: «Wir unternahmen alles, damit sich die Spieler voll und ganz aufs Eishockey konzentrieren konnten. Es wäre eine wichtige Erfahrung gewesen, die wir nun nur teilweise machen konnten. Insofern tut das weh. Allerdings steht im Moment Corona über allem. Wir mussten schon zuvor an dieser WM einige Rückschläge akzeptieren und aus dem Weg räumen. Die Jungs werden das verdauen und trotz allem mit einem guten Gefühl nach Hause reisen.»
➡️ @RaetoRaffainer vom IIHF Council über die Gründe. #WorldJuniors pic.twitter.com/WydDppRaYU
— MySports (@MySports_CH) December 29, 2021
Calle Clang, Goalie bei den Schweden, sagte: «Es fühlt sich völlig absurd an. Unsere Träume wurden in einer Sekunde zerstört. Irgendwie ist es krank: Letztes Jahr konnte die WM durchgeführt werden, aber dieses Jahr nicht.»
Tatsächlich gab es nach der Absage vermehrt Kritik zu hören – in Richtung der Organisatoren und des Internationalen Eishockeyverbands (IIHF). Der grosse Kritikpunkt: der Verzicht auf eine Bubble. Während bei der letzten U20-Weltmeisterschaft die Mannschaften und Schiedsrichter komplett von der Öffentlichkeit abgeschirmt wurden, war dies dieses Jahr nicht der Fall – im Gegenteil.
Die Hotels, in denen die Mannschaften untergebracht waren, blieben für die Öffentlichkeit offen. Im Cambridge Red Deer Hotel & Conference Centre, wo die US-Spieler und Schweden einquartiert waren, fand am Mittwoch eine grosse Hochzeit statt. Gemäss diversen Rückmeldungen von Trainern und anderen Staff-Mitgliedern, gab es für die Mannschaften kaum eine Möglichkeit, anderen Leuten aus dem Weg zu gehen. Zudem erhielten die Spieler dieses Jahr keine Einzelzimmer, sondern mussten sich Räume teilen, was die Verbreitung des Virus unter den Spielern erleichterte.
Finland WJC coach Antti Pennanen: "I am angry because this was not a COVID problem, but the problem was that this was a poorly run tournament. ... This says a lot about the state of the IIHF."
— Taylor Haase (@TaylorHaasePGH) December 29, 2021
👏👏https://t.co/VFC2QYz0pX
Finnlands Trainer Antti Pennanen sagte: «Ich bin wütend, weil die Ursache der Absage kein Covid-Problem war, sondern ein schlecht organisiertes Turnier.» Und Ivan Fenes, Coach der Slowaken, meinte: «Es hat seit dem ersten Tag nicht funktioniert. Die Bubble war keine Bubble. Wir haben uns nur von den Zimmern ins Restaurant und im Stadion bewegt. Aber es waren immer andere Gäste da.»
Matt Robbins, Chief Medical Officer bei der IIHF wies die Vorwürfe halbherzig zurück. Er deutete an, dass die nationalen Verbände einen ersten Entwurf des Schutzkonzepts für das Turnier in Kanada zurückwiesen, weil sie es als «zu radikal» empfunden hätten.
IIHF-Präsident Luc Tardif warf bei der Pressekonferenz nach der Absage die Möglichkeit in die Runde, dass die U20-WM später dieses Jahr nachgeholt werden könnte, möglicherweise auch im Sommer. Das Nachholturnier soll demnach ebenfalls in Kanada stattfinden und es sollen nochmals die gleichen Spieler zugelassen werden.
Luc Tardif says they will not give up and hope to work over the next month to try and have a 2022 World Junior championship at a later date
— Chris Peters (@chrismpeters) December 29, 2021
Dass für die U20-WM sofort nach einem Ersatzdatum gesucht wird, empört Eishockeyspielerinnen weltweit. Der Grund: Am 24. Dezember sagte die IIHF diverse Turniere auf der ganzen Welt ab, darunter auch die U18-WM der Frauen in Schweden. Von einem Ersatzdatum war dort aber nie die Rede.
The hockey world reacts to the @IIHFHockey cancelling the U18 women’s championship. pic.twitter.com/GVLuglJ2x3
— TSN (@TSN_Sports) December 24, 2021
Darauf reagierte unter anderem auch die Schweizer Nationalspielerin Lara Stalder mit Unverständnis. Auf Twitter schrieb sie: «Findet eine Lösung, die U18-WM doch noch abzuhalten. Diese jungen Frauen verdienen etwas Besseres und Geschlecht oder Geld sollte dabei keine Rolle spielen.» Die langjährige Nationaltorhüterin Florence Schelling sprach indes von «einer Schande».
Find a way to reschedule the U18 Women’s World Championship @IIHFHockey! These girls deserve better and it shouldn’t matter what gender and how much money is invovled...
— Lara Stalder (@lara72122) December 25, 2021
Der frischgewählte IIHF-Präsident Luc Tardif geriet daraufhin ziemlich in die Defensive. In einem Statement, versuchte er vor anderthalb Tagen zu erklären, warum die U20-WM startete, während die anderen Turniere abgesagt wurden. Er verwies darauf, dass für die U20-WM kaum mehr eine pandemische Gefahr bestehe, weil die Reise der Teams schon mehrere Tage zurückliege.
Zudem bestätigte Tradif, dass für die IIHF auch ein finanzieller Anreiz bestehe, die U20-Weltmeisterschaft der Männer durchzuführen. Dies ermögliche es dem Weltverband, weitere Turniere zu organisieren, die weniger oder gar kein Geld einbringen. Eine Verschiebung der U18-WM der Frauen sei nur möglich, wenn Schweden in der Lage sei, das Turnier im Frühling abzuhalten, oder der schwedische Verband die Gastgeberrechte an eine andere Nation abtrete.
(Mit Material der Nachrichtenagentur keystone-sda)
Liebu
Leichterbär
BuBr