Die Zuschauereinnahmen aus dem Spengler Cup sind grösser als die der gesamten Qualifikation. Die Absage des Turniers trifft den HCD wirtschaftlich fast so hart wie die letzte Saison mit Geisterspielen. Ohne den Spengler Cup wäre der HCD bestenfalls ein hochalpines Langnau. Erst der Spengler Cup ermöglicht es Davos, ein Spitzenteam zu finanzieren. Nur dank dem Spengler Cup ist der HCD auch im 21. Jahrhundert konkurrenzfähig und ist in Europa das einzige hochalpine Team, das dazu in der Lage ist, die nationale Meisterschaft zu gewinnen.
Arosa hatte keinen Spengler Cup, keine «Geldmaschine». Im Frühjahr 1986 erfolgte aus wirtschaftlichen Gründen der freiwillige Abstieg aus der NLA in die 1. Liga. Arosa spielt heute noch in der höchsten Amateurliga. 1985 hatte Arosa in der Meisterschaft hinter Davos noch den 2. Platz erreicht.
Kein Spengler Cup. Eigentlich undenkbar. Erst zum sechsten Mal seit 1923 findet das Turnier nicht statt. 1939 und 1940 verhindert der Zweite Weltkrieg eine Austragung. 1949 werden nur Testspiele, aber kein Turnier veranstaltet und 1956 lässt sich der Anlass (Reise- und Hotelkosten für die ausländischen Teams) zum bisher einzigen Mal nicht finanzieren und 2020 ist das Turnier der Pandemie zum Opfer gefallen.
Im Laufe der 1980er Jahre und vor allem seit dem Wiederaufstieg von 1993 ist der Spengler Cup durch eine professionelle Vermarktung die «Geldmaschine» für den HCD geworden. HCD-Präsident Gaudenz Domenig pflegt zu sagen: «Ohne den Spengler Cup wären wir heute bestenfalls dort, wo Ambri, Langnau oder Rapperswil-Jona stehen. Wir müssten ohne diesen Anlass unseren Klub komplett anders strukturieren.»
Einige Zahlen erklären die wirtschaftliche Bedeutung des Turniers. Welchen Anteil am HCD-Gesamtumsatz hat der Spengler Cup? «Mit elf Millionen mehr als ein Drittel», sagt Gaudenz Domenig. Und wie hoch ist der Gewinn aus dem Turnier? «Gut zwei Millionen». Nur zwei Millionen bei elf Millionen Umsatz? «Ich sagte ja gut zwei Millionen, mit der Betonung auf gut.»
Eine Absage des Turniers können sich die Davoser also eigentlich gar nicht leisten. Der Unterschied zum Vorjahr: Spätestens per Ende Oktober werden alle Investitionen ausgelöst. Beispielsweise die Reservierung der Hotelzimmer und der Bau des VIP-Zirkuszeltes. Deshalb ist der letzte Spengler Cup bereits per 29. September 2020 abgesagt worden. Der HCD hat diese Absage überlebt. Mit einem Betriebsverlust von 3,8 Millionen. «Wir sind nun ohne Reserven in die neue Saison gestartet», sagte Präsident Gaudenz Domenig im Herbst. Das bedeutet: Eine Absage ohne Reserven trifft den HCD viel härter als letzte Saison. «Wir haben keinen Aktionär, der einfach so 14 Millionen einschiessen kann», hatte der HCD-Vorsitzende nach der ersten Absage vor einem Jahr gesagt.
Was den HCD hart trifft: Mit Bundesgeldern sind letzte Saison die entgangenen Ticket-Einnahmen aus Meisterschaftsspielen nach einem bestimmten Schlüssel teilweise abgegolten worden. Der Spengler Cup ist keine Meisterschaft und fällt nicht unter diese Regelung. Bundesgelder gibt es für die ausgefallenen Ticketeinnahmen beim Spengler Cup keine. Der HCD bekam nach der Absage von 2020 nur rund 300'000 Franken Hilfe aus öffentlichen Kassen. Wird es nun unter extremeren Voraussetzungen mehr geben? Diese Frage ist politisch und juristisch hoch interessant.
Vor einem Jahr hat der HCD den Spengler Cup ohne behördliche Anweisungen freiwillig Ende September abgesagt. Aber nun folgt die Absage durch höhere Gewalt. Und zwar durch den Staat. Der HCD kann also eine Veranstaltung durch behördliche Anordnung nicht durchführen, für die er alle behördlichen Bewilligungen hatte. Es ist also keine Absage, weil der Veranstalter die von den zuständigen staatlichen Stellen angeordneten Bedingungen nicht erfüllen konnte. Wird nun der Staat – in diesem Falle der Kanton, da der Kantonsarzt die Absage verfügt hat – zumindest teilweise entschädigungspflichtig? Diese Frage kann noch niemand beantworten. Weil es keinen vergleichbaren Fall einer so kurzfristigen Absage mit diesen Dimensionen gibt.
Von den rund 11 Millionen Franken Einnahmen kommt nicht ganz die Hälfte aus dem Marketing. Hier ist die grosse Frage: Wie viel muss der HCD nun zurückzahlen bzw. wie viel kann er nicht in Rechnung stellen? Hauptsponsor ist das Geldhaus UBS, das sich die Präsenz beim Turnier rund zwei Millionen kosten lässt. Auch hier wird in erster Linie das Verhandlungsgeschick entscheiden. Mit fast allen Sponsoren pflegt der HCD eine langjährige Beziehung. Trotzdem wird der HCD monetäre Zugeständnisse machen müssen.
Mehr denn je ist nun das Verhandlungsgeschick von HCD-Obmann Gaudenz Domenig gefragt. Er hat unter den Vermögenden und Besitzenden im Züribiet, einer der reichsten Gegenden der Welt, ein Beziehungsnetz, dichter und weitreichender als das Wurzelwerk eines tausendjährigen Eichenbaumes. Er hat wohl recht, wenn er sagt, man habe keinen Aktionär, der mit einer Einlage von 14 Millionen helfen könne.
Aber vielleicht gelingt es Gaudenz Domenig, mehr als 14 Aktionäre zu finden, die in der Not mit einer Million helfen können.
als nächstes abgesagt? Die Luzerner und Basler Fasnacht?
Zum Vergleich:
Deutschland hat eine wöchentliche Inzidenz von 250, Tendenz sinkend, bei uns sind es 650 Tendenz steigend und das Contact Tracing funktioniert nicht mehr.
🤷♂️
Allen gute Besserung