Ein freundlicher, warmer Tag im goldenen Prag. Viel zu schön für einen WM-Fehlstart. Ein Sieg zum Auftakt ist zwar noch kein Grund zur Aufregung oder zu Halbfinal-Hoffnungen. Patrick Fischer hat nur das erste WM-Spiel seiner Nationalmannschafts-Karriere 2016 in Moskau verloren (2:3 nach Penaltys gegen Kasachstan). Seiter ist der Start immer geglückt. Mal holprig (2017 gegen Slowenien und 2018 gegen Österreich erst nach Penaltys bzw. Verlängerung), mal schwungvoll (im Vorjahr 7:0 gegen Slowenien) und auch schon beeindruckend (2021 5:2 gegen Tschechien).
Das 5:2 gegen Norwegen reiht sich also ein in die Reihe der siegreichen Startspiele. Die Norweger waren der perfekte Gegner: Jung, tapfer und robust. Der Spaziergang im Park war also schon ein wenig anstrengend – und das soll ja so sein, wenn er guttun soll. Der kurzzeitige Ausgleich zum 1:1 und der zweite Gegentreffer zum 5:2 in Unterzahl dürften Patrick Fischer gar geholfen haben.
Diese Szenen als Beispiele für die Mahnung, dass sich Nachlässigkeit in der Defensive und Aufenthalte auf der Strafbank rächen können. Mit ihren hölzernen Händen waren die etwas hüftsteifen Norweger mit Ausnahme von NHL-Schillerfalter Mats Zuccarello klar unterlegen und der Operetten-Goalie war kein Hexer. Kurzum: Alles andere als ein Sieg wäre eine Schmach gewesen.
Sven Senteler doubles the lead for Switzerland. 3-1.🇨🇭🚨 #MensWorlds #SUINOR @SwissIceHockey pic.twitter.com/A0qLqjEE9P
— IIHF (@IIHFHockey) May 10, 2024
Zwei erfreuliche Erkenntnisse gibt es aus diesem Spaziergang im Park: Auch die offensiven «Hinterbänkler» produzieren Tore. Das spricht für das Team, für die gute Stimmung. Sven Senteler gelingt das 3:1. Sein erster WM-Treffer und wir dürfen sagen: Wenn der Spieler trifft, der am wenigsten verdient, ist es ein sehr gutes Zeichen. Er hat Sinn für Ironie, widerspricht der boshaften Salär-Einschätzung nicht und sagt: „Es war ein feines Pässchen von Josi. Das hat es leichter gemacht.»
In der Qualifikation hat Sven Senteler für Zug in 42 Partien 9 und in den Playoffs in 11 Spielen 2 Tore erzielt (ohne Josi-Pässchen natürlich). Er hat gegen Norwegen zum ersten Mal mit Roman Josi auf dem Eis «musiziert» und die Premiere hat ihm sichtlich Spass gemacht. Es sei schon so etwas wie ein Bubentraum, mit so einem Spieler auf dem Eis zu stehen. Nein, nein, er habe ihn noch nicht um ein Autogramm gebeten.
Die zweite WM-Nomination hintereinander für den 31jährigen «Spatzünder» mag auf den ersten Blick überraschen. Aber der Zuger Sturm mit ihm plus Fabrice Herzog und Dario Simion hat sich bereits während der Vorbereitung bewährt und ist als einzige Linie aus den Testspielen übriggeblieben. Und Spieler wie Sven Senteler, die klaglos jede Rolle übernehmen und spielen können, sind für ein WM-Team von höchstem Wert.
Eine Einschätzung von Roman Josi hat sich bereits im Auftaktspiel bestätigt. Er hat seinen Zimmerkollegen Nino Niederreiter kürzlich als «weich» bezeichnet. «Ich ziehe ihn immer wieder auf, weil er in der NHL soviel ich weiss noch nie einen Faustkampf ausgetragen hat. Aber natürlich ist er ein harter Kerl. Er geht vor dem Tor dorthin, wo es weh tut.»
Und siehe da: Weil Nino Niederreiter eben dorthin geht, wo es rau zu und hergeht, gelingt ihm das 5:1 – nebst einem Assist zum 1:1. Und so hat es auch seine Logik, dass er zum besten Spieler der Schweizer gewählt worden ist. Die Titanen haben bereits getroffen, die Hinterbänkler auch – ein rundum erfreulicher WM-Auftakt, der erste Schritt zu neuem Ruhm.
Beim 1:1 hat Niederreiter hoffentlich nicht assistiert.