Sport
Eismeister Zaugg

Warum Spielsperren im Schweizer Hockey quasi wirkungslos sind

Ein Crosscheck von Fabrice Herzog hat am Wochenende mal wieder für Aufregung gesorgt.
Ein Crosscheck von Fabrice Herzog hat am Wochenende mal wieder für Aufregung gesorgt.bild: imago-images.de
Eismeister Zaugg

Warum Spielsperren im Schweizer Hockey quasi wirkungslos sind

Spielsperren erzielen in unserem Hockey keine nachhaltige Wirkung. Weil sie keine finanziellen Folgen haben. Die NHL macht es besser.
01.11.2021, 18:11
Folge mir
Mehr «Sport»

Wer im Schweizer Eishockey gesperrt wird, hat nichts zu befürchten: Es gibt zwar eine Busse inklusive Verfahrenskosten, die mehrere tausend Franken betragen kann, meistens vom Klub nicht übernommen wird und vom Spieler bezahlt werden muss. Aber das ist auch schon alles. Und erzielt bei einem jungen Mann, der 30'000 Franken oder mehr im Monat verdient, keine nachhaltige Besserung.

Was wäre also zu tun? Ganz einfach: Es muss im Portemonnaie so richtig weh tun. Was im Portemonnaie nicht weh tut, ist wirkungslos. Die nordamerikanische National Hockey League (NHL) folgt deshalb einem einfachen Prinzip: Suspension without pay. Also Sperre ohne Lohnzahlung. Ein Spieler wird während der Dauer seiner Sperre nicht bezahlt. Das tut weh. Und ist erst noch gerecht: Wer weniger verdient, verliert weniger. Wer mehr verdient, verliert mehr. Das schmerzt auch die Dollarmillionäre. Und die Klubkassiere freut's.

Herzog-Urteil noch nicht da
Fabrice Herzog wurde am Sonntag wegen seines Crosschecks gegen Fribourg-Verteidiger Mauro Dufner vorsorglich für ein Spiel gesperrt. Das genaue Strafmass steht noch aus.

In unserem Arbeitsrecht ist es grundsätzlich nicht erlaubt, bei Fehlverhalten den Lohn automatisch zu kürzen. Das NHL-System ist juristisch bei uns also nicht anwendbar. In der NHL ist die automatische Lohnkürzung deshalb möglich, weil sie Bestandteil des Gesamtarbeitsvertrages zwischen der Liga und der Spielergewerkschaft ist. Die vom Arbeitsrecht abweichenden Regelungen werden in diesem Gesamtarbeitsvertrag im Umfang von mehr als 700 Seiten definiert.

Im Schweizer Eishockey gibt es keinen Gesamtarbeitsvertrag zwischen der Spielergewerkschaft und der National League. Das bedeutet, dass die Verträge der Spieler dem «gewöhnlichen» Arbeitsrecht unterliegen. Dieses Arbeitsrecht verbietet nicht nur automatische Lohnabzüge, auch längere Sperren sind illegal: Bei einer Sperre von mehr als 15 Partien wird es bereits kritisch. Dann geht es nicht mehr um Spielregeln, in die sich zivile Gerichte normalerweise nicht einmischen. Dann geht es um ein widerrechtliches Arbeitsverbot. Populistische Forderungen nach langen Sperren, womöglich für eine ganze Saison, sind juristisch im Profisport nicht durchsetzbar. Wir finden solche Sperren höchstens hin und wieder im Amateursport.

Sperren, die richtig weh tun und Wirkung erzielen, wären eigentlich auch im Interesse der Spieler. Es geht um den Schutz der Gesundheit. Hier könnte unsere Spielergewerkschaft aktiv werden, die bis heute nicht viel mehr ist als eine juristisch zahnlose Operetten-Vereinigung von Jungmillionären. Die National League ist ab nächster Saison eine unabhängige Aktiengesellschaft. Ein Gesamtarbeitsvertrag zwischen der höchsten Liga und der Spielergewerkschaft wäre also sehr wohl möglich und würde allen helfen. Darin könnten auch noch andere Regelungen eingebaut werden – etwa die Möglichkeit von jederzeitigem Spielertausch durch automatische Übernahme der Arbeitsverträge.

Die Ausarbeitung eines solchen Gesamtarbeitsvertrages ist jedoch juristisch höchst anspruchsvoll, mit langwierigen Verhandlungen und viel, viel Arbeit verbunden. Auf einen Gesamtarbeitsvertrag warten wir deshalb im Hockey mit ziemlicher Sicherheit länger als auf die erste Mondlandung eines helvetischen Astronauten. Und so führen auch künftig Spielsperren zwar regelmässig zu Erregungen und Diskussionen, erzielen aber praktisch keine Wirkung.

watson Eishockey auf Instagram
Selfies an den schönsten Stränden von Lombok bis Honolulu, Fotos von Quinoa-Avocado-Salaten und vegane Randen-Lauch-Smoothies – das alles findest du bei uns garantiert nicht. Dafür haben wir die besten Videos, spannendsten News und witzigsten Sprüche rund ums Eishockey.

Folge uns hier auf Instagram.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden
1 / 148
NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden
HC Davos: 5 - Marc Gianola.
quelle: keystone / fabrice coffrini
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Despacito mit Eishockey-Spielern
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
28 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
f303
01.11.2021 20:15registriert Februar 2014
Ein Lizenzentzug (auf Zeit) sollte doch aber problemlos möglich sein, wenn man(n) wiederholt die Regeln bricht, oder? Dann hat er zwar noch einen Job, darf aber nicht spielen. Wie ein Chauffeur ohne Ausweis.
375
Melden
Zum Kommentar
avatar
SBP
01.11.2021 20:55registriert Mai 2018
Es würde sicher auch nicht schaden, wenn die 4 Schiedsrichter solche Vergehen sehen/pfeifen würden…
322
Melden
Zum Kommentar
avatar
DrDolittle
01.11.2021 19:30registriert September 2018
Fabrice Herzog ist ein Wiederholungstäter und sollte für 10+ Spiele gesperrt werden! Es wird Zeit, dass die Liga hart durchgreift! Solche Spieler haben auf dem Eis nichts verloren!
289
Melden
Zum Kommentar
28
Federer vs. Nadal – das allererste Duell wird für den «Maestro» eines zum Vergessen
28. März 2004: In Key Biscayne stehen sich Roger Federer und Rafael Nadal zum ersten Mal auf der ATP-Tour gegenüber. Der Schweizer verliert überraschend – und wird sich am seinem spanischen Dauerrivalen noch mehrmals die Zähne ausbeissen.

Die Sonne war längst untergegangen über dem Centre Court der Tennis-Anlage von Key Biscayne, dieser langgezogenen Insel vor Miami im Süden Floridas. Ein paar hundert Fans harrten aus, warteten auf den letzten Match dieses Sonntags. Das heisst: Die meisten von ihnen warteten auf den Auftritt von Roger Federer, seit knapp zwei Monaten die Weltnummer 1. Nur ein paar absolute Tennis-Nerds warteten auch auf Rafael Nadal. Erst die Nummer 34 im Ranking war der Spanier aber ein grosses Versprechen. Laufstark soll er sein, mit harter linker Vorhand.

Zur Story