Kann der Spengler Cup durchgeführt werden? Darf Ambri am Turnier teilnehmen? «Das werden wir erst im Laufe des Montages wissen», sagt Ambris Sportdirektor Paolo Duca.
Gewissheiten gibt es keine mehr. Die Lage kann von Stunde zu Stunde ändern. Nur eines steht bereits fest: Spengler Cup-Hockey wird so oder so gespielt. Von den Langnauern. Deshalb haben sie gestern ein Derby gegen den SC Bern in der Verlängerung 2:3 verloren, das sie nie hätten verlieren dürfen.
Die Langnauer kopieren bereits seit dem letzten Herbst den Spengler Cup. Wie geht das? Nun, wenn es um nichts geht, wenn es keinen Abstieg gibt, wenn die Dramatik des Existenzkampfes fehlt, die trotz eines Meistertitels im Jahre 1976 die DNA der Emmentaler Hockeykultur prägt, dann muss ein anderer Weg gefunden werden, um das Publikum bei Laune zu halten. Dann ist Spengler Cup-Hockey im Flachland gefragt.
Also Hockey, das sich aus den taktischen Schablonen, der gefestigten defensiven Ordnung und dem schnöden Resultatdenken befreit. Offensive Feuerwerke an einem guten Abend. Defensive Sorglosigkeit an einem weniger guten Abend wie am Sonntag gegen den SC Bern.
Wer Langnaus ausländische Stürmer in Schach zu halten vermag, gewinnt ganz sicher. So wie der SCB in den drei Derbys. Langnaus ausländische Stürmer haben in diesen drei Partien bloss ein einziges Mal getroffen. Der SCB hat 8:1, 5:1 und nun 3:2 n.V gewonnen.
Meistens reicht es gegen Langnau sogar, wenn die Ausländer für Spektakel sorgen und treffen. Die Emmentaler haben erst 10 von 33 Partien gewonnen. Immerhin sind die SCL Tigers der spektakulärste Tabellenvorletzte seit Einführung der Playoffs (1986). Mehr (119) hat nur Schlusslicht Ajoie kassiert. Dafür sind die Tiger offensiv die Nummer 5 der Liga (98 Tore). Sogar besser als die ZSC Lions (97), Davos (96) der SCB (89) und Lugano (86). Aber das ist natürlich nur ein Trostpreis. So wie früher der Schönschwinger-Preis für gescheiterte «Böse» im Sägemehl, die ohne Kranz heimkehren mussten.
Defensiv miserabel, offensiv formidabel: Kein anderes Team eignet sich so gut für Spengler Cup-Hockey wie Langnau. Ausländische Stürmer, die zu den besten Spielern der Liga gehören (Nr. 1, 2 und 7 der NL-Skorerliste). Ein Trainer, der seinen Spielern alle taktischen Freiheiten lässt. Am Sonntag war gegen Bern etwas wenig Spektakel. Aber in der Schlussphase, als der Sieg so nahe schien, reichlich defensive Wirrnis (das 2:2 kam erst 122 Sekunden vor Schluss). Das Durcheinander gipfelte in der Verlängerung bereits nach 25 Sekunden im Siegestreffer für den SCB. Aber auch eine Lotter-Abwehr hat einen gewissen Unterhaltungswert.
Einmal mehr dürfen, ja müssen wir fragen: Wo wäre der SCB mit vier brauchbaren Ausländern? Gestern genügte einmal mehr nur einer: der überragende Dominik Kahun. Einer der besten der Liga. Er rettete den SCB in die Verlängerung. Vier ausländische Stürmer wie er und der SCB wäre fast – aber schon nur fast – ein Titelkandidat. Denn der Torhüter (Philip Wüthrich) und die eidgenössischen Leitwölfe wären gut genug für die Spitzengruppe.
Wir sind kurz vom Thema abgekommen. Es geht um Spengler Cup-Hockey. Wer muss die sportliche Rechnung für Langnaus «Spengler Cup-Saison» bezahlen? Der Trainer. Wenn alle wissen, dass Niederlagen keine Konsequenzen haben, ist der beste Bandengeneral der Welt nur noch ein braver Soldat Schweijk. Da mag er tagtäglich Disziplin predigen, zur taktischen Ordnung rufen und toben wie er will: Niemand nimmt ihn ernst. Das ist Jason O’Learys Pech.
Langnaus kanadischer Trainer muss damit rechnen, dass er spätestens am Ende der Saison unter Verdankung seiner ausserordentlichen Verdienste, unter Absingen von Lobeshymnen und mit den besten Wünschen für den weiteren Lebensweg im Emmental trotz eines noch ein Jahr weiterlaufenden Vertrages verabschiedet wird. Was lernen wir daraus? Dass Spengler Cup-Hockey zum Spengler Cup gehört. Aber nicht wochenlang ins Flachland nach Langnau.
Der Spengler Cup war auch beim Berner Derby ein Thema. Langnaus Präsident Peter Jakob und SCB-Manager Marc Lüthi haben sich darüber unterhalten, was sein wird, wenn Ambri am Turnier nicht teilnehmen kann. Sie haben sich darauf verständigt, in diesem Fall die Idee einer Berner Auswahl ins Spiel zu bringen. Langnaus Obmann und der SCB-Bürogeneral wären zu einem solchen Schritt grundsätzlich bereit, sind aber der Meinung, man müsste auch Biel mit ins Boot holen.
Das sind, wie gesagt, spontane Überlegungen in der «Jakobs-Galerie» während des Derbys. Ob sich tatsächlich eine Berner Auswahl verwirklichen liesse, wer denn eine «Berner Nationalmannschaft» coachen dürfte und ob sich Spengler-Cup Chef Marc Gianola überhaupt auf ein solches Abenteuer einlassen würde – das alles ist völlig ungewiss.