Die Schweiz bezahlt dem ausländischen Personal die besten Löhne ausserhalb der NHL und der KHL.
Die Kanadier, Amerikaner, Tschechen oder Skandinavier verdienen bei uns rund doppelt so viel wie in anderen europäischen Ligen mit Ausnahme der KHL. Unser Hockey «vernichtet» so durch viel zu hohe, vom Markt gar nicht geforderte Saläre Jahr für Jahr mehr als fünf Millionen Franken.
ZSC Lions verpflichten den amerikanischen Center Garrett #Roe
— ZSC Lions (@zsclions) 24. April 2019
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Wenn nun die Klubs innerhalb der Liga einander die ausländischen Spieler ausspannen, so wird die ganze Sache noch teurer. Da ja ständig vor der Zeit unterschrieben wird – also bevor die Saison beim aktuellen Arbeitgeber zu Ende ist – muss der Lohn noch einmal erhöht werden.
Kein andere helvetische Hockeyfirma hat ihr ausländisches Personal in den letzten drei Jahren so überbezahlt wie die ZSC Lions. Weil die Zürcher der Ligakonkurrenz regelmässig die ausländischen Spieler ausspannen. Und zu oft sind es aus unterschiedlichen Gründen sehr teure Flops geworden: Drew Shore (kam von Kloten), Roman Cervenka (von Gottéron), Maxim Noreau (vom SCB) und Fredrik Pettersson (von Lugano) sind bei Lichte besehen in Zürich alle gescheitert oder ihr Salär nicht wert.
Fredrik Pettersson ist immerhin Meister geworden. Aber nun ist die Gefahr erheblich, dass er mit Vertrag bis 2021 nach und nach zum Problemspieler wird. Die ZSC Lions haben für nächste Saison bereits drei ausländische Spieler unter Vertrag, die alle 31 sind: Garrett Roe, Maxim Noreau und Fredrik Pettersson.
Eigentlich macht es nur Sinn, einen ausländischen Spieler von der Konkurrenz zu übernehmen, wenn er dort überzählig wird oder nicht mehr ins Konzept passt und darum froh ist, wenn er in der Schweiz bleiben kann. Beispiel: Harri Pesonen, in Lausanne nicht mehr erwünscht, wechselte nach Langnau. Da war kein Aufpreis nötig. Keiner der letzten liga-internen ZSC-Einkäufe war eine solche «Günstig-Variante».
Abgeworbene Ausländer, die dann über längere Zeit eine dominierende Rolle bei ihrem neuen Arbeitgeber spielen, sind über die Jahre eine Ausnahme und nicht die Regel. Wie Petteri Nummelin (von Davos über einen NHL-Umweg nach Lugano), Oleg Petrow (Servette zu Zug), Paul DiPietro (Ambri zu Zug), Josh Holden (Gottéron, Langnau, Zug) oder Chris Tancil (Kloten zu Zug). Oder in der zweithöchsten Liga Brent Kelly und Jeff Campbell (von Olten zu Langenthal).
Und nun also Garrett Roe vom EV Zug zu den ZSC Lions. Nur wenn der Amerikaner die ZSC Lions zum Meister skoren sollte – in Zug war er dazu nicht in der Lage – ist er sein Geld wert.
➡️ @zsclions -Sportchef Sven Leuenberger äussert sich zur Verpflichtung von Garret Roe & bezeichnet den 31-jährigen Center als «Fireball» ‼️ #NationalLeague #MySportsCH #MyHockey @SwissIceHockey @official_EVZ pic.twitter.com/0prvAawLT6
— MySportsCH (@MySports_CH) 24. April 2019
Spieler mit seiner Qualität gibt es allerdings zu sechsstellig günstigeren Preisen in Nordamerika und Skandinavien. Aber der Sportchef müsste sich die Mühe machen, den Markt eingehend zu sondieren. Kommt dazu, dass die Verpflichtung eines ausländischen Spielers immer ein gewisses Risiko birgt. Also lieber den teuren Spatz in der Hand als die billige Taube auf dem Dach.
Klubs, die sparen oder Budgetdisziplin halten müssen gehen dieses Risiko eher ein. Ambri hat mit Dominik Kubalik den besten Einzelspieler der letzten Saison gefunden, Langnau mit Chris DiDomenico einen charismatischen Leitwolf.
Den ZSC Lions sind in den letzten drei Jahren trotz randvoller «Transfer-Kriegskasse» keine so hochkarätigen «Erstverpflichtungen» gelungen wie dem SCB mit Andrew Ebbett und Mark Arcobello, Ambri mit Dominik Kubalik, Biel mit Toni Rajala, Lausanne mit Dustin Jeffrey und Jonas Junland oder Davos mit Perttu Lindgren.
Die letzte spektakuläre Ausländer-Verpflichtung – Auston Matthews – ist den Zürchern angetragen worden. Der Amerikaner hatte einen Klub in Europa gesucht, weil er als Vorbereitung auf die NHL lieber im Männerhockey als bei den Junioren spielen wollte.
Der Grund für das Versagen des ZSC-Managements bei der Rekrutierung des ausländischen Personals ist einfach: zu viel Geld. Bei den ZSC Lions wird Ende Saison von einer Männerrunde mit abgeschlossener Vermögensbildung der Verlust in beliebiger Höhe ausgeglichen.
Wozu also mühselig nach ausländischen Arbeitnehmern «fahnden», wenn man jeden geforderten Preis zahlen und sich so in der eigenen Liga bedienen kann? Bei der Rekrutierung des ausländischen Personals hat zu viel Geld den ZSC Lions mehr geschadet als genützt. Und es ist sowieso bequemer, zum Scouting von Zürich nach Zug als nach Stockholm, New York oder Oulu zu reisen.
Dass die ZSC Lions in den letzten fünf Jahren nur noch einmal Meister geworden sind und soeben als Titelverteidiger die Playoffs verpasst haben, hat viel mit der glücklosen – oder polemisch: der dilettantischen – Ausländer-Politik zu tun.