Ach, das waren noch Zeiten, Normand Beaudin führte einst den SC Langnau als Spielertrainer 1977 und 1978 zweimal hintereinander zum Vizemeistertitel. Im Frühjahr 1978 verlieren die Langnauer das letzte Saisonspiel gegen den SC Bern auf eigenem Eis 3:6 und müssen Biel buchstäblich im letzten Augenblick den Vortritt lassen. Der Kanadier war einer der charismatischsten Ausländer seiner Zeit. In der Saison 1977/78 steuert er in 28 Spielen 22 Tore und 22 Assists bei (es gab noch keine Playoffs). Aber für Langnau ist er nicht gut genug und muss gehen.
Die Hockeygötter haben die Emmentaler für diese Undankbarkeit schwer bestraft. Sie sind seither nie mehr auch nur in die Nähe eines zweiten Meistertitels gekommen und sind zwischendurch bis in die 1. Liga abgestiegen.
Nun dürften die Hockeygötter wieder versöhnt sein. Die Langnauer haben hintereinander in Lausanne 3:7, auf eigenem Eis gegen Davos 1:6 und in Bern 0:7 verloren. Bereits war leises Murren zu vernehmen. Und als die Zeiten – ach – noch anders waren, hätte nach dem 0:7 gegen den SCB die Polemik um den Trainer begonnen.
Am Freitag die Schmach von Bern, und am Samstag verkündet Sportchef Pascal Müller die vorzeitige Verlängerung mit dem Trainer um ein Jahr für eine dritte Saison bis 2025. Das ist wahre «Trainerliebe». Als die Zeiten – ach – noch anders waren, hätte Langnaus Sportchef nach dem 0:7 in Bern höchstens dem Trainer das Vertrauen ausgesprochen und den Chronistinnen und Chronisten trotzig erklärt, der Trainer sei kein Thema.
Was ist in die Langnauer gefahren? Es gibt gute Gründe für die Vertragsverlängerung mit Thierry Paterlini. Er hat die Mannschaft strukturiert, fast wie einst Heinz Ehlers. Aber nur fast. Er versteht es, die jungen Spieler zu fordern und zu fördern. Das ist für einen Ausbildungsklub wie Langnau von entscheidender Bedeutung. Thierry Paterlini ist in der Sache direkt, in der Art bodenständig und pragmatisch und pflegt die bei Bandengenerälen seltene Kunst der Selbstironie. Er ist Langnaus erster Trainer seit Jim Koleff, der mit dem Sportchef harmoniert: Der eingebürgerte Kanadier war 2003/04 beides: Sportchef und Trainer.
Tatsächlich hatte Thierry Paterlini schon vor mehr als einer Woche seine Unterschrift unter einen neuen Vertrag gesetzt. Am letzten Donnerstag war dann auch mit seinen beiden Assistenten Jukka Varmanen und Steve Hirschi alles klar. Dass die Prolongation mit dem gesamten Trainer-Team ausgerechnet am Tag nach dem 0:7 in Bern erfolgt, ist kein Zufall. Thierry Paterlini sagt mit dem ihm eigenen trockenen Humor: «Das hat die PR-Abteilung entschieden.»
Tatsächlich ist Langnau unter Geschäftsführer Simon Laager sehr auf Seriosität und Aussenwahrnehmung bedacht. Die vorzeitige Verlängerung ist ein wichtiges Signal: Seht her, wir sind vernünftig geworden. Wir planen über den Tag hinaus. Wir beurteilen den Trainer nicht in den Emotionen des Tages, sondern mit Verstand über Monate. Kurzum: Wir sind seriös. Thierry Paterlini deutet die Verlängerung denn auch als Zeichen der Anerkennung für die Arbeit der gesamten Trainer-Crew: «Es zeigt, dass das Umfeld das Gefühl hat, dass unser Weg nicht komplett falsch ist.» Sportchef Pascal Müller ergänzt: «Wir sind in einen Sturm geraten, aber es gilt das Ganze zu betrachten.»
Der Romantiker freut sich über Langnaus neue, wahre «Trainerliebe» und sieht die Sache zu Recht als «Jahrhundert-Deal»: Eine solche vorzeitige Verlängerung mit einem Trainer nach drei Niederlagen in vier Spielen und einem Abrutschen auf den letzten Platz mit der löchrigsten Abwehr der Liga hat es tatsächlich in der mehr als hundertjährigen Eishockey-Weltgeschichte noch nie gegeben.
Der Realist sieht die Sache allerdings nicht ganz ohne Sorgen. Die letzte Wahrheit steht auch in Langnau oben auf der Resultattafel. Seriös sein, langfristig denken und junge Spieler ausbilden ist löblich und richtig. Aber stärkt es die Leistungskultur, wenn während einer frühherbstlichen Schlechtwetterlage mit dem Trainer verlängert wird? Es hätte bei Weitem gereicht, im Februar zu verlängern, wenn klarer ersichtlich ist, wohin die sportliche Reise geht. Thierry Paterlini wäre bis dahin sicher nicht abgeworben worden. Es ist schön, wenn die Langnauer nett zueinander sind und sich gut verstehen. Aber muss es nicht gerade im Emmental hinten auch mal richtig in der Spielzeugkiste rumpeln? Die besten Phasen der SCL Tigers im Playoff-Zeitalter (zweimal Playoffs) waren stets auch mit Blitz und Donner begleitet. Ein inneres Azorenhoch bei einem sportlichen Sturmtief: Das hat es noch nie gegeben.
Immerhin hat Thierry Paterlini die Mannschaft nach dem 0:7 in Bern wieder einigermassen stabilisiert. 24 Stunden später holen die SCL Tigers gegen Ambri wenigstens einen Punkt. Fünf Sekunden vor Schluss gleicht Sean Malone zum 2:2 aus. In der Verlängerung ist allerdings schon nach 16 Sekunden Lichterlöschen. Verteidiger Jesse Virtanens Sololauf kann durch Sean Malone nur widerrechtlich gestoppt werden und der Finne versenkt den Penalty gleich selbst eiskalt zum Siegestreffer.
Und nun noch etwas Polemik. Vor lauter Freude über die Verlängerung mit dem Trainer und die Verpflichtung von Saku Mäenalanen (der finnische Weltklassestürmer hat Offerten von Davos und den ZSC Lions abgelehnt, auch weil seine Freundin mit der Freundin von Vili Saarijärvi befreundet ist) wird eine zusätzlich heraufziehende Schlechtwetterfront ignoriert: Es ist nicht ausgeschlossen, dass Langnau bald ein Torhüterproblem hat.
Letzte Saison war Luca Boltshauser Langnaus MVP: 91,90 Prozent Fangquote in der Qualifikation und gar 95,10 Prozent in den Playouts gegen Ajoie. Der erste und der zweite Gegentreffer gegen Ambri waren haltbar, seine Gesamt-Fangquote in dieser Saison steht bei 88,98 und die von Stéphane Charlin, der Nummer 2, bei 87,21 Prozent.
Entweder sehen wir bald wieder den besten Luca Boltshauser oder die Langnauer werden den letzten Platz nicht mehr los. Vielleicht hilft ja auch da eine vorzeitige Verlängerung des Ende Saison auslaufenden Vertrages.
PS: Müsste Ambris Sportchef Paolo Duca mit seinem Trainer eigentlich nicht auch vorzeitig verlängern? Immerhin hat Ambri drei der fünf ersten Spiele gewonnen. Luca Cereda sagt, er brauche weder einen Zeitvertrag noch eine vorzeitige Verlängerung: «Ich habe einen Vertrag, den beide Seiten jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten auflösen können. Das stimmt so für mich.»
Paterlini und sein Staff machen gute Arbeit, klar die drei Niederlagen in dieser Höhe gehen nicht. Doch man soll nicht vergessen dass man lernen kann aus solchen Spielen.
Ich persönlich finde die Entscheidung gut, die fehlende Kontinuität fehlte seit Heinz Ehlers in Langnau. Klar ist es für Klausi Müehsam wenn es in Langnau ein bisschen weniger Unruhig ist.. so hat er auch weniger zu schreiben.
kleiner Tipp am Rande and Klaus: Es gibt noch 13 andere Teams in der NL und nicht nur Langnou und Bern 👌
gruess aus dem Emmental ☺️