Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Eigentlich ist es ein Ritual, so belanglos wie das Einstellen einer Parkscheibe. Vor einem Spiel informieren die Sportchefs die Chronisten jeweils über die «Abwesenden» und die «Verletzten». Im Zeitalter der nicht mehr gedruckten Medien gibt es da nichts mehr Neues zu erfahren.
Doch diesmal gibt es im heimeligen, hölzernen Medienraum der Valascia doch neugierige Fragen. Biels Sportchef und Assistenz-Trainer Martin Steinegger verkündet nämlich, sein kanadischer Stürmer Ahren Spylo sei «überzählig». Das ist einigermassen überraschend. Am Vorabend hat der Kanadier gegen Zug eines seiner besten Saisonspiele gezeigt.
Aber Martin Steinegger weiss nicht, warum sein Kanadier fehlt, dessen Vorgesetzter er neben dem Eis als Sportchef und auf dem Eis als Assistenztrainer ist. «Das hat Kevin Schläpfer so entschieden. Ich weiss nicht, was los ist.»
Biel, längst aus dem Playoff-Rennen, verliert im kläglichsten Saisonspiel 1:5. Wir sehen nur eine Operetten-Version des wahren Biel. Die individuellen Fehler, die zu den ersten vier Treffern führen, sind geradezu haarsträubend: Scheibenverluste der Verteidiger und Fehler von Torhüter Simon Rytz (in der ersten Pause ausgewechselt) und Lukas Meili. In dieser Verfassung wäre Biel im Playout oder in einer Liga-Qualifikation chancenlos.
Nach dem Spiel wirkt Kevin Schläpfer seltsam ratlos. Als sei der «Hockeygott» aus dem Hockeyhimmel auf die Erde gefallen. Die erste Frage der Chronisten: Was ist mit Ahren Spylo los? Kevin Schläper sagt: «Ich weiss es nicht». Soll das ein Scherz sein? Der Trainer weiss doch, warum er einen seiner besten Spieler nicht aufgestellt hat!
«Nein, ich weiss es nicht. Nach dem Spiel gegen Zug ist er zu mir gekommen und gesagt, er könne in Ambri nicht spielen. Er habe Kopfweh.» Eine Gehirnerschütterung? «Ich weiss es nicht. Im Spiel gegen Zug habe ich keinen Zusammenstoss oder Check gesehen. Er hat auch keine äusseren Verletzungen am Kopf.» Was nun? Kevin Schläpfer «Ich weiss es auch nicht.»
Es ist eine seltsame Ratlosigkeit des Trainers einer rätselhaften Mannschaft. Kevin Schläpfer mag nicht dramatisieren. «Wir waren nach der unglücklichen Niederlage gegen Zug eben sehr enttäuscht.» Aber er sei schon sehr frustriert über den Auftritt in Ambri.
Ein Grund zur Beunruhigung gibt es für Kevin Schläpfer noch nicht. Die Spiele, die Biel nicht verlieren darf, kommen erst noch. Die Götter sind an diesem Samstag, an dem die Valascia noch einmal verschneit wird, Ambri ganz einfach gnädig. Als Entschädigung für das dramatische, tragische 2:4 vom Vorabend in Lugano darf Hans Kossmann mit seinen Jungs diesmal einen «Gratissieg» einfahren.
Nicht eine Sekunde besteht ein Zweifel über den Ausgang eines Spiels, das Ambri unbedingt gewinnen muss, wenn es die Playoffs doch noch schaffen will. Die Getreuen in der «Curva Sud» hatten ein Gespür für die Dramatik des Augenblicks. Sie beschwören die Spieler mit einem der kraftvollen Hockeysprache angemessenen Spruchband: «Fuori i Coglioni». Was anständig übersetzt so viel heisst wie «Strengt euch an.»
Die Botschaft kommt an. Ganz besonders bei den offensiven Titanen, die am Vorabend in Lugano versagt hatten. Die bange Frage, ob Ambri die Leistung aus dem dramatisch verlorenen Derby würde wiederholen können, ist schnell mit «Ja» beantwortet. Diesmal waren die Götter gnädig. Alexandre Giroux (10.), Elias Bianchi (11.), Cory Emmerton (19.) und Inti Pestoni (24.) sorgen mit vier Treffern für eine frühe Entscheidung.
Weil die zwei anderen Partien für Ambri laufen (Kloten und Lausanne verlieren) macht der Fremde, der nichts um die ganz besondere Tragik in Ambris Hockeykultur weiss, eine simple Rechnung auf: mit Siegen in den zwei letzten Partien in Biel (am Freitag) und gegen Lugano (am Samstag) kann Ambri mit grosser Wahrscheinlichkeit die Playoffs aus eigener Kraft schaffen. Wer hingegen weiss, das die Hockey-Götter Ambri lieben und deshalb immer wieder züchtigen, befürchtet nun den Vater aller tragischen Siege:
Ambri gewinnt tatsächlich am Freitag in Biel und am Samstag wird Lugano im wichtigsten Derby dieses Jahrhunderts (seit la Finale von 1999) im letzten Qualifikationsspiel besiegt. Vieltausendstimmig und mit seltener Inbrunst wird die Siegeshymne «La Montanara» angestimmt. Aber durch eine verrückte Konstellation endet es so, dass dieser Triumph doch nicht reicht. Bern und Kloten schaffen die Playoffs. Das ist theoretisch möglich und, im Wissen um Ambris Geschichte, sogar zu befürchten.