Aus dem richtigen Leben kennen wir Mindestlöhne. Aber keine maximal zulässigen Saläre. Genau das aber wird im Hockey angestrebt. Kommt diese Lohnobergrenze (auch «Salary Cap» oder «Financial Fairplay» genannt), dann dürfen die Klubs der höchsten Liga nur noch eine bestimmte Maximalsumme für die Spielerlöhne ausgeben.
Warum kommen die Klubmanager überhaupt auf diese Idee? Erstens um die Kosten in den Griff zu bekommen. Die Einführung der Playoffs (1986) wirkte sportlich und wirtschaftlich wie ein «Big Bang». Unser Eishockey hat seither eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben. Ein Blick zurück macht fast schwindlig. Die National League mobilisiert heute nach der NHL am meisten Zuschauer und zahlt nach der NHL und der grossrussischen KHL die höchsten Löhne. Die Schweizer haben die NHL erobert und zweimal den WM-Final erreicht. Sie spielen heute auf Augenhöhe mit den Schweden, Finnen, Tschechen, Russen, Kanadiern und Amerikanern. Noch in den 1980er-Jahren war die NLA eine Operettenliga und unsere Nationalmannschaft drittklassig auf dem Niveau von Rumänien, Japan, Polen und Holland.
Diese weltweit beispiellose Entwicklung hat ihren Preis. Die Löhne und die Einnahmen steigen jedes Jahr. 1986 galt Jörg Eberle mit einem Jahreslohn von 80'000 Franken als Krösus. Heute kosten die Besten in Zug und Zürich im Monat brutto so viel. 1986 bekam die ganze Liga für TV-Rechte weniger als 100'000 Franken. Heute sind es fast 35 Millionen. Weil die qualifizierten Arbeitskräfte (die guten Spieler) rar sind, werden die Mehreinnahmen durch die Löhne aufgefressen und nur der SC Bern hat in diesem Jahrhundert nie rote Zahlen geschrieben.
Der zweite Grund für die Salärbegrenzung: die Ausgeglichenheit der Liga. Wenn alle die gleichen finanziellen Voraussetzungen haben, kann der Erfolg nicht mehr «gekauft» werden. Dann haben alle – Ambri so gut wie die ZSC Lions – eine Chance auf den Titel. Je ausgeglichener die Liga, desto höher die Spannung und besser das Geschäft.
Die Virus-Krise mit dem Abbruch der Meisterschaft und einer ungewissen Zukunft (Wann kann wieder vor Zuschauern gespielt werden? Welche Firmen können sich noch ein Sponsoring leisten?) haben zu einer Verunsicherung und Einnahmeausfällen geführt. Die Löhne aber bleiben gleich hoch.
Unter dem Schock der Krise streben nun die Klubmanager die Lohnobergrenze an. Dabei sind zwei Punkte zu beachten. Erstens: Ist es rechtlich zulässig, die Lohnsumme zu begrenzen? Im Prinzip ja. Der Sport profitiert von einer gewissen juristischen Narrenfreiheit. Einigen sich die Klubs freiwillig auf eine Begrenzung, schreitet niemand ein. Bereits die Einschränkung der ausländischen Spieler (pro Partie dürfen vier eingesetzt werden) ist illegal, wird aber, da auf freiwilliger Basis eingeführt, seit bald 50 Jahren toleriert. Matthias Remund, der Direktor des Bundesamtes für Sport (BASPO) hat bereits signalisiert, dass die Lohnbegrenzung juristisch unter bestimmten Voraussetzungen machbar sei.
Zweitens: Kann die Einhaltung der Lohnobergrenze kontrolliert werden? Ja. Die Kontrolle erfolgt über die bei der Liga einzureichenden Lohnausweise plus einer schriftlichen Erklärung der Klubs, dass es keine weiteren Einkünfte der Spieler gibt. Allerdings ist das nur mit dem Einverständnis der Spieler möglich.
Meistens verführen emotionale und nicht rationale Gründe zum Einstieg ins Sport-Business. Deshalb werden die Spieler überbezahlt. Wer Meister werden will, bietet einfach noch höhere Löhne, um noch bessere Spieler zu bekommen. Also braucht es zum «Selbstschutz» eine Lohnobergrenze. Unser Eishockey will lediglich ein längst bewährtes System aus Nordamerika, aus einem Sportmarkt mit unbegrenzten Möglichkeiten, kopieren. Dort gibt es inzwischen in allen Profiligen (Hockey, Basketball, Baseball, Football) in verschiedenen Ausführungen eine Lohnbegrenzung. In Nordamerika ist das Sportbusiness auch deshalb – im Gegensatz zum Hockey und Fussball in Europa – für die meisten ein profitables Geschäft geworden.
Die Befürworter haben mit SCB-Manager Marc Lüthi einen starken Wortführer und Meinungsmacher auf ihrer Seite. Konkret sind zurzeit nur die ZSC Lions gegen diese Salärbegrenzung. Allerdings nicht aus Unvernunft. ZSC-Manager Peter Zahner, neben Marc Lüthi der zweite grosse Wortführer und Meinungsmacher, weist auf die Schwierigkeiten einer praktischen Umsetzung hin.
Eine Salärbegrenzung sei mit unserem Arbeitsrecht nicht vereinbar. Deshalb könne ein System, das unter anderen Voraussetzungen in Nordamerika funktioniere, nicht einfach auf die Schweiz übertragen werden. Und er wehrt sich dagegen, mit der Salärbegrenzung ein System einzuführen, das in Europa noch nie probiert worden sei und dessen praktische Auswirkungen nicht absehbar seien. Er ist gegen ein Experiment mit unabsehbaren Folgen in einer Liga, die sehr gut funktioniere und eine der besten der Welt sei. Er setzt auf die Eigenverantwortung der Klubs und sieht Anzeichen, dass sich die Lohnspirale nicht mehr weiterdreht.
Peter Zahners Bedenken sind berechtigt und eine grosse Herausforderung für Gaudenz Domenig. Es liegt am HCD-Präsidenten, nun in Zusammenarbeit mit den Klubs das Projekt Salärbegrenzung so auszuarbeiten, dass möglichst wenige Fragen offen bleiben. Gestern Mittwoch hat er den ersten Entwurf nicht selbst präsentiert und sich durch HCD-Klubmanager Marc Gianola vertreten lassen. Soll die Salärbegrenzung eine Chance haben, muss sie ab sofort in allen Gremien von Gaudenz Domenig persönlich vertreten werden. Der HCD-Obmann ist ein international anerkannter Wirtschaftsanwalt und gilt als juristisches Gewissen der Liga.
Werden die Klubs einer Lohnobergrenze zustimmen? Ja, aber mit ziemlicher Sicherheit nur dann, wenn es noch in diesem Jahr zur Abstimmung kommt, wenn möglich bereits im Rahmen der nächsten Liga-Versammlung am 27. August. Unter dem Schock der Krise gibt es zurzeit eine Mehrheit. Sobald der Spielbetrieb wieder uneingeschränkt läuft und die Wirtschaft brummt, ist es mit der Vernunft vorbei.
Es bleibt also zur Einführung dieser historischen Massnahme (die übrigens auch im Fussball möglich wäre) bloss ein Zeitfenster von wenigen Monaten. Reicht diese Zeit, um mit der Salärbegrenzung aus unserem sportlich sehr guten Hockey auch für die meisten ein gutes Geschäft zu machen?
Auch sein Ansatz zum Arbeitsrecht ist nicht richtig. Im AR gibt es Möglichkeiten unter Auflagen - Saläre zu begrenzen!