Über zu hohe Saläre lässt sich vortrefflich polemisieren. Vor allem im Sport. Wenn der Staat eine Bank retten muss, die durch Missmanagement in Not geraten ist, spricht niemand von Lohnkürzungen für die verantwortlichen Manager. Und über die lebenslänglichen Lohnfortzahlungen von Politikerinnen und Politikern in Regierungsämtern wird selten debattiert.
Aber wenn Hockeyspieler so viel verdienen wie ein Bundesrat, dann regt sich öffentlicher Unmut. Vor allem in diesen Zeiten der Krise, in denen Gelder aus der Staatskasse zur Rettung der Klubs verlangt werden. Das mag damit zusammenhängen, dass die Tätigkeit von Managerinnen und Managern in der Privatwirtschaft und von Politikerinnen und Politikern als notwendige Arbeit eingestuft wird. Hockey-Spieler sind hingegen in der öffentlichen Wahrnehmung weiter Kreise eher junge Männer, die spielen, um nicht arbeiten zu müssen.
Wenn wir berücksichtigen, dass die Spieler nur kurze Zeit – maximal 15 Jahre – ihr Talent zu Markte tragen können, dann sind ihre Löhne nicht zu hoch. Sie sind nur im Vergleich zu den im Hockey-Geschäft erzielten Einnahmen zu hoch. Wenn Präsidenten* über zu hohe Löhne jammern dürfen wir das getrost ignorieren. Weil sich die Präsidenten diese Suppe selbst eingebrockt haben.
Der Kardinalfehler: Die Besitzer der Klubs (die Präsidenten) überlassen die Ausgestaltung des Hockey-Geschäftes seit Jahren jenen, die das Geld verjubeln. Bei den Liga-Versammlungen entscheiden die Manager und Sportchefs* über Gänge und Läufe im Hockey-Business. Oder salopp gesagt: In unserem Hockey sind die Böcke die Gärtner.
Die Manager und Sportchefs haben mit einer Ausnahme alle ein Interesse daran, möglichst viel Geld auszugeben und zu verteilen. Je mehr die Spieler verdienen, desto höher sind auch ihre Löhne. Und sie wissen, dass die Männerrunde um den Präsidenten das Defizit immer bezahlt. Also spielt es keine Rolle, wie hoch es ist. Die einzige Ausnahme: SCB-Manager Marc Lüthi. Er ist inzwischen auch Mitbesitzer des Klubs und bei roten Zahlen verliert er eigenes Geld.
So überrascht es nicht, dass inzwischen die Manager und Sportchefs auch bei der Einführung einer Lohnobergrenze («Salary Cap») das grosse Wort führen. Die Böcke gestalten den Garten, den sie dann weiterhin abgrasen werden. So wie die Sache inzwischen aufgegleist und zerredet worden ist, wird sie nicht funktionieren. Die Einführung einer wirkungsvollen Salärbegrenzung ist praktisch vom Tisch.
Aber noch so gerne und ehrfurchtsvoll reden sie alle von der grossen NHL. Und durchschauen das simple Geschäfts-Geheimnis der wichtigsten Liga nicht. Dort treffen die Teambesitzer und nicht die Manager die wichtigen Entscheidungen. Jedes Jahr versammeln sie sich im Sommer zu einem mehrtägigen Gedankenaustausch, um das Geschäft zu justieren.
Es waren die Teambesitzer und nicht die Manager, die in der NHL eine Salärobergrenze («Salary Cap») gegen den heftigen Widerstand der Spielergewerkschaft und um den Preis einer verlorenen Saison (2004/05) durchgesetzt haben. Seither ist die NHL wieder für fast alle ein rentables Geschäft. Der «Salary Cap» legt fest, wie gross der Anteil der Saläre an den jährlichen Einnahmen sein darf. Nach dem Grundsatz, dass lediglich rund die Hälfte davon an die Spieler geht. Bei uns werden hingegen freiwillig fast 100 Prozent der im Eishockeygeschäft erwirtschafteten Einkünfte den Spielern überlassen.
So wie in der NHL könnte es auch bei uns funktionieren. Wenn sich die Präsidenten regelmässig die Zeit für eine Zusammenkunft nehmen und die Salär-Gesamtsumme der Klubs festlegen würden, dann könnten sie die Lohnkosten halbieren. Würden sie zudem gegenüber den Lohnforderungen ihres spielenden Personals mit dem gleichen Selbstvertrauen auftreten wie gegenüber den Lohnforderungen des arbeitenden Personals in ihren Firmen, dann könnten die Lohnkosten sogar um mehr als die Hälfte reduziert werden. 9 von 10 Spielern haben nämlich keinerlei Möglichkeit, im Ausland mehr Geld zu verdienen. Das Jammern über die hohen Löhne ist unnötig.
Gibt es eine rationale Erklärung für diese Zustände? Ja, sie ist einfacher, als wir denken. Friedrich Nietzsche liefert sie uns. Im Buch «Also sprach Zarathustra» des Philosophen lesen wir: «Im ächten Manne ist ein Kind versteckt: Das will spielen.» So ist es. Der Mann will spielen. Wenn schon nicht mit seiner Firma (das wäre dann doch zu arg), dann wenigstens im Sport.
Am liebsten im Profisport, wo TV-Kameras und sonstige Medienpräsenz der Eitelkeit schmeicheln und ein wenig Berühmtheit sorgen. Und beim Spiel will ein Kind, und erst recht das Kind im Mann, nicht verlieren und ein besseres, schöneres, grösseres Spielzeug (den besseren, teureren Spieler) haben als die Spielkameraden. Deshalb sind die Spielerlöhne so hoch. Wir sollten sie allerdings nicht noch mit Steuergeldern subventionieren.
Geld aus öffentlichen Kassen für die Jugendarbeit, für sportliche Infrastrukturen, für die Ausbildung von Spielern und Trainern, für die Ausrichtung von internationalen Wettkämpfen – ja, noch so gerne. Die integrative Kraft und die gesellschaftliche Bedeutung des Sportes stehen nicht zur Debatte. Aber mit Steuergeldern die Löhne im Profihockey, sozusagen das Hobby von Millionären und Milliardären finanzieren – nein danke.
Die als Aktiengesellschaften konstituierten Hockeyunternehmen sollen die gleiche Staatshilfe bekommen wie die Firmen der übrigen durch die behördlichen Einschränkungen ebenfalls betroffenen Branchen – und keinen einzigen Franken mehr. Das reicht in Kombination mit vorübergehenden Lohnkürzungen und Einsparungen, um die Saison zu überstehen. Ende der Polemik.
*Im Artikel ist der Einfachheit halber von Präsidenten und Sportchefs die Rede. Wir wissen, dass es aber auch eine Präsidentin (Vicky Mantegazza in Lugano) und eine Sportchefin (Florence Schelling in Bern) gibt.
Also das stimmt sicher nicht. Das gab damals bei der Finanzkrise die wesentlich grössere "Polemik" und es folgten gut drei Volksinitiativen, welche das begränzen wollten - eine sogar erfolgreich an der Urne.
Eben, ich auch nicht. Und deshalb würde einigen Spielern etwas Demut gut anstehen. Ich spreche von der Spezi mit Einkommen ab ca. Fr. 400 000.