Versetzen wir uns in die Lage von SCB-Sportchef Andrew Ebbett: Ihm obliegt es, per sofort die Verteidigung zu stärken. Verletzungsbedingte Ausfälle erfordern es. Für die Verteidigung werden Verteidiger benötigt. Also Spieler, die sich darauf spezialisiert haben, Tore zu verhindern.
Nun holt der SCB bis Ende Dezember aus Genf den rauen Haudegen Marco Maurer und bis Ende Januar aus Biel den finnischen Lotterverteidiger Ville Pokka und gibt dafür bis Ende Dezember Julius Honka nach Genf. Das bisher komplizierteste Tauschgeschäft in der Geschichte der National League.
Keine Polemik. Nur Statistik. Die Plus/Minus-Bilanzen dieser drei Verteidiger für diese Saison.
Der Einfluss auf die Offensive ergibt ein ähnlich eindeutiges Bild.
Ohne jede Bosheit dürfen wir sagen: Sportchef Marc Gautschi ist mit Marco Maurer wenigstens bis Jahresende einen Verteidiger losgeworden, den er seit geraumer Zeit für Tauschgeschäfte rund um die Liga anbietet und den er schon beim SCB gegen Mika Henauer eintauschen wollte. Dafür bekommt er bis Ende Jahr einen produktiven Offensiv-Verteidiger. Der heimliche Sieger aber ist Biels Sportchef Martin Steinegger: Endlich ist er Ville Pokka los, wenn auch vorerst nur bis Ende Januar, aber mit Option bis Saisonende.
Es gehört zu den Mysterien des Hockeys, wie der SCB dazu kommt, Julius Honka vorübergehend durch Ville Pokka zu ersetzen. Julius Honka macht seine Fehler spektakulär. Sozusagen als defensiver Zirkusartist und bei allem Risiko kommen dabei immerhin dieses oder jenes Tor oder entscheidende Zuspiele heraus. Ville Pokka hingegen macht seine Fehler, weil er ein langweiliger Lotterverteidiger ist.
Auf den Punkt gebracht: Die Alchemisten versuchten in alten Zeiten unter anderem, minderwertige Stoffe in Gold zu verwandeln. Die Hockey-Alchemisten von Bern versuchen, aus den zwei Lotter-Verteidigern Marco Maurer und Ville Pokka defensives Gold herzustellen. Aber es muss ja nicht gleich Gold sein. Beim Versuch, Gold zu fabrizieren, ist ja beispielsweise das berühmte Meissner Porzellan herausgekommen. Für defensives Porzellan wird es beim SCB wohl reichen.
Das ist die ganz unpolemische, rein auf Statistik beruhende Beurteilung dieses Tauschgeschäftes. Was dann tatsächlich dabei herauskommt, ist bei einem so unberechenbaren Spiel auf glatter Unterlage völlig offen. Was wir erkennen: Trainer Jussi Tapola hat beim SCB «Carte blanche». Ohne seine Zustimmung wären diese Handelsgeschäfte nicht abgewickelt worden. Er ist ein grosser Trainer, er kennt seine finnischen Landsleute und wird schon wissen, was dem SCB guttut. Was auch sein Dienstherr Marc Lüthi so beurteilt: «Wir werden sehen. Der Saisonverlauf zeigt jedenfalls, dass er weiss, was er tut.» Marc Lüthi ist sowieso bekennender Tapola-Fan. Das nur nebenbei als Hinweis für alle, die sich mit dem Gedanken tragen (falls überhaupt beim SCB jemand an eine solche Ketzerei denkt), am Stuhl des SCB-Trainers zu sägen.
Für Gesprächsstoff und Unterhaltung ist gesorgt. Hockey im Allgemeinen und beim SCB im Besonderen ist ja ein Teil der Unterhaltungsindustrie. Entweder obliegt es den Chronisten, Ende Januar die Weisheit und Weitsicht von Andrew Ebbett und Jussi Tapola zu lobpreisen. Oder zu polemisieren.