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Arno Del Curto, der Spengler Cup, die «Österreicher-Falle» und der SCB

Arno Del Curto
Del Curto bleibt dem Spengler Cup dieses Jahr fern.Bild: Marcel Bieri
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Arno Del Curto, der Spengler Cup, die «Österreicher-Falle» und der SC Bern

Der HCD-Kulttrainer verbringt die Altjahrswoche lieber in Kenia als beim Spengler Cup und wird Einflüsterer des neuen SCB-Sportchefs. Die Eishockey-Lebensgeschichte von Arno Del Curto ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.
27.12.2023, 12:58
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Ist er da? Oder ist er schon wieder weg? Ja, Arno Del Curto (67) war da. Aber er ist schon wieder abgereist. Ferien mit seiner Lebenspartnerin in Kenia. Meer, Löwen, Elefanten und Palmen in der Altjahrswoche statt Schnee, Eis, Hockey und verschneite Tannen. Das ultimative Spengler-Cup-Alternativprogramm.

Arno Del Curto und der Spengler Cup. Seine Ankunft in Davos im Sommer 1996 ist einer der grossen Wendepunkte in der HCD-Historie und in der 100-jährigen Geschichte des Turniers. Der Urknall, aus dem der moderne HCD und der Spengler Cup, wie wir ihn heute kennen, hervorgegangen sind. Und jetzt, da die 100 Jahre gefeiert werden, ist es wieder einmal an der Zeit, Arno Del Curto aus dem Hockey-Ruhestand zu scheuchen. Immerhin war er fast 25 Jahre lang HCD-Trainer (Sommer 1996 bis November 2018) und hat also ein Viertel der Spengler-Cup-Geschichte geprägt.

Er mag das Schwelgen in ruhmreichen Erinnerungen eigentlich nicht. Er sagt, Eishockey lasse ihn inzwischen gleichgültig. «Aber auf die NHL-Playoffs freue ich mich. Ich spiele Golf und interessiere mich für Fussball.» Er hat sich zu seiner Lebenspartnerin in den bernischen Oberaargau nach Lotzwil zurückgezogen. In ein Dorf bei Langenthal mit nicht einmal 3000 Bewohnenden.

Er geniesst die ländliche Ruhe. Die Wanderungen in der sanften Hügellandschaft, die einst schon Albert Bitzius zu Höhenflügen der Weltliteratur inspiriert hat. Viele seiner Freunde leben nach wie vor in Zürich und er sei immer noch oft dort. Ganz im Inneren sei er nach wie vor ein Stadtmensch. Der Weg von Lotzwil nach Zürich ist nicht weit. Mit der Eisenbahn eine Stunde. Er fahre inzwischen oft mit dem Zug.

Ruhe fernab vom Eishockey, möglichst nicht mehr über Eishockey fachsimpeln. Aber fürs Spengler-Cup-Jubiläum macht er denn doch eine Ausnahme. Und es dauert nicht lange, bis er sich ins Feuer redet.

Wenn er den Spengler Cup rühmt, dann tut er es nicht, weil es sich zum grossen Jubiläum so gehört. Seine Begeisterung ist echt. Von all den Titeln (sechs), Spengler Cup-Triumphen (vier) und sonstigen Begebenheiten in Davos wühle ihn nichts so sehr auf wie die Erinnerung an den ersten Gewinn des Spengler Cups in der Altjahrswoche 2000. «Ich vergesse nie diese Freude und Begeisterung im Stadion nach dem gewonnenen Final. Nie habe ich so sehr gespürt, dass wir den Leuten im Stadion eine Freude gemacht haben. Ich sehe die Bilder noch vor mir. Es war nach dem gewonnenen Final gegen Kanada um die Mittagszeit und Sonnenlicht drang ins Stadion.»

Davos players cheer their Head Coach Arno Del Curto, center, after his team won the Spengler Cup final against Canada Selects, Sunday, December 31, 2000, in Davos, Switzerland. It's the first tim ...
Arno Del Curto gewinnt 2000 mit Davos den Spengler Cup.Bild: KEYSTONE

Diese Freude habe er sonst nur noch annähernd im Hallenstadion nach dem Sieg über Lugano im Playoff-Viertelfinal von 1992 erlebt.

Faszination Spengler Cup. Also doch mehr als ein Showturnier. Da begehrt er auf. «Showturnier? Unsere Spiele gegen die Kanadier sind der Gegenbeweis. Ich erinnere mich an jedes einzelne dieser Spiele. Diese Intensität war unglaublich und übertrifft auch die Playoffs. Um jeden Zentimeter Eis, um jeden Puck ist gekämpft worden.»

Arno Del Curto war schon immer ein Nonkonformist, ist es geblieben und gönnt sich als einzige Eitelkeit das Nachfärben der grauen Haare («Bis ich 70 bin»). Wenn er sagt, er interessiere sich nicht mehr für Eishockey, dann mag das für den Augenblick stimmen, in dem er es sagt. Aber ganz kommt er eben doch nicht davon los. Es ist eine andere Art von Interesse. Es ist nicht mehr das Spiel, das ihn so sehr in den Bann zieht. Der Bezug ist mehr persönlich. Er hat Freunde und Bekannte, die noch immer im Hockeybusiness sind und ihretwegen beschäftigt er sich eben doch noch mit Hockey.

Arno Del Curto hat bereits bei zwei Weltmeisterschaften dem österreichischen Nationaltrainer Roger Bader assistiert. Einst war Roger Bader sein Assistent beim ZSC. Er lässt seinen alten Kumpel nicht im Stich. Nun hat er allerdings ein Problem: «Österreich spielt bei der nächsten WM gegen die Schweiz. Da kann ich nicht mit Roger Bader an der Bande stehen. Das geht einfach nicht.»

Aber warum denn nicht? Er könnte sich doch einfach nicht am Spiel beteiligen und als Gast wie einst Ueli Maurer beim Spengler Cup bei der HCD-Spielerbank dem Geschehen beiwohnen. «Nein, nein, wenn ich nur blinzeln würde, hiesse es schon, ich mische mich ein.»

Der ehemalige HCD-Kulttrainer in der Österreicher-Falle. Er schliesst trotzdem nicht aus, Roger Bader bei der WM in Prag doch zu begleiten. Im Februar wird er jedenfalls bei den Länderspielen der Österreicher an der Bande mit dabei sein. «Dann werden wir sehen.» Es gebe vielleicht eine Kompromisslösung. «Ich bin einfach beim Spiel gegen die Schweiz nicht im Stadion.»

Es gibt noch weitere Partien, die für ihn tabu sind: Sollte Hockey Huttwil in den Playoffs der MyHockey League gegen Chur antreten (die Heimspiele sozusagen vor Arno Del Curtos Haustüre), dann werden ihn zehn Pferde in Huttwil nicht ins Stadion bringen. Der Grund? Chur wird von Reto und Jan von Arx gecoacht. «Ich will einfach nicht Partei ergreifen.» Wohlwissend, dass seine Anwesenheit im Spiel zu Polemik führen könnte.

Hat also Arno Del Curto keinen Einfluss mehr auf unser nationales Hockey? Theoretisch ist das sicherlich so. Aber praktisch doch nicht ganz. Er ist mit Martin Plüss befreundet, der ab nächstem Frühjahr offiziell die Gesamtleitung über die SCB-Sportabteilung übernimmt, und ist des Lobes voll: «Plüssi» sei die perfekte Besetzung für diesen Posten beim SCB. «Mit ihm wird der SCB zum Frölunda unseres Hockeys.»

Arno Del Curto
Arno Del Curto in der Österreicher-Falle.Bild: Marcel Bieri

Frölunda, beheimatet in Göteborg, ist vierfacher Sieger der Champions League und einer der besten Hockeyclubs der Welt. Ja, er tausche sich regelmässig mit Martin Plüss aus. Natürlich weist Arno Del Curto die folgende Schlussfolgerung weit, weit und in aller Form und Entrüstung von sich: Arno Del Curto als Spindoctor («Einflüsterer») des neuen starken Mannes der SCB-Sportabteilung.

Die Eishockey-Lebensgeschichte von Arno Del Curto ist noch lange nicht zu Ende geschrieben. Er wird wohl seiner Autobiographie («Mit Köpfchen durch die Wand») noch ein Kapitel beifügen müssen. Beim HCD gibt es nach wie vor einflussreiche Persönlichkeiten, die ihren ehemaligen Trainer gerne im Dienste des Klubs sehen würden. Arno Del Curto ein Job beim HCD? Das wäre ja wie der Papst als Sekretär bei Bischof Joseph Maria Bonnemain in Chur. Oder doch nicht? HCD-Präsident Gaudenz Domenig sagt, Arno Del Curto wäre eigentlich der perfekte Scout. «Er könnte in Schweden oder in Amerika in der AHL die richtigen Ausländer finden …»

Der HCD-Obmann ist ein weiser Mann: Diese Funktion als Scout (Talentsucher) im Unterland, in Skandinavien oder in Amerika wäre die einzige, bei deren Ausübung Arno Del Curto nicht in Davos anwesend wäre. Weder der Präsident oder der Sportchef noch der Trainer hätten einen Grund zur Nervosität.

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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The Gap
27.12.2023 11:02registriert September 2018
Bekomme grad Gänsehaut - ich war damals live mit Stadion, als der HCD den Spengler Cup gewonnen hat! Davos stand Kopf und es wurde ordentlich gefeiert!!
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Radio Eriwan
27.12.2023 10:57registriert Dezember 2022
We miss you!

Thanks for everything!
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