Grosse Trainer wie Ambris Luca Cereda werden hin und wieder respektvoll «Bandengeneräle» genannt. Was nach kriegerischer Sprache tönt (die im Sport nichts zu suchen hat), geht auf einen kirchlichen Ursprung zurück: Der «Generalis Abbas» war im Mittelalter der Chef einer katholischen Ordensgemeinschaft. Erst später hat das Militär daraus den General gemacht.
Ambri hat neben einem Bandengeneral (Luca Cereda) auch einen Generalstab: Hoch oben unter dem Dach des Davoser Eistempels verfolgen Sportchef Paolo Duca (als Generalstabschef), Goalie-Trainer Pauli Jaks, Video-Coach Fausto Groce und Teammanager (Feldweibel) Alessandro Benin die Partie konzentriert und intensiv hinter Bildschirmen. Mit der Möglichkeit von Zeitlupenstudien.
Paolo Duca steht in direkter Sprechfunkverbindung mit Luca Ceredas Assistenten René Matte und Eric Landry unten an der Bande. «Ich kann ihre Unterhaltung mithören und hin und wieder einen Tipp geben oder eine Frage beantworten.» Er beobachtet nicht nur. Er leidet mit. Er applaudiert. Er schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Es wäre am Dienstagnachmittag ohne einen Blick aufs Eisfeld allein aufgrund seiner Körpersprache und seiner verbalen Emotionsausbrüche möglich gewesen, das Spiel zu verfolgen.
Auch in der Meisterschaft wird jedes Spiel mit diesem Aufwand überwacht und gemanagt. Hier in Davos ist halt alles etwas enger und Ambris Generalstab operiert von der Medientribüne aus. Entscheidend wird diese direkte Leitung zwischen der Bande und dem Generalstab oben unter dem Dach vor allem dann, wenn es darum geht, ob bei der Spielleitung Einspruch erhoben werden soll («Coach's Challenge»). Der Entscheid wird oben aufgrund der Videobilder gefällt. In dieser ersten Partie gegen Pardubice gibt es keine Situationen, die eine Coach's Challenge erfordern.
Ambri hatte also alles vorgekehrt. Alles vorbereitet. Alles organisiert. Und doch setzt es zum Auftakt für den Vorjahressieger gegen den tschechischen Titanen Pardubice eine Niederlage in der Verlängerung ab (2:3).
Ambri hat nicht enttäuscht. Nichts falsch gemacht. Nicht Pech gehabt. Die Realität ist einfach stärker als die Magie. Es gibt durchaus magische Momente. Am Anfang des Spiels sind sie sogar stärker als vor einem Jahr. Alex Formenton, Kanadas verlorener Sohn, der in Ambri sein Glück gefunden hat, trifft zum 1:0 (2. Min.) und sogar zum 2:0 (9. Min). Beim letzten Spengler Cup hatte er im ersten Spiel gegen Örebro das 1:0 erzielt, das die Schweden vorübergehend auszugleichen vermochten. Am Ende stand ein magisches 5:2. Und nun führt Ambri gegen den Tabellenführer der höchsten tschechischen Liga sogar 2:0.
Ambri auf der Startbahn zu einem neuen Spengler-Cup-Höhenflug? Nein. Dieses Mal verdrängte die Realität die Magie. Pardubice ist besser, der frühe 0:2-Rückstand eigentlich ein hockeytechnischer Irrtum. Der Magie geschuldet. Die Tschechen werden bis zum Schluss dominieren. Mit 38:12 Torschüssen. Selbst Luca Cereda wird hinterher sagen: «Wir haben gegen eine bessere Mannschaft verloren.»
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Ambris Mut und Leidenschaft machen es immerhin möglich, dass es bis in die Verlängerung geht. Ein Sieg wäre mehr als Magie, ein Sieg wäre ein Wunder gewesen.