In keinem anderen Land der Welt unterstützt der Staat das Profihockey so schnell, unbürokratisch und umfangreich wie in der Schweiz. Die Hockeyfirmen können die Lohnbuchhaltung durch die Kurzarbeitsregelung entlasten.
Darüber hinaus steht nun ein Kredit-Paket von sage und schreibe 75 Millionen fürs Profihockey und noch einmal der gleiche Betrag für den Breitensport bereit. Nie zuvor in der Geschichte ist unser Hockey so grosszügig vom Staat alimentiert worden.
Wenn der Spielbetrieb einmal wieder vor Publikum möglich ist, sollte während der ganzen Saison vor jeder Partie dem Staat mit einer Lautsprecher-Durchsage herzlich gedankt werden.
Doch das wird nicht passieren. Vielmehr gibt es massive Kritik. Sie kommt ausgerechnet von Peter Zahner (ZSC Lions) und Patrick Lengwiler (EV Zug) und ist inzwischen über verschiedene Medien (Zentralplus.ch, SonntagsZeitung) landesweit verbreitet worden. Sie ist lehrreich und erlaubt uns einen Einblick in das Denken einer abgehobenen Kaste.
So sagt Zugs Manager Patrick Lengwiler über das Kreditpaket: «Es war eine Nacht- und-Nebel-Aktion. Es musste schnell etwas formuliert werden, und das sieht man dem Papier an. Ich erfuhr am Freitag erstmals davon, am Montag bekamen wir es in einer Pause der Ligaversammlung vorgelegt und mussten zustimmen. Sonst gebe es gar nichts. Uns wurde die Pistole an die Brust gehalten.»
So ist das also: Wenn Hilfe von der Politik rasch und unbürokratisch geleistet wird, ist es eine Nacht- und Nebel-Aktion. Und schön, wenn einem für die Annahme eines millionenschweren Kreditpakets die Pistole an die Brust gehalten wird. Manchmal schafft man es umgekehrt nicht einmal, einen Kredit zu bekommen, wenn man einem Banker die Pistole an die Brust setzt. Ausser bei einem Banküberfall natürlich.
Weiter moniert Zugs Manager: «Es wird suggeriert, im Eishockey hätten alle exorbitante Löhne. Das stimmt überhaupt nicht. Ich habe 117 Vollzeitangestellte, davon rund 25 für die erste Mannschaft. Da verdienen einige sehr gut, andere weniger. Und die restlichen Mitarbeiter haben alle ganz normale Löhne. Wenn das Bundesamt für Sport nicht begreift, wie viele Leute an einem Proficlub hängen, enttäuscht mich das.»
Eine interessante Sicht der Dinge. Kein Mensch hat auch nur daran gedacht, dass die Frauen und Männer an der Abendkasse oder in der Gastronomie oder im Zeitnehmerhäuschen oder im Büro exorbitante Löhne beziehen.
Als höchst problematisch empfindet Zugs Manager die Solidarhaftung: «Man kann nicht verlangen, dass die anderen Clubs für ihre Mitbewerber haften. Das ist völlig weltfremd.» Ursprünglich war diese Haftung angedacht über die ganze Liga, nun betrifft sie nur Clubs, die ein Darlehen aufgenommen haben. Wobei jene, die ohnehin schon Schulden haben, wohl kaum das Geld haben werden, um andere noch zu retten.
Peter Zahner kritisiert: «Für mich ist die Solidarhaftung das grösste Problem. Stellen Sie sich vor, die Medienbranche wird unterstützt, aber nur unter der Bedingung, dass Tamedia für Ringier haften muss. Das käme doch in anderen Branchen niemandem in den Sinn.» Zahner kritisiert auch, dass alle Clubs, die ein Darlehen ziehen, zusammen ihre Lohnsumme innert dreier Jahre um 20 Prozent reduzieren müssten. Jeder könnte unterschiedliche Anteile einsparen, es müsste einfach in der Summe aufgehen. So etwas sei gar nicht praktikabel.
Erstens: Der Staat kann nicht bedingungslos Steuergelder für eine – polemisch gesagt – abgehobene Kaste von Jungmillionären ausgeben. Es gibt keinerlei Notwendigkeit, den Profisport nach dem Motto «Millionen für Millionäre» zu alimentieren. Systemrelevant ist nur die Jugendarbeit. Das Kredit-Paket für das Profihockey ist grosszügig und klug mit Bedingungen verknüpft. Die darin enthaltene Solidarhaft ist ein genialer politischer Schachzug. Es geht hier bloss um eine Gruppe von 12 Firmen (die Klubs der National League) die unter gleichen Bedingungen unter sich Wettkämpfe austragen, aufeinander angewiesen sind und die Geschäftsbedingungen selbst definieren und nach Belieben laufend abändern. Solidarhaft für jene, die Kredite aufnehmen, ist geradezu eine zwingende Notwendigkeit.
Zweitens: Kein Klub wird dazu gezwungen, aus dem für das Profi-Hockey aufgelegten Kreditpaket Geld anzufordern. Es ist reichlich seltsam, eine Kreditmöglichkeit zu kritisieren. Gerade von den Managern von Hockeyfirmen (ZSC Lions, EV Zug), die von Milliardären alimentiert werden.
Drittens: Die mit der Kreditgabe verbundene Forderung nach einer Reduktion der Lohnsumme ist mehr als berechtigt. Schliesslich sollen die Kredite an eine Branche gehen, die in den letzten 20 Jahren jeden Franken, den sie zusätzlich eingenommen hat, umgehend in die Löhne investiert hat und deshalb nicht dazu in der Lage ist, Gewinne zu erwirtschaften oder Reserven für Krisenzeiten anzulegen. Die Kredite sind gedacht, um über die Krise zu kommen. Nicht um Löcher der Vergangenheit zu stopfen. Es wäre geradezu verantwortungslos, diese Kredite nicht an Bedingungen nach vernünftigen Löhnen zu knüpfen. Mehr noch: Diese Forderung nach einer Lohnreduktion ist ein Steilpass für die Einführung eines Salary Cap. Wenn die Landesregierung hochoffiziell eine Kürzung der Löhne verlangt, dann ist eigentlich der juristisch-politische Weg zur Einführung einer Lohnobergrenze geebnet. Wenn die Klubs diese Jahrhundert-Chance erkennen, dann können sie in diesem Sommer die Lohnobergrenze (Salary Cap) einführen. Es ist die einzige Chance, unser Profihockey wirtschaftlich auf eine gesunde Basis zurückzuführen.
Viertens: Peter Zahner und Patrick Lengwiler sind überaus tüchtige Sportmanager. Die ZSC Lions und der EV Zug gehören zu den besten Hockey-Firmen Europas und leisten exzellente Nachwuchsarbeit. Peter Zahner und Patrick Lengwiler können Profihockey. Aber von Politik in Zeiten der Krise verstehen beide eher weniger. Und die tatsächlichen Schwierigkeiten in einer Welt ohne Mäzen, in der jeder einzelne Franken erwirtschaftet werden muss, bevor er ausgegeben werden darf, sind ihnen offensichtlich ein wenig fremd.
Fünftens: Es ist sogar in Zeiten ohne Krise völlig normal, dass der Staat finanzielle Zuwendungen mit Bedingungen verbindet. Wenn sich Patrick Lengwiler und Peter Zahner einmal unter Bauern mischen, werden sie staunen, wie die auch in normalen Zeiten am Tropf staatlicher Zuwendungen hängenden Agrar-Unternehmer über allerlei gesetzliche Auflagen jammern, die mit den Subventionen (nicht Krediten) verbunden sind. Und wie harsch sie «die in Bern oben» kritisieren.
Eigentlich unterscheiden sich Patrick Lengwiler und Peter Zahner gar nicht so sehr von unseren Bauern.
Zu den Darlehen, hier wird primär die Haftung angeprangert. Jeder Club kann ohne Überprüfung durch den Verband o.ä. Geld beziehen und die Anderen müssen dafür geradestehen.
Das ist in etwa so wie wenn Ihre Journikollegen für Ihre Wettschulden geradestehen müssten.