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Eismeister Zaugg: Wie Genoni Zug den Sieg in Spiel 2 gegen Bern brachte

Torhueter Leonardo Genoni von Zug beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem EV Zug und dem Geneve Servette HC am Samstag, 2. Maerz 2024 in Zug. (KEYSTONE/Urs Flueeler).
Leonardo Genoni verzeichnet in Spiel 2 famose Statistiken.Bild: keystone
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Genoni gut, alles gut – ja, so einfach ist es

Zug siegt in Bern 4:1 und gleicht den Viertelfinal aus. Nun stellt sich für SCB-Cheftrainer Jussi Tapola die Goaliefrage.
20.03.2024, 03:3920.03.2024, 15:56
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Diesen Viertelfinal werden die Torhüter entscheiden. Die Gelegenheit ist einmalig. Erstmals seit fünf Jahren spielt der SCB endlich wieder um Lob und Preis und Ruhm ganz oben. Erstmals seit dem Titelgewinn von 2019 führen die Berner in einer Playoffserie. Der Sieg in Zug (4:3) am Sonntag öffnet ihnen die Tür zum Halbfinal einen Spalt breit. Mit einem Sieg in der zweiten Partie hätten sie diese Türe richtig öffnen können.

Warum ist diese Türe jetzt wieder zu? Weil die Berner mit dieser unverhofft guten Ausgangslage nicht fertig geworden sind und insgesamt zu wenig mit Verstand gewagt und zu wenig «gerumpelt» haben. Oder ein bisschen präziser: Sie haben im falschen Moment im mittleren Abschnitt auf einmal zu naiv zu viel gewagt. Die Balance im Spiel stimmte nicht.

Die wilde Steigerung der Abschlussversuche – 9 im ersten, 13 im zweiten und 20 im dritten Drittel – mag zeigen, dass das taktische Pferd sozusagen am Schwanz aufgezäumt worden ist: Statt sogleich mit Wucht und Entschlossenheit Präsenz zu markieren und die Gangart zu bestimmen und die Verunsicherung des Gegners zu vertiefen, erlaubt der zaghafte SCB-Beginn den Zugern, Luft zu holen, ruhiger zu werden, das Spiel zu ordnen. Als der SCB-Sturmlauf doch noch folgt, ist es längst zu spät.

Mit dem Auftaktsieg in Zug hatte sich die Ausgangslage von Grund auf verändert: Aus dem Aussenseiter SCB wird zum ersten Mal seit fünf Jahren in den Playoffs wieder ein Titan. Und die Zuger haben nun viel zu verlieren. Eine zweite Niederlage würde die Unsicherheit weiter verschärfen und könnte der Anfang vom Ende sein. Also kehrt Zug zum allereinfachsten Hockey zurück und lässt eine Tugend wieder aufleben, die für diese spielerisch und taktisch vorzüglicher Mannschaft fast in Vergessenheit geraten war: Härte. Rumpelhockey.

Nach der Niederlage am Sonntag ist vom Trainer und den Spielern allenthalben die fehlende Härte moniert worden («zu weich»). Nun die Reaktion: Die Zuger sind vor beiden Toren härter, entschlossener, bissiger, unerbittlicher. Das dürfte dem SCB eigentlich bei einem Heimspiel nicht passieren.

EV Zugs PostFinance Top Scorer Lino Martschini, Mitte, ist enttaeuscht nach dem Eishockey Playoff Viertelfinalspiel der National League zwischen dem EV Zug und dem SC Bern am Sonntag, 17. Maerz 2024 i ...
Topskorer Lino Martschini forderte von seinem Team mehr Härte. Gesagt, getan.Bild: keystone

Einst war es ein enormes Risiko, in Bern Rumpelhockey zu provozieren. Wer den SCB auf diesem Gebiet herausforderte, ging in der Regel mit Karacho unter. Aber der SCB ist erst auf dem langen, beschwerlichen Weg, wieder der wahre, der «böse» SCB zu werden. Auf seiner Mission «Make the SCB great again!» ist Jussi Tapola zwar schon ein gutes Stück vorangekommen und hat eine Entwicklung eingeleitet, an deren Ende eigentlich der nächste SCB-Titel stehen sollte.

Aber er ist noch lange nicht am Ziel. Der SCB wirkt in der Phase, als das Spiel auf des Messers Schneide steht, aufgeregt und naiv wie ein Neuling, der erstmals um den Einzug in den Halbfinal spielen darf: zwei Gegentreffer in 58 Sekunden vom 1:1 zum 1:3. Zug hilft in dieser Phase die Erfahrung aus zwei Titelgewinnen in den letzten drei Jahren.

Dieser Viertelfinal ist nun so ausgeglichen, dass Details entscheiden. Beispielsweise die Goalies. In diesem Bereich hat Zug einen Vorteil: Leonardo Genoni ist unbestritten. Komme, was wolle. Am Sonntag ist er mit einer für seine Verhältnisse historisch schwachen Fangquote (87,10 Prozent) an der Niederlage mitschuldig. Adam Reideborn (89,20 Prozent) ist ein bisschen besser. Trotzdem hat Trainer Dan Tangnes nicht eine Sekunde daran gedacht, nun in der zweiten Partie in Bern Luca Hollenstein ins Tor zu stellen.

Wer Genoni nicht ehrt, ist den Halbfinal nicht wert.

Den Fehler, Leonardo Genoni durch die Nummer 2 zu ersetzen, hat erst einer gemacht: Nationaltrainer Patrick Fischer. Er setzt im WM-Viertelfinal 2023 in Riga auf Servettes Meistergoalie Robert Mayer und kassiert eine bittere Niederlage gegen Deutschland, die ihm noch immer wie Schwefelgeruch in der Kleidung hängt. Wer Genoni nicht ehrt, ist den Halbfinal nicht wert. Das gilt für die WM 2023 und für den Playoff-Viertelfinal von 2024.

Wie wir es auch drehen und wenden: Zugs wichtigster Einzelspieler ist der Torhüter. Das zeichnet sich in Bern spätestens ab, als Leonardo Genoni den allein anstürmenden Joel Vermin stoppt und verhindert, dass sein Team in Rückstand und Rücklage gerät. Am Ende kann er sich eine famose Fangquote von 97,44 Prozent notieren lassen.

Zugs Trainer Dan Tanges sagt, er habe nie die geringsten Zweifel gehabt. «Leo findet auf jede schwierige Situation die richtige Antwort. Das macht ihn zu einem so aussergewöhnlichen Goalie.» Von 87,10 Prozent auf 97,44 Prozent Fangquote in zwei Tagen. Noch Fragen?

SCB-Trainer Jussi Tapola hingegen steht jetzt vor dem heikelsten Personal-Entscheid seit seiner Ankunft in Bern. Soll er Philip Wüthrich ins Tor stellen, der in der Schlussphase der Qualifikation gefühlt besser war als Adam Reideborn? Der Schwede ist an der 1:4-Niederlage mit einer miserablen Fangquote (84,00 Prozent) mitschuldig.

Berns Torhueter Philip Wuethrich, Mitte, im Eishockeyspiel der National League zwischen den ZSC Lions und dem SC Bern, am Freitag, 16. Februar 2024 in der Swiss Life Arena in Zuerich. (KEYSTONE/Michae ...
Bekommt Philip Wüthrich eine Bewährungschance in den Playoffs?Bild: keystone

Setzt Jussi Tapola den ausländischen Goalie auf die Tribüne, hat er die Möglichkeit, einen sechsten ausländischen Feldspieler laufen zu lassen. Beispielsweise Corban Knight. Der Kanadier ist zwar bei 5-gegen-5 nahezu wirkungslos. Aber er gewinnt die wichtigen Anspiele und macht das Powerplay besser. Während der Qualifikation hat er mit grossem Abstand am meisten Bullys gespielt (795, Dominik Kahun folgt mit 230) und fast 60 Prozent davon gewonnen.

Es ist so schwierig, von zwei guten Goalies den richtigen einzusetzen wie von zwei mittelmässigen.

Nichts ist für einen Trainer heikler, als während einer Playoffserie den Torhüter wegen ungenügender Leistung zu wechseln. Jussi Tapola mag auf diese Thematik gar nicht erst eingehen und sagt, er habe das Glück, zwei sehr gute Goalies zur Verfügung zu haben. Was seine Situation auch nicht einfacher macht: Es ist so schwierig, von zwei guten Goalies den richtigen einzusetzen wie von zwei mittelmässigen.

Es gibt ein Beispiel aus den Stanley Cup-Playoffs im letzten Frühjahr, welche magische Wirkung ein Wechsel des letzten Mannes haben kann: New Jersey gerät gegen die Rangers in der ersten Runde 0:2 in Rückstand. Lindy Ruff ersetzt Vitek Vanecek durch Akira Schmid und die Devils gewinnen die Serie 4:3.

Da hat es Dan Tangnes wahrlich einfacher. Eigentlich erübrigen sich alle Diskussionen und Analysen, alle Studien von Statistiken über halbe oder ganze Torchancen, Abschlussversuche oder sonstige erfassbare Daten. Zug funktioniert nach einem ganz einfachen Grundsatz: Genoni gut, alles gut. Diesen Viertelfinal werden die Goalies entscheiden.

  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
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Nation Flag

Aktuelle
Note

  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

5,2

09.22

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09.23

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01.24

Punkte

Goals/Assists

Spiele

Strafminuten

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49 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nummy33
20.03.2024 08:00registriert April 2022
aber ich dachte am Ende dieser Entwicklung müsste eigentlich der nächste SCB-Titel stehen (Teil XXI)
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Hans Hinterher
20.03.2024 08:56registriert Oktober 2021
Die Liebe zu Bern
Am Ende dieser Runde können wir nur hoffen, dass Bern hochkant rausfliegt. Erstens würden wir von weiteren Hofberichterstattungen verschont, was aber auf rutschiger Unterlage nicht sicher ist. Zweitens würde sich der Chronist sich aber endgültig bemühen müssen eine ausgewogene Wahl seiner Schriften zu verfolgen. Trotzdem: wir danken dem Eismeister für die gute Unterhaltung !
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JtotheP
20.03.2024 06:47registriert Februar 2018
"Aus dem Aussenseiter SCB wird zum ersten Mal seit fünf Jahren in den Playoffs wieder ein Titan"

Nach dem einen glücklichen Sieg erstarren hoffentlich alle wieder vor Ehrfurcht vor dem CB, aber natürlich.
Recht hast du aber mit Genoni, hätte er im ersten Spiel auch schon so gut gespielt, Bern wäre kein kurzfristiger "Titan" geworden.
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