Hockey in der Provinz. Der SCB spielt in Langenthal vor 358 maskierten Zuschauerinnen und Zuschauern gegen Biel und gewinnt 4:2. Auf der Tribüne sitzt ein – natürlich – maskierter Mann mit grosser SCB-Vergangenheit und verfolgt das Spektakel aufmerksam. Yves Sarault (47).
Der Kanadier war der bissige Leitwolf und Vorkämpfer einer der rausten SCB-Meistermannschaften der Geschichte und steuerte zum Titelgewinn von 2004 in 55 Spielen 58 Punkte und 151 Strafminuten bei. Die letzten sechs Jahre hat er als Coach der Elitejunioren, als Assistent der 1. Mannschaft und zeitweise sogar als Headcoach (während der Saison 2017/18) in Lausanne verbracht. Im letzten Frühjahr verlor er im Rahmen der grossen Umwälzungen den Job. Zuletzt war er als Assistent von Gottérons Cheftrainer Christian Dubé in Gespräch.
Ersetzt Yves Sarault beim SCB Lars Leuenberger (neu Cheftrainer in Biel) als Assistent von Don Nachbaur? Möglich ist es. Sportchefin Florence Schelling sagt auf die Frage, ob der Kanadier ein Kandidat sei: «Heute nicht.» Und morgen? «Wir werden sehen». Haben Sie mit ihm verhandelt? «Nein». Haben Sie mit ihm gesprochen? «Ja».
Lassen wir die Spekulationen. Fest steht nur: Ein «Krieger» wie Yves Sarault würde durchaus zum neuen SCB passen. Der Meister befindet sich in einer Umbruchphase, die viel Unterhaltung verspricht. Noch sind im Defensivverhalten die Grundrisse von Kari Jalonens meisterlicher taktischer Ordnung («Schablonen-Hockey») zu erkennen. Aber bereits zieht die Morgendämmerung einer anderen Philosophie herauf. «Rumpelhockey» wäre eine zu polemische Bezeichnung. Aber im SCB-Spiel «räblet» (= berndeutsch für poltern) es wieder mehr. Ihren ersten Sieg unter Don Nachbaur gegen Biel nach drei Niederlagen gegen Kloten (3:4), Lausanne (1:3) und München (3:5) verdanken die Berner auch härterem Einsatz.
Der SCB ist auf der Suche nach seiner neuen taktischen Identität und steht vorerst noch im Niemandsland zwischen «räble» und spielerischen Rhapsodien. Der Begriff steht für frei vorgetragene Musik ohne strenge Ordnung und Rhapsodien können – etwa komponiert von Franz Liszts oder gespielt von der Rockband Queen – wunderbar klingen. Was die bisherigen Auftritte des Meisters ziemlich gut trifft: die straffe Ordnung löst sich auf wie Morgennebel und nun blitzen immer wieder spielerische Blitze auf, untermalt vom Donner des harten Körpereinsatzes. Ob das gegen läuferisch überlegene, gut organisierte Gegner genügen oder zu Anfälligkeit auf schnelle Konter führen wird, muss sich erst zeigen.
Der neue Trainer Don Nachbaur ist seit Lars Leuenbergers Wechsel zu Biel hockeytechnisch in Bern ziemlich einsam. Vorerst hat er «nur» Alex Reinhard (46) als Assistent und der freundliche, fachkundige Opportunist ist nicht der Mann, der seinem Chef auf Augenhöhe zu widersprechen wagt. Aber bei der Umsetzung einer neuen Philosophie braucht ein Trainer die Unterstützung durch Männer seines Vertrauens und mit eigener Meinung. Kari Jalonen hatte im Laufe seiner Zeit in Bern stets eine «Leibgarde» von finnischen Hilfskräften um sich (Ville Peltonen, Samuel Tilkanen, später Jukka Varmanen und Mikko Haapakoski).
Die Frage ist auch: kann es sich der SCB leisten, nur mit drei ausländischen Spielern anzutreten? Zurzeit stehen mit Torhüter Tomi Karhunen sowie den beiden Stürmern Ted Brithén und Dustin Jeffrey erst drei Ausländer unter Vertrag. Eigentlich müsste der Meister fünf beschäftigen, um vier ausländische Feldspieler einsetzen zu können, wenn mal Philip Wüthrich für Tomi Karhunen im Kasten steht.
Die 600'000 bis eine Million Franken für zwei zusätzliche Ausländer kann sich der SCB in einer Saison eigentlich sparen, in der es vor allem darum geht, finanziell unbeschadet über die Runden zu kommen. Die Mannschaft gehört zwar inzwischen zu den langsameren der Liga. Aber sie ist gut genug, um für vortreffliche Unterhaltung zu sorgen. Gegen Biel machte Tomi Karhunen die Differenz und vorne genügten die zwei ausländischen Stürmer Dustin Jeffrey und Ted Brithén. Der Kanadier bringt Energie und Dynamik ins Spiel, der Schwede wird in unserer Lauf- und Tempoliga Mühe haben. Die offensive Musik machten die Schweizer.
Die guten Ansätze im Spiel gegen Biel zeigten: Wenn der SCB gut gecoacht wird und die richtige Mischung zwischen «räble» (Härte) und Rhapsodien (spielerischen Glanzlichtern) findet, ist eine Rückkehr in die Playoffs möglich. Der Sieg gegen Biel gelang sogar ohne Gaëtan Haas und Inti Pestoni. Die beiden können zusammen mit Vincent Praplan eine der torgefährlichsten Sturmreihen der Liga bilden. Bis Gaëtan Haas im November zum NHL-Start abreisen muss, kann er viel zu einem offensiv stürmischen Herbst beitragen. Und Don Nachbaur braucht einen guten Herbst um eine lange, unterhaltsame und vielleicht sogar wilde Saison durchzustehen.
Sagt schon viel aus, dass ein Testspielsieg gegen Biel zu einem Artikel führt.