Hans Kossmann ist in der Geschichte seines Scheiterns mehr Opfer als Täter. Aber auch nicht ganz unschuldig. Er wollte die Macht. Das Doppelmandat Trainer UND Sportchef. Das hat ihn jetzt den Job gekostet.
Der kanadisch-schweizerische Doppelbürger hatte wohl Kraft seines Doppelmandates die Autorität, um das für Gottérons welsche Kultur so typische emotionale Chaos zu ordnen und Struktur ins Spiel zu bringen. Gottéron war taktisch seit dem NLA- Aufstieg von 1980 nie so gut wie unter Hans Kossmann.
In den neun Jahren vor der «Ära Kossmann» war Gottéron nie mehr über den 7. Platz hinausgekommen. Unter dem «eisernen Hans» schaffte der Klub nacheinander die Ränge 3, 1 und 2. Und erreichte zweimal das Halbfinale und einmal das Finale. Aber erst ein Meistertitel hätte ihm jene Autorität eines «Hockey-Gottes» verliehen, die es ihm möglich gemacht hätte, eine Krise zu überstehen.
Auch Hans Kossmann ist nicht Meister geworden und letztlich in der ersten Krise an der Einsamkeit der Macht gescheitert. Er hatte bei Gottéron kein hockeytechnisches Gegengewicht. Er konnte seine Hockey- und Führungsprobleme mit niemandem auf Augenhöhe besprechen. Er musste, weil er Trainer UND Sportchef war, Selbstgespräche führen. Die Einsamkeit auf den Gipfeln der Macht.
Wenn Trainer zu sehr toben, dann kann ein Sportchef die Wogen glätten. Aber wenn der Trainer selber Sportchef ist, dann funktioniert die bewährte psychologische Taktik «good cop, bad cop» («guter Bulle, böser Bulle») nicht mehr. Die Spieler konnten sich bei Gottéron bei Bedarf nirgendwo über «den bösen Hans» ausweinen und Dampf ablassen. Auch nicht beim Assistenten. René Matt ist ein braver, loyaler, ein bisschen an Soldat Schwejk mahnender Assistent und stand seinem Chef immer näher als den Spielern. Er konnte in Zeiten der Krise nie ein Vermittler sein.
Hans Kossmann hat kompromisslos Leistung gefordert und dabei in Gottérons welscher Kultur den Bogen überspannt. Er hatte keinen Sportchef, der ihn warnen, der ihn beraten konnte. Auch Klub-Direktor Raphael Berger war keine Hilfe. Dieser kluge Opportunist hütet sich, seinen Job durch einen Ausflug ins sportliche Minenfeld in Gefahr zu bringen.
Das Experiment, diese Saison Torhüter Benjamin Conz durch die Konkurrenz von Melvin Nyffeler einzuheizen, ist vorerst gescheitert und war der Anfang vom Ende. Der Torhüter ist nicht alles im Eishockey. Aber ohne guten Torhüter ist alles nichts. Die miserable Fangquote von Benjamin Conz (86,12 Prozent) ist der statistische Beweis für das Scheitern des Trainers und Sportchefs.
Hätte sonst alles gepasst, wäre das Goalieproblem vielleicht noch nicht existenziell geworden, und die Spieler hätten den rauen Umgangston des Chefs weiterhin ertragen. Aber zu vieles hat nicht mehr gepasst. Zu viele Spieler, die das Team tragen könnten, tragen müssten, spielen in diesem Herbst aus verschiedensten Gründen nicht ihr bestes Hockey oder waren verletzt. (Conz, Bykow, Monnet, Sprunger, Dubé, Mauldin, Tambellini oder Kwiatkowski).
Ein starker Sportchef hätte beim Verwaltungsrat in der Krise für Geduld plädieren und den Trainer noch eine Weile im Amt halten können. Aber Hans Kossmann war eben auch Sportchef. Eine zweite sportliche Autorität gibt es bei Gottéron nicht. Der Präsident konnte eine Zweitmeinung nur bei den Spielern einholen. Erst sprach er dem Trainer am Samstag auf Zeit das Vertrauen aus. Nach einer Sitzung mit dem Spielerrat änderte er seine Meinung und feuerte Hans Kossmann am Sonntagnachmittag. Da haben die Stars wohl eine Retourkutsche gefahren.
Hans Kossmann hinterlässt ein taktisch geordnetes Erbe und er ist jetzt neben Sean Simpson bereits der zweite grosse Name auf dem heimischen Trainermarkt, der die Sportchefs in Versuchung bringt. Er ist ein möglicher Aufstiegs- oder Meistertrainer. Sein Nachfolger kann bei Gottéron auf den taktischen Geleisen fahren, die er in den letzten drei Jahren gelegt hat.
Das Potenzial reicht für die Playoffs. Ein bisschen «Kuschelkurs» wird zu einer kurzzeitigen, aber noch nicht zu einer langfristigen Leistungssteigerung führen. Auch sein Nachfolger muss die Mischung zwischen Kuscheln und Toben finden. Gottéron zu führen ist wie einen Vogel in der Hand zu halten: Wer zu stark drückt, bringt das Tier um. Wer es zu locker hält, dem fliegt es davon.
Gottéron hat schon einmal den Trainer unmittelbar vor einer Partie gegen Bern gefeuert (1999/2000 Ueli Schwarz nach 23 Spielen), den Stürmer Colin Muller direkt zum Cheftrainer befördert und gleich den SCB zweimal hintereinander gebodigt.
Die Geschichte muss sich nicht wiederholen. Aber der Unterhaltungswert der Partie vom Dienstag gegen den SCB ist maximal. Mit ein bisschen bösartiger Zuspitzung können wir es so sagen: Das Team, das den Trainer gefeuert hat, spielt gegen das Team, das den Trainer noch nicht gefeuert hat.